Am Mittwoch präsentierte die Polizeiinspektion Cuxhaven die Kriminalstatistik des Landkreises für 2022 vor. Foto: dpa
Kriminalstatistik 2022

"Negativ zu bewerten": Polizei Cuxhaven zieht Bilanz für 2022 - mit historischem Wert

von Redaktion | 22.03.2023

Die Kriminalitätsstatistik 2022 für den Kreis Cuxhaven bringt einen historischen Wert vor. Das vergangene Jahr war für die Polizei sehr herausfordernd. Das hat Konsequenzen.

Die Anzahl der Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Cuxhaven ist 2022 gegenüber dem Vorjahr deutlich angestiegen. Nach der am Mittwoch präsentierten Kriminalstatistik der Kommissariate Hemmoor, Cuxhaven, Schiffdorf und Geestland wurden 10.633 Straftaten registriert - etwa acht Prozent (ein Plus von 798 Straftaten) mehr als noch 2021. "Die Entwicklung der Straftaten ist nach Jahren des stetigen Rückgangs erstmals wieder eher negativ zu bewerten", bilanziert Kriminaldirektor Arne Schmidt, Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven, mit.

Aufklärungsquote
Die Aufklärungsquote liegt trotz steigender Fallzahlen weiter über dem Wert von 60 Prozent, ging im Vergleich zum Vorjahr aber deutlich zurück. Nachdem 2021 mit 65,95 Prozent ein neuer Höchstwert erreicht wurde, wurden im vergangenen Jahr "nur noch" 60,69 Prozent aller Fälle aufgeklärt - ein Minus von 5,26 Prozent. "Steigende Fallzahlen und sinkende Aufklärungsquoten sind immer besorgniserregend, allerdings müssen die Daten auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie interpretiert werden", betont Arne Schmidt. Nach drei Jahren mit Kontaktbeschränkungen, ohne Veranstaltungen und coronabedingten Schließungen von Bars, Kneipen und Diskotheken normalisierte sich der gesamte Alltag zunehmend. "Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält sich der Anstieg der registrierten Delikte noch in erträglichen Grenzen, wir werden die Entwicklung aber sehr sorgfältig beobachten und analysieren."

Straftaten gegen das Leben
2022 wurden fünf Straftaten gegen das Leben registriert - im Vorjahr waren es noch 15. Unter diesem Oberbegriff werden in der Polizeistatistik folgende Kapitalverbrechen - einschließlich der Versuche - aufgeführt: Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen und Fahrlässige Tötung. Laut Polizei handelte es sich 2021 dabei unter anderem um Fälle, in denen Täter die Radbolzen von Autos gelöst haben sollen. Das werde juristisch als versuchter Mord gewertet. Aber auch die erneuten Ermittlungen in Cold-Case-Delikten hätten im vergangenen Jahr für die hohe Zahl gesorgt.

Diebstahl, Betrug und Einbrüche
Erleichtert zeigt sich Dominikus Wolking, neuer Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion, mit Blick auf die Wohnungseinbrüche. Im Jahr 2022 wurde in sehr viel weniger Wohnungen eingebrochen, als die Jahre zuvor. 169 Taten wurden registriert - laut Wolking ein historischer Tiefstand. 2021 waren es noch 236 Fälle. 

Ein Anstieg der Taten ist jedoch im Bereich der Eigentumsdelikte zu erkennen. Nachdem die Fälle in den vergangenen Jahren rückläufig waren (2021: 2552; 2020 2848; 2019: 3385), stiegen die Fälle im vergangenen Jahr auf 3271 Fälle an. "Der Anstieg der Taten ist jedoch nicht nur mit dem Ende der Corona-Beschränkungen zu erklären", so Arne Schmidt. "Auch konsequenteres Anzeigeverhalten der Geschädigten, zum Beispiel im Bereich der Ladendiebstähle, hat diese Entwicklung mitgeprägt."

Betrugstaten befinden sich seit Jahren auf hohem Niveau. 2022 wurden insgesamt 1229 Betrugstaten bekannt (2021: 1340), darunter 420 Taten des sogenannten Waren- oder Warenkreditbetrugs.

Cyberkriminalität
Zwar registrierten die Beamten im vergangenen Jahr weniger Betrugstaten, erkannten jedoch, dass sich immer mehr der Delikte im Internet abspielten. Straftaten, die sich rein im digitalen Raum abspielten, stiegen hierbei von 193 im Jahr 2021 auf 243 im Jahr 2022 an. Im Jahr 2020 waren es noch 155 Taten. "Seit Jahren sehen wir eine Verlagerung des Kriminalitätsgeschehens in den digitalen Raum. Die Corona-Pandemie wird auch hier ihren Teil dazu beigetragen haben, allerdings mit dem Unterschied, dass sich nach Ende der Pandemie die Kriminalität nicht wieder zurück in den 'analogen Bereich' bewegt", resümiert Arne Schmidt.

Eine große Herausforderung für die Polizeibeamten: "Die Geschwindigkeit, mit der sich Phänomene entwickeln und verändern, der hohe Anonymisierungsgrad und die Möglichkeiten der Täterinnen und Täter mit wenig Aufwand über Ländergrenzen hinweg zu agieren, sind disruptiv und nicht immer mit den uns über Jahre bekannten Ermittlungsansätzen zu bewältigen. Ich sehe uns hierfür gut aufgestellt, wir dürfen allerdings auch kein bisschen nachlassen und müssen uns stetig weiterentwickeln", gibt Dominikus Wolking die Marschrichtung vor.

Sexualdelikte
Ein Sorgenkind der Cuxhavener Polizei sind die Sexualdelikte, bei denen besonders die Fälle von Besitz oder Weiterverbreiten von Kinderpornografie zugenommen hat. Insgesamt wurden 249 Fälle registriert. Im Vergleich: 2021 waren es noch 218 und 2020 sogar "nur" 131 Fälle. "Die Geschichten der Menschen hinter den Zahlen, die Geschädigten von Sexualstraftaten, gehen an keinem unserer Mitarbeitenden spurlos vorbei. Vielmehr sind sie für uns Antrieb und Motivation, einen besonderen Schwerpunkt auf die Bekämpfung dieser Delikte zu legen", versichert der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes.

Straftaten zum Nachteil älterer Menschen
Große Sorgen bereiten den Cuxhavener Beamten außerdem die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen. Diese Straftaten sind im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen. Insgesamt registrierten die Beamten hier 509 Fälle (2021: 384; 2020: 233). "Die Täter arbeiten hier hochprofessionell und oft innerhalb krimineller Banden. Wir nutzen all unsere Möglichkeiten, um auf diese Gefahren aufmerksam zu machen", erklärt Uwe Sandrock, Leiter des Präventionsteams.

Dominikus Wolking ergänzt: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass nicht alle Delikte angezeigt werden. Häufig spielen Angst vor einem Ansehensverlust und Vorwürfen aus dem familiären Umfeld sowie Unsicherheit und Scham eine große Rolle. Ein wesentlicher Baustein unserer Ermittlungen sind jedoch die Strafanzeigen und die damit verbundenen Informationen, um Täterinnen und Täter ermitteln, festnehmen und so andere schützen zu können."

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