
Vereine und Verbände
Jeder, der „früher“ die Landstraße von Warstade nach Lamstedt entlangwanderte,
konnte bei Wedelsforth eine ins Auge fallende Eichengruppe bewundern und kannte
wohl auch die Sage von den „Sieben Eichen“, die sich damit verband. Vielleicht sollte
man sagen „eine der Sagen“, denn es gibt – nicht ungewöhnlich bei dieser Erzählform
– mehrere Versionen, die wir hier wiedergeben. Elisabeth Rühmkorf (1895 – 1989), über
30 Jahre (bis 1960) Volksschullehrerin in Warstade, hat zwei davon aufgeschrieben
und in ihrem Büchlein „Warstade - ein Ausflug in die Vergangenheit“ (Selbstverlag,
1980) veröffentlicht.
Ältere Warstader werden sich an die Wandertage mit „Frl. Rühmkorf“ erinnern, die
auch zu den sagenumwobenen Plätzen wie dem „Blocksgrund“, dem „Galgenberg“
oder eben den „Sieben Eichen“ führten.
Hemmoor Magazin 03/2021 19
Verfasser: Heino Grantz, Heinrich Brandt (Arbeitskreis Kunst und Geschichte
der Stadt Hemmoor)
Hemmoorer
Geschichte(n)
Mord in Wedelsforth
Ein Jude kam vom Lamstedter Markt und ging ahnungslos in
der Nähe von Wedelsforth querfeldein. Er hatte keine großen
Geschäfte auf dem Markt gemacht und trug keine Tasche
voll Geld nach Hause, wie es der Mann annahm, der ihm auf
seinem Wege begegnete. Der Fremde packte den Juden,
schlug ihn tot und kehrte ihm die Taschen um. Er fand kein
Geld, sondern nur ein paar Eicheln, die der Jude wohl irgendwo
abgepflückt und in die Tasche gesteckt hatte. Ärgerlich
verscharrte er sein Opfer und ging seiner Wege. Im nächsten
Jahre wuchsen auf diesem Platz 7 Eichbäumchen aus der
Erde, eines nahe beim andern, und da es eine selten begangene
Stelle war, so konnten sie sich entwickeln und fröhlich
wachsen, bis sie zu gewaltigen Eichbäumen wurden, die man
heute weithin sieht und als „die 7 Eichen“ in der ganzen Gegend
kennt.
Wohl nicht zufällig liegt dieser Sage ein altbekanntes Klischee
zugrunde: Ein Jude wird ermordet, weil sein Mörder annimmt,
dieser trage „eine Tasche voller Geld nach Hause“ - die angebliche
Affinität „der Juden“ zum Geld ist hier Auslöser für das Verbrechen.
Anm. d. Verf.
Vor vielen Jahren ging ein Handwerksbursche von Basbeck
nach Lamstedt. Er war schon lange unterwegs, ohne Arbeit
zu finden. Sein Beutel war leer, sein Magen knurrte. Als er
bei dem großen Hof Wedelsforth vorbeikam, dachte er, hier
kannst du dich einmal sattessen. Er klopfte an die Tür und bat
bescheiden um etwas Essen. Man schlug ihm die Tür vor der
Nase zu. Er bat zum zweiten Male. Der Bauer wurde zornig
und wollte den Hund auf ihn hetzten. Da verfluchte der Handwerksbursche
den Bauern und seinen Hof. Noch heute würde
der rote Hahn auf seinem Dache krähen.
Dem Bauern quälte den ganzen Tag sein Gewissen. Er bedauerte,
dem armen Burschen nichts gegeben zu haben. Auch
beunruhigte ihn die Angst, der Mann möchte seine Drohung
wahrmachen und das Haus anzünden. Auch als er zur Ruhe
ging, verließ ihn nicht die Erregung. Er erhob sich wieder, rief
den Hund und nahm seine Flinte. Er wollte Wache halten. Da
– was war das? Er sah einen Schatten ums Haus schleichen,
ein Streichholz aufleuchten. Er wollte schießen, aber die Flinte
versagte. Noch einmal, wieder versagte sie. Er hetzte voll
Angst den Hund, der rührte sich
nicht. Er rief nach seinen Leuten
– niemand kam. Da wußte der Bauer,
daß der Strolch einen Bund mit
dem Bösen geschlossen und alles
gebannt hatte.
Einige Jahre vergingen. Da sah
man, wie sieben Eichen aus seinem
Grabe wuchsen. Der Bursche
hatte wohl sieben Eicheln in der
Tasche gehabt. Der Bauer und
seine Leute sind längst gestorben
und vergessen, aber sieben Eichen
erinnern an die böse Geschichte.
Aus: Hake Betken siene Duven, Hg.
Heimatbund der Männer vom Morgenstern,
Bremerhaven
Elisabeth Rühmkorf
Historisches Foto von den „7 Eichen“
(aus dem Buch von E. Rühmkorf). Obwohl
die Bäume unter Denkmalschutz
standen, sind sie heute verschwunden.
In der Liste der Hemmoorer
Naturdenkmale tauchen sie nicht
(mehr) auf.