
Die finanziellen Mittel der neu gegründeten Schule sind sehr
begrenzt. Um die Unterrichtsräume im Winter durchgehend
heizen zu können, schlägt StR Peters, der erste Lehrer an der
Schule, vor, die Herbstferien zu verkürzen und gleichzeitig die
Weihnachtsferien zu verlängern, um so Feuerung zu sparen.1
Bei seinen Recherchen für eine Festschrift anlässlich des
50-jährigen Bestehens des Gymnasiums Warstade 1996
stieß Oberstudiendirektor Günter Dellies, von 1978 bis 1998
Schulleiter, auf ein Inventarverzeichnis aus dem Jahre 1949.
Hier werden Schuleigentum und Leihgaben aufgelistet:
45 Stühle von der Zementfabrik, Wandtafeln gehören der
Kirche und dem DRK, alle Schulbänke und zwei Tische sind
Eigentum der Kirche, von der Molkerei Lamstedt gibt es drei
Milchkannen für die Schulspeisung, das Athenaeum steuert
vier Wandkarten, einen Zirkel, ein Lineal und ein Dreieck bei.
Des Weiteren gehören sechs Tische, eine Pendellampe, vier
200-Watt-Birnen, drei 300-Watt-Birnen, ein Ofen, ein Eimer,
ein Kohlenschütter, ein Handfeger, einige Lehrbücher und
schließlich ein kleiner Koksvorrat im Keller des Pfarrhauses
zum Schulinventar.
Am 27. Februar 1950 titelte die „Niederdeutsche Zeitung“ (Vorgängerin
der „Niederelbe-Zeitung“): „Warstader Oberschule
hilft sich selbst“. Die Zeitung schrieb damals: „In der früheren
Rektoratsschule haben sich in den letzten vier Jahren
beachtliche Dinge entwickelt, die bislang viel zu wenig gewürdigt
wurden. Was hier in diesem kircheneigenen Gebäude
(…) geleistet wurde, ist geradezu ein Musterbeispiel für so
manche Großleistung, die sich in aller Stille, ohne viel Aufhebens
davon zu machen, vollzog.“ Gemeint war hier ebenfalls
die notgedrungen sparsame Wirtschaft der Warstader Oberschule,
Im Februar 1953 wird die Schule per Erlass des Kultusministers
der Schulaufsicht der staatlichen Verwaltung der
höheren Schulen in Hannover unterstellt. Im Oktober 1957
beschließt der Kreistag die Einrichtung einer Oberstufe in
Warstade, die ein Jahr später mit der Klasse elf beginnt und
im Frühjahr 1961 mit 20 Schülerinnen und Schülern als erster
Jahrgang die Reifeprüfung ablegt.
Nachdem die Schule 1953 aus dem Pfarrhaus ausgezogen
und zwischenzeitlich in zwei Baracken, die „einen hellen,
freundlichen Eindruck machen“, untergebracht ist, erfolgt
im März 1959 die Grundsteinlegung für einen Neubau durch
den Ministerpräsidenten Heinrich Hellwege. Das Richtfest
Hemmoor Magazin 01/2021 25
Bearbeitet vom Arbeitskreis Kunst u. Geschichte der Stadt Hemmoor
Redaktion: Heino Grantz u. Heinrich Brandt
Gymnasium Warstade
„Die Oberschule hilft sich selbst“
Über die Anfangsjahre des Gymnasiums Warstade vor
75 Jahren (auszugsweise entnommen der Festschrift zu
seinem 50-jährigen Jubiläum):
Seit 1946 gibt es in Hemmoor gymnasialen Unterricht. Hauptsächlich
die schlechten Eisenbahnverbindungen sind es, die
nach dem Krieg den gemeinsamen Wunsch vieler Eltern nach
einer höheren Schule in Basbeck oder Warstade wachrufen.
Das Engagement mehrerer Hemmoorer Bürger und Kommunalpolitiker
und die bereits 1945 erteilte Genehmigung zur
Gründung eines örtlichen Schulvereins in Warstade tragen
dazu bei, dass der Schulleiter des Athenaeums, Oberstudiendirektor
Wohltmann, im Februar 1946 dem Warstader Bürgermeister
mitteilen kann, dass „durch Verfügung des Herrn
Oberpräsidenten die Parallelklassen des Athenaeums in Warstade
(…) genehmigt sind“.
Das Warstader Pfarrhaus – die Keimzelle unseres Gymnasiums.
Am 4. März 1946 beginnt der Unterricht im Warstader Pfarrhaus,
da dort die Feuerungsbeschaffung leichter erscheint
als in der alten Schule in Warstade. Das Schulgeld beträgt
20 Reichsmark. Allerdings sind in Hemmoor nur die Klassen
fünf bis sieben untergebracht. Die älteren Schüler der Klassen
acht bis elf müssen die Stader Mutterschule besuchen.
Im ersten Jahr der „Oberschule Stade/Zweigstelle Warstade“
– so der offizielle Name – erhalten 51 Schüler der Klassen fünf
und sechs Unterricht in den Fächern Deutsch, Rechnen, Englisch,
Erdkunde, Biologie und Religion.
die sich selbst finanzieren musste.
1 1946/47 ächzt das kriegszerstörte Deutschland unter dem kältesten Winter seit Menschengedenken. Mit welcher – z.T. jenseits
der Legalität zur verortenden – Phantasie die gymnasialen Fünft- und Sechstklässler dem Problem der Feuerbeschaffung zu
Leibe rücken, wird höchst lebendig von Augenzeugen in dem Buch Als der Krieg zu Ende ging – Hemmoor 1945 (erschienen
2020, Hg. Arbeitskreis Kunst und Geschichte der Stadt Hemmoor) geschildert.
Vereine und Verbände