
Die Liebe höret nimmer auf
Der Verlust eines geliebten Familienmitgliedes
oder Freundes gehört zu den
wohl einschneidendsten Momenten im
Leben eines Menschen. Ob plötzlich und
unerwartet oder nach langer Krankheit
absehbar, Trost zu fi nden kann für die
Hinterbliebenen in den Stunden, Tagen
und Wochen nach dem Todesfall
schwierig sein. Die Endgültigkeit des
Moments, der Schmerz um den Verlust
des geliebten Menschen und die
Machtlosigkeit dem Unvermeidlichen
gegenüber manifestiert sich seit Jahrhunderten
in Grabinschriften rund um
den Erdball, und vielfach lässt sich aus
den wenigen Worten, die das Grabmal
zieren, ein leiser Trost lesen: Die Erinnerung
an das Gewesene bleibt.
Die Zeit heilt alle Wunden, so wird der
französische Philosoph Voltaire gerne
zitiert – und auch wenn diese Weisheit in
Zeiten der tiefen Trauer oftmals sehr abgedroschen
klingen mag, so enthält sie
doch einen wahren Kern. Die Traurigkeit
verblasst und hinterlässt ein Gefühl der
Dankbarkeit für die Zeit, die einem mit
dem verstorbenen Menschen geschenkt
wurde. Seit der Übersetzung der Bibel
durch Martin Luther im 16. Jahrhundert
ist ein Teil des dem Apostel Paulus zugeschriebenen
ersten Briefes an die
Korinther auf zahllosen Grabmälern zu
fi nden, der diesen Gedanken in wenigen
Worten zusammenfasst: Die Liebe höret
nimmer auf.
Losgelöst von der Zugehörigkeit zu einer
Religionsgemeinschaft oder Glaubensrichtung,
dieser Satz besitzt auch fast
2 Jahrtausende nach seinem Entstehen
universelle Gültigkeit über Religionen
und Kulturen hinaus. Das, was das gemeinsame
Leben mit dem Verstorbenen
bestimmt hat, behält auch nach dem
Tode seine Bedeutung und lindert gemeinsam
mit der Erinnerung an die gemeinsame
Zeit den Schmerz. (ht)
Trauern und Erinnern