Sondengänger Ralf Braesch aus Cuxhaven. Wenn er nicht der Historie nachspürt rettet er auch ganz neuzeitliche Eheringe. Foto: Reese-Winne
Sondengänger Ralf Braesch aus Cuxhaven. Wenn er nicht der Historie nachspürt rettet er auch ganz neuzeitliche Eheringe. Foto: Reese-Winne
Wenn der Boden Geschichte erzählt

Cuxhaven: Gold und Silber aus der Wikingerzeit kommen ans Licht

von Maren Reese-Winne | 25.09.2021

CUXHAVEN.  Gleich zweimal findet Sondengänger Ralf Braesch aus Cuxhaven Zahlungsmittel aus der Wikingerzeit. Trieben die wilden Horden hier einst vielleicht ganz friedlichen Handel?

Unscheinbar war der Brocken, den Ralf Braesch da in der Hand hielt. "Fast hätte ich den weggeschmissen", erinnert er sich. Er dachte an ein Stück Schrott.

Aber nun hatte der Metalldetektor schon mal Laut gegeben. Welch Überraschung, als zu Hause der Dreck vom Fundstück runter war: Vor ihm lag ein massives Stück Silber, ein Barren, "genau 30 Gramm schwer", erzählt der Grodener. Seine Recherche ergab: Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um Wikingersilber. Da die Wikingereinfälle in Hamburg und Stade, Hadeln und Wursten um das Jahr 1000 herum überliefert sind, liegt der Gedanke nah, dass sie sich auch im heutigen Stadtgebiet Cuxhavens aufhielten - nicht nur als wilde, räubernde Horden, sondern um sich zu versorgen, um Handel zu treiben, ja vielleicht sogar, um hier zu siedeln.

Gehacktes von den Wikingern

Wikingersilber diente damals als Zahlungsmittel und das als Gegenwert für die erhaltene Ware ausgehandelte Gewicht wurde zum Beispiel von größeren Stangen abgehackt (Hacksilber). "Nicht umsonst spricht man von einer Stange Geld", gibt so Ralf Braesch zu bedenken. Es wurden aber auch Schmuck, Gefäße oder Münzen nach Belieben zerteilt, nur um auf das gewünschte Silber-Gewicht zu kommen.

Die Vermutung, hier auf Wikingerspuren getroffen zu sein, erhärtete sich, als Ralf Braesch gar nicht so weit entfernt - wieder im Umfeld Holte-Spangens - ein weiteres, sehr besonderes Fundstück ans Licht holte: Einen wenige Zentimeter langen Goldstift, fein gearbeitet und doch sichtbar von Hand geschlagen.

Freudige Schnappatmung

Da stellte sich schon für einen Moment freudige Schnappatmung ein, denn dieser Goldstift gab sich sofort zu erkennen: "Der sah so aus, wie er hier liegt", sagt Ralf Braesch lachend und zeigt auf das Stück vor ihm auf dem Tisch.

Einige Telefonate mit Wissenschaftlern und dem Sondengänger-Routinier Joachim Weise bestätigten die Vermutung, dass es sich hier ebenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit um ein Zahlungsmittel aus der Wikingerzeit handelt, wahrscheinlich ist auch sein Fundstück ein Bruchteil deutlich längerer Stangen, die als Zahlungsmittel mit sich geführt wurden.

Vielleicht ein Handelsplatz?

Ralf Braesch hat sich mit den geografischen und geologischen Gegebenheiten der Fundstätten beschäftigt und sich dabei an einer Bachelor-Arbeit jüngeren Datums orientiert. Die Bäche im Bereich Holte-Spangens waren demnach in der Zeit vor dem Deichbau als deutlich breitere Priele schiffbar, sodass sich hier eine Anlegestelle - ähnlich wie an vielen Stellen im heutigen Cuxhaven und dem Cuxland - befunden haben könnte. Vielleicht wurden dort die entscheidenden Geschäfte getätigt.

Im Bereich Geestland stieß Ralf Braesch bei den Streifzügen der vergangenen Monate auf das dritte Highlight dieses Sommers: einen Ring, gearbeitet wahrscheinlich aus Messing oder Bronze und geschmückt mit einem beeindruckenden blauen Stein: "Da war ich erstmal baff", gesteht Braesch, der am Metalldetektor auch kein Neuling mehr ist.

Ring für das Museum

Die Analyse beim Juwelier ergab, "dass es sich um ganz wertvolles Glas handelt", grient er. Mit den Wikingern hat dieser Fund so gar nichts zu tun: Der Ursprung könnte im 19. Jahrhundert liegen; Genaueres überlässt Braesch dem Kreisarchäologen Dr. Andreas Hüser, dem er den Ring für die Sammlung in der Burg Bederkesa übergeben wird.

Seine Jahreszeit kommt erst jetzt

Ralf Braesch freut sich auf die kommende Jahreszeit, die richtig heiße Zeit für die Sondler: wenn die Felder abgeerntet sind und die Vegetation Pause macht. Wichtig ist ihm wie immer die Botschaft: Einfach so mit einem Metalldetektor loszuziehen - egal wo -, ist verboten. Er stimmt seine Suchgebiete immer mit der Stadtarchäologin und dem Kreisarchäologen ab.

Der Ehering-Retter

Diese Genehmigung ermöglicht ihm auch ein Hobby, die in diesem Sommer wieder mehrere Menschen glücklich gemacht hat: Er hilft unentgeltlich Pechvögeln, die irgendwo draußen in der Landschaft oder am Strand etwas Wertvolles verloren haben: "Meistens sind es Eheringe", erzählt er, "manchmal auch Schlüssel."

Allein im vergangenen Monat sei er zweimal von Leuten angerufen worden, die seine Anzeige bei Ebay Kleinanzeigen gelesen hatten. Beide Male habe er den Ring wiedergefunden. "Einmal gleich nach zehn Sekunden. Da sind die Leute in Applaus ausgebrochen", freut er sich.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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