Page 20

Journal_März_2016

Foto M: Koppe/Franke Pink hat sich in den Alpen als Farbe für Wegweiser eingebürgert, die Schneeschuh Trails oder Winterwanderwege markieren. Fotos: Koppe 20 Schneeschuhwandern Nach einer Viertelstunde fühlt sich das alles ganz normal an“, verspricht unser Tour-Guide. Unter Lukas’ fachkundigem Blick haben wir uns die Kunststoffteller unter unsere Schuhsohlen geschnallt und wagen die ersten Schritte: Wer schon mal auf Skiern gestanden hat, bemüht sich zu gleiten - und wird von den Harsch-Eisen an der Unterseite des Rahmens schnell wieder gestoppt. Anlauf Nummer zwei erinnert entfernt an den „Moonwalk“: Die Füße bis auf Kniehöhe hebend, stapfen wir breitbeinig durch den Schnee. Ein Kraftaufwand, der gar nicht notwendig wäre: Die Bindung moderner Schneeschuhe ist drehbar gelagert, Aussparungen unterhalb des vorderen Fußdrittels ermöglichen eine Abrollbewegung, fast so wie beim gewöhnlichen Marschieren. „Die Schneeschuhe müsst ihr dabei einfach mitziehen“, rät Lukas. Klingt nicht nur einfach, sondern ist tatsächlich ganz leicht. Stellen wir fest, als wir Minuten später im Gänsemarsch unsere Spur legen. Vor uns liegt eine tief verschneite Hochebene: Die Schneedecke - gut einen halben Meter dick - ist noch jungfräulich: Fernab aller Wege ist hier seit Tagen kein Mensch mehr gelaufen. Motorengeräusche von der Hauptstraße unten im Tal schluckt die weiße Pracht. Zu hören sind allein der Wind, das Geräusch des eigenen Atems und das Knirschen des Schnees, dessen Decke uns (den Riesen-Tretern aus Plastik sei Dank) auf wundersame Weise trägt. Ein Hund des Bergführers, der durch den Schnee tobt, mal nach einzelnen Flocken schnappt, mal nach den Tellern unserer Skistöcke, sinkt bis zum Bauch ein - unsereiner hinterlässt allenfalls knöcheltiefe Fußstapfen. Das Prinzip, durch eine vergrößerte Auftrittsfläche die Schnee-Verdrängung zu minimieren, kannten schon die nordamerikanischen Ur-Einwohner. Obwohl die wahre Urheberschaft rückwirkend kaum zu klären sein wird, gelten die Indianer gemeinhin als Erfinder einer unter dem Begriff „Beaver-Tails“ bekannt gewordenen Schneeschuh-Bauart: Eine Eschenrute wird dabei zu einem an seinen Enden spitz zulaufenden Oval gebogen; den auf diese Weise entstandenen Rahmen bespannten Stämme wie die Algonkin dann mit Streifen aus gegerbter Tierhaut. Die sogenannten „Classics“ sind diesem archaischen Schneeschuh-Modell sehr ähnlich - mit dem Unterschied, dass statt Naturmaterialien Aluminium und eine Plastikbespannung verbaut werden. Für Touren im alpinen Gelände ist diese Variante allerdings nur bedingt geeignet. Dort setzt man eher auf Schneeschuhe, die aus einem starren, dafür aber vergleichsweise leichten Kunststoffkorpus bestehen und auf der Unterseite mit starken Metallzähnen bewehrt sind. Diese Krallen erinnern nicht von ungefähr an Steigeisen: Steilere Passagen lassen sich mit diesen „Moderns“ vergleichsweise einfach meistern - vorausgesetzt, ihr Träger verfügt über die nötige Kondition. Das „Spuren“ kostet Kraft Dass der ungeübte Schneeschuhwanderer früher oder später aus der Puste kommt, ist eine Erfahrung, die auch uns nicht erspart bleiben soll. Mit großem Elan sind wir gestartet und haben das Angebot unseres Tour- Guides, im gegenseitigen Wechsel die Führung zu übernehmen, nur zu gerne angenommen: Sich als Allererster über ein unberührtes Schneefeld zu bewegen, macht den besonderen Reiz des winterlichen Tourengehens aus, das „Spuren“ (wie es der Fachmann nennt) kostet allerdings Kraft. Selbst wenn man Schneeschuhe anhat - ein paar Pfunde Gefrorenes schiebt man, an der Spitzenposition laufend, dennoch mit jedem Schritt vor sich her. „Die eigenen Ressourcen einteilen und die Sache insgesamt lieber langsam angehen“, raten Profis und wenden sich mit diesem Tipp Auf großem Fuß durch endlose Weiten Die winterliche Bergwelt auf Schneeschuhen zu erkunden, ist eine ideale Methode, um zu entschleunigen, Natur zu erleben und obendrein auch noch etwas für die individuelle Fitness zu tun.


Journal_März_2016
To see the actual publication please follow the link above