
Impro-Komödie
Was für ein Jahrgang!
Bloß nicht verpassen, dieses „Klassentre en“ vom Meister der Improvisation:
Regisseur Jan Georg Schütte lässt einem einzigartigen Ensemble freien Lauf
„Ich hab noch nie so viele Profis
gesehen, die sich vor dem Anstoß
die Hose vollpinkeln!“ So bebildert
Schauspieler Aurel Manthei die
Stimmung unter seinen Kollegen.
Kein Wunder: Die „Profis“ kannten
vor Drehbeginn nur ihre Rollenprofile,
hatten keine Dialogsätze. Vier
Stunden am Stück sollten sie improvisieren,
in diversen Räumen eines
Gasthauses, ständig von einer der 24
Kameras gefilmt. Keine Wiederholungen,
kein doppelter Boden.
Ein Ruf wie Donnerhall
Viele Stars ließen sich auf das
Abenteuer ein, was nicht zuletzt
am Renommee des Machers hängt:
Jan Georg Schütte hat sich mit
„Altersglühen“ und „Wellness für
Paare“ einen Ruf wie Donnerhall
Mi
.
ARD
Klassentreffen
Weitere Szenen als -teilige
Serie, ab Freitag bei One
geschaffen. Mit seinem dritten
Impro-Werk legte er die Latte noch
höher: Noch mehr Figuren, noch
mehr Kameras.
Und noch mehr
Unsicherheit
über den Ausgang,
was auch
am Handlungsrahmen
liegt, der
für Dramen ebenso
geeignet ist
wie für spontane
Pointen. Es geht
um ein Klassentreffen,
25 Jahre
nach dem Abi.
Und es passiert,
was eben passiert an solchen Abenden:
Lebenslügen werden enttarnt,
alte Konflikte brechen auf, Liebeleien
werden wiederbelebt oder endgültig
begraben. Und der Alkohol
tut das Seine, um die Zeit zurückzudrehen.
Schütte sagt
über seine Inspiration:
„Egal, ob man
mittlerweile durch
die Gegend jettet:
Wenn man damals
der picklige Loser
war, dann nützt
einem der Jet jetzt
auch nichts. Man ist
beim Klassentreffen
wieder der picklige
Loser. Das fand ich
spannend“. Nach
dem Dreh musste
der Regisseur 130 Stunden Material
sichten und verdichten. Wenn man
den fertigen Film sieht, kann man
nur ahnen, wie viele gute Szenen
gestrichen wurden. Hier wiederum
ist zu wenig Raum, um die Geschichte
des Abends zu erzählen. Daher
seien nur einige starke Typen vorgestellt:
Charly Hübner als neonationaler
Hüne („Der sieht aus wie Göring“,
lästern die anderen), Fabian
Hinrichs als Großkotz mit Wohnsitz
L.A. („Das ist alles so eng hier“, sagt
er über Deutschland), Kida Khodr
Ramadan als redseliger Megamacho
und Marek Harloff als gescheiterter
Musiker (Zitat: „Läuft voll gut. Nebenbei
arbeite ich mit einem Taxi-
Unternehmen zusammen.“).
Gefühlte Hauptrollen
Die Schauspieler wussten natürlich
nicht, wie viel ihrer Szenen im Film
landen würde. Das tat dem Engagement
aber keinen Abbruch, wie
Oliver Wnuk bezeugt: „Durch die
Freiheiten, die uns gegeben wurden,
hatte jeder das Gefühl, er hätte die
Hauptrolle gespielt.“ Merkt man!
Die mit Abstand
aufregendste und
spannendste
Dreherfahrung,
die ich bisher
erleben dur e.
Oliver Wnuk
Impro-Regisseur Jan Georg
Schütte (unten links) zeigt
stolz sein Ensemble. Neben
ihm kniet „Polizeiruf“-Star
Charly Hübner. Hintere Reihe:
Neben Nina Kunzendorf
stehen Oliver Wnuk und
Annette Frier, die beiden
spielen das Gastgeberpaar.
Es folgt Burghart
Klaußner als Exlehrer,
dann Marek Harlo . Mittlere
Reihe: Elena Uhlig
mit echtem Baby bauch,
mittlerweile ist Tochter
Hedda ein Jahr alt.
Daneben Kida Khodr
Ramadan, hier versteckt,
im Film sehr
präsent. Dann Björn
Jung, die „Tatort“-
Stars Anna Schudt
und Fabian Hinrichs,
Nicole Kersten, Anja
Kling, Christian Kahrmann
(ja, „Lindenstraßen“-
Benny), Jeanette Hain (als
psychisch labile Klassenelfe),
Nadja Zwanziger und
Aurel Manthei (als „Loser“
ohne Abitur, der mit dem
Exlehrer abrechnen will)
Film
Fotos: WDR, colourbox | Text: O. Kinser