Geflügelpest macht (noch) einen Bogen um den Kreis Cuxhaven
"Von Null auf 100. Wir erleben eine unglaubliche Dynamik." Wenn die Chefin des Veterinäramtes des Landkreises, Dr. Isabell Tolmien-Burfeindt, über die Ausbreitung der Geflügelpest spricht, verfällt sie nicht in Panik, aber sie beschönigt auch nichts.
Bislang sei das Cuxland bei der Vogelgrippe noch glimpflich davongekommen. Doch das könne sich von einem auf den anderen Tag ändern: "Das Virus werden wir nicht mehr aus der Natur entfernen können."
Die Sitzungsvorlage für die Mitglieder des Ausschusses für "Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz und Landwirtschaft" ist am 27. Oktober verfasst worden. Kurz zuvor war das Virus beim ersten Kranich im Cuxland festgestellt worden. "Die Tiere fallen tot vom Himmel", so Tolmien-Burfeindt. Die von ihr in der Vorlage noch genannten Zahlen zur landes- und bundesweiten Geflügelpest-Ausbreitung sind längst überholt. Und auch ihre Ausführungen im Umweltausschuss in dieser Woche basierten auf inzwischen veraltetem Zahlen- und Datenmaterial. Die Veterinäramtsleiterin weiß das: "Die Entwicklung ist eben rasant."
Mehr als eine Million Tiere sind nach offiziellen Informationen in Niedersachsen auf behördliche Anordnung hin getötet worden, um weitere Vogelgrippe-Ausbrüche in Geflügelbetrieben zu vermeiden. Besonders betroffen sind die Landkreise Cloppenburg, Vechta und Rotenburg. Damit bewegt sich Niedersachsen als das Bundesland mit den meisten Ausbrüchen auf einen traurigen Rekord zu: 2021 waren es 1,17 Millionen getötete Tiere; ein Jahr später rund 1,25 Millionen. "Das aktuelle Geschehen wird 2021 toppen", ist sich Tolmien-Burfeindt sicher.
"Da knallt es in kurzen Abständen"
Sie betonte, dass es im Landkreis Cuxhaven bislang noch keinen Ausbruch in einem Zuchtbetrieb gegeben habe, dafür aber - so wie in Rotenburg - in anderen Landkreisen gleich mehrere: "Da knallt es in kurzen Abständen." Dabei hätte man eigentlich damit rechnen müssen, dass die Kraniche, die das Virus neben anderen Zugvögeln eingeschleppt haben, sich zunächst in küstennahen Gebieten aufhalten würden. Doch das Geschehen spiele sich eher im Binnenland ab. Aber das könne sich auch ins Gegenteil verkehren.
Auch wenn bisher keine Fälle von Vogelgrippe in Geflügelhaltungen im Landkreis Cuxhaven nachgewiesen wurden, hatte die Kreisverwaltung Ende Oktober aus Sicherheitsgründen eine tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung herausgegeben. Alle Betriebe oder Hobbyzüchter mit mehr als 50 Tieren sind mittlerweile verpflichtet, ihr Geflügel aufzustallen. Wer weniger Vögel hält, sei aufgerufen, "auf der Grundlage einer eigenen Risikobewertung geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen".
Franzosen impfen vorsorglich
Einen hundertprozentigen Schutz bietet jedoch auch eine Aufstallung nicht. Das unterstrich die Veterinäramtsleiterin im Ausschuss: "Da gehen bundesweit Betriebe hoch, die eigentlich eine Top-Sicherheit haben."
Bietet eine Impfung Schutz? Dazu wurde die Leiterin des Veterinäramtes im Ausschuss befragt. Ihre Antwort fiel eindeutig aus. Sie könne nicht nachvollziehen, warum man hier nicht "der Impfpraxis Frankreichs folgt". In Deutschland existiere vielmehr ein Impfverbot - noch: "Ich hoffe, dass es bei uns angesichts der großen Dynamik bei der Ausbreitung der Geflügelpest zu einem Umdenken kommt."
