
Wingster Firma Primo Reisen geht in Insolvenz
WINGST. Primo Reisen, Lührs Reisen GmbH, hat aufgrund der drastischen Folgen der COVID-19-Pandemie einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt.
Mit der Schließung aller Schulen am 16. März und dem damit entfallenden Linienverkehr, der Absage aller Schüler- und Klassenfahrten und dem Fahrverbot für Reisebusse ab 17. März wurde dem fast 75-jährigen Busbetrieb die komplette Arbeitsgrundlage genommen.
Seit gut einem Monat hat das Busunternehmen, bis auf eine öffentliche Linie im Auftrag der KVG, keinerlei Einnahmen. Die Fixkosten laufen jedoch weiter. Die staatlichen Kredite, die das mittelständische Unternehmen beantragen könnte, sind nicht hilfreich, da diese kurz- bis mittelfristig zurückgezahlt werden müssen. Dies wird jedoch aufgrund der nicht nachholbaren stornierten Fahrten und Reisen unmöglich sein.
Viele Kunden und Reisegäste, die zum großen Teil zur Risikogruppe gehören, haben sicherheitshalber ihre Reservierungen bereits bis in den Oktober hinein storniert. Die Reise-Saison wird also sehr schlecht verlaufen. Der fehlende Umsatz der Monate März bis Mai ist nicht nachholbar.
Monatliche Soforthilfen im sechsstelligen Bereich, die Primo Reisen helfen könnten, sind vom Staat für die Betriebsgröße von 50 Mitarbeitern nicht vorgesehen. Daher hat sich das Unternehmen entschieden, die Notbremse zu ziehen und am 15. April einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung gestellt. Der Schritt ist Geschäftsführer Bernd Lührs nicht leicht gefallen, doch insbesondere in Hinblick auf die Mitarbeiter und deren Familien sowie der Reisekunden, die für gebuchte Reisen bereits (An-) zahlungen getätigt haben, war rasches und konsequentes Handeln notwendig. Unter anderem können Reisegäste, deren Pauschalreisen storniert werden mussten, sicher sein, dass sie ihr Geld über die Insolvenzversicherung zurückerhalten.
Busbetrieb weiterführen
"Die Insolvenz in Eigenverwaltung bietet uns für die nächsten Monate die Möglichkeit, den Busbetrieb weiterzuführen und zu sanieren. Sobald das Reiseverbot aufgehoben ist bzw. die Schulen wieder geöffnet sind, möchten wir, sofern es uns möglich ist und unsere Kunden ihre Buchungen nicht stornieren, alle Fahrten und Reisen, wie vor der Krise bestätigt, durchführen", rechtfertigt Bernd Lührs seine Entscheidung und sagt außerdem: "Die COVID-19-Pandemie sorgt für eine völlig neue und ungewohnte Situation. Keiner weiß, wie lange das Ganze noch dauern und welche Folgen die Krise haben wird. Ich kann nur allen Mitarbeitern, Reisegästen, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartnern versichern, dass ich alle Möglichkeiten ausschöpfen werde, damit jeder zu seinem Recht kommt und die Primo-Busse auch nach Corona auf unseren Straßen unterwegs sein werden. Ich möchte mich auf diesem Wege für die Loyalität unserer Mitarbeiter und das Vertrauen und Verständnis unserer Kunden und Geschäftspartner in dieser Ausnahmesituation bedanken. Ich freue mich auf die Zeit nach Corona, doch bis dahin sollte unser wichtigstes Ziel sein, gesund zu bleiben".
Mit Beschluss vom 15. April 2020 hat das Amtsgericht Cuxhaven - Insolvenzgericht - Rechtsanwältin Bettina Schmudde von der internationalen Kanzlei White & Case in Hamburg zur vorläufigen Sachwalterin bestellt. Schmudde wird die Sanierungsbemühungen der Lührs Reisen GmbH im Eigenverwaltungsverfahren überwachen und unterstützen. Derzeit prüft sie in enger Abstimmung mit der Geschäftsleitung der Schuldnerin deren Liquiditätsplanung und die Aussichten für eine baldige Wiederaufnahme des Linien- und Reiseverkehrs. "Die deutsche Reise- und Veranstaltungsbranche steht aufgrund der COVID-19-Pandemie vor gewaltigen Herausforderungen und akuter Insolvenzgefahr. Ich hoffe jedoch, dass im zweiten Halbjahr 2020 mit den zu erwartenden behördlichen Lockerungen hinsichtlich der Bewegungs- und Reisefreiheit der deutschlandweite Tourismus anziehen wird und unsere Sanierungsbestrebungen somit eine aussichtsreiche Grundlage erhalten", so Rechtsanwältin Schmudde.
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