
Ein Appell an alle Bürgerinnen und Bürger: Tragen Sie durch gegenseitige Rücksichtnahme dazu
bei, dass es erst gar nicht zum Streit mit den Nachbarn kommt. Und: Die meisten Ruhestörungen
lassen sich durch ein klärendes Gespräch mit dem Verursacher aus der Welt schaffen.
Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es
dem bösen Nachbar nicht gefällt – oder:
Mehr Lärm durch Corona?
Hemmoor Magazin 02/2020 5
Das Corona-Virus hat unser Leben in den letzten Monaten
ganz schön auf den Kopf gestellt – die auferlegten Einschränkungen
im gesellschaftlichen Miteinander und im Berufsleben
führten dazu, dass viele Menschen sehr viel Zeit in ihren Häusern
und Wohnungen verbracht haben. Und diese Zeit haben
sie oftmals im Rahmen der bestehenden Corona-Möglichkeiten
sinnvoll genutzt: Das Haus oder die Wohnung wurde umfassend
aufgeräumt und geputzt, vielleicht sogar renoviert,
und auch der Garten - sofern man sich glücklich schätzen
konnte, einen zu haben -, sowie Terrassen oder Auffahrten
wurden auf Vordermann gebracht: Nahezu von überall konnte
man Menschen beim Mähen, Vertikutieren, Schreddern oder
Kärchern beobachten.
Doch so schön dieser Frühjahrsputz für Haus, Garten und das
eigene Wohlbefi nden war – der eine oder andere fühlte sich
von dem Lärm der Maschinen und Gerätschaften belästigt
und in seiner Ruhe gestört.
Doch wie sieht es eigentlich mit den Ruhezeiten zur Mittagszeit,
am Wochenende oder am Abend bzw. in der Nacht aus?
Welche gesetzlichen Regelungen gibt es?
Seit 2006 fällt die Zuständigkeit für „unzulässigen Lärm“,
zu dem unter anderem auch typische Anlässe für Nachbarschaftsstreitigkeiten
gehören, wie zum Beispiel das Rasenmähen,
Balkonfeten und der oft zitierte Kinderlärm, aufgrund
einer Änderung im Grundgesetz den Bundesländern zu. Niedersachsen
hat sich dieser Pfl icht erst 2013 angenommen
und eine Lärmschutzverordnung auf den Weg gebracht. Für
die oft umkämpfte Mittagsruhe kam diese sehr spät – sieben
Jahre lang gab es keine rechtliche Grundlage, die zum Beispiel
das Rasenmähen in der Mittagszeit zwischen 12 und 15
Uhr verbot. Heute gibt es nur noch wenige Gemeinden, die an
der verordneten strikten Mittagsruhe festhalten. Die Samtgemeinde
Hemmoor gehört nicht dazu. Eine klassische Mittagsruhe
gibt es nicht mehr.
Neben der allgemein gültigen ganztägigen Sonntagsruhe,
die an Sonn- und Feiertagen zur Anwendung kommt, besteht
Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr.
Für ganz Niedersachsen gilt in Wohngebieten einheitlich
die „32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“,
auch bekannt als Geräte- und
Maschinenlärmschutzordnung. Unter Paragraph 7 dieser
Verordnung fi ndet man die Regelung zur Verwendung von
Geräten und Maschinen im Freien.
An Sonn- und Feiertagen dürfen diese gar nicht eingesetzt
werden, werktags (dazu gehört auch der Samstag!) ist eine
Nutzung ab 7 Uhr morgens durchgehend bis 20 Uhr erlaubt.
Geräte und Maschinen, die Sie in dieser Zeit nutzen können,
sind zum Beispiel Rasenmäher, Heckenscheren oder Vertikutierer.
Hingegen unterliegen Freischneider, Grastrimmer,
Laubbläser und Laubsammler aufgrund ihrer Lautstärke
strengeren Richtlinien und dürfen werktags lediglich zwischen
9 und 13 Uhr und 15 bis 17 Uhr betrieben werden.
Neben dem privaten Bereich ist auch der Einsatz von
Maschinen auf Baustellen, wie Betonmischer oder Turmkräne,
geregelt: Innerhalb von Wohngebieten muss ebenfalls
die Ruhezeit zwischen 20 und 7 Uhr eingehalten und das Einsatzverbot
an Sonn- und Feiertagen beachtet werden.
Ab wann gilt etwas als Ruhestörung? Sind Geräusche unzumutbar
für die ungewollte Zuhörerschaft, so liegt grundsätzlich
eine Ruhestörung vor.
Unzumutbar kann ein Geräusch aufgrund der Lautstärke,
der Uhrzeit oder der Penetranz sein. Die hier geltende Vorschrift
ist § 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG):
(1) „Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlass
oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen
vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die
Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen
oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.“
Hierunter fällt der angesprochenen Maschinenlärm, wenn
er in nicht in den vorgeschriebenen Zeiträumen stattfi ndet,
aber auch Geschrei, Musik aller Art, Fahrzeuge u.a.
Die festgelegten Ruhezeiten bedeuten nicht, dass Sie außerhalb
dieser Zeitspanne unbegrenzt Lärm verursachen dürfen.
Sehr lauter Lärm gilt auch außerhalb der Ruhezeit als Ruhestörung.
Daneben spielt es eine Rolle, wie penetrant der Lärm
ist: Es macht einen Unterschied, ob Sie nur kurz ein Loch in
eine Wand bohren oder stundenlang Heavy-Metal-Musik auf
voller Lautstärke hören.
Alltagsgeräusche hingegen gelten nicht als Ruhestörung, auch
wenn sich der Nachbar vielleicht dadurch subjektiv gestört
fühlt. Darunter fallen neben normalen Kinder- und Tiergeräuschen
auch Baden und Duschen. Sie können also auch mitten
in der Nacht unter die Dusche steigen. Keine Ruhestörung
sind darüber hinaus zum Beispiel: Krähende Hähne in ländlichen
Gegenden; quakende Frösche; Kindergeschrei: Einem
Urteil des Amtsgerichts Oberhausen zufolge (10.4.2001; 32 C
608/00) wird Kinderlärm nicht als Ruhestörung angesehen
und muss somit von Nachbarn geduldet werden. Bellt aber
Ihr Hund den ganzen Tag, gilt das als Lärmbelästigung bzw.
Ruhestörung.
Von Lärmbelästigung ist allgemein ab einer Lautstärke von
über 55 Dezibel (am Tag) bzw. über 40 Dezibel (in der Nacht)
zu sprechen. Bei etwa 100 Dezibel (z. B. Kreissäge, Diskothek)
empfi ndet der Mensch Unbehagen, und bei rund 120 Dezibel
(z. B. Düsenfl ugzeug) wird die Schmerzgrenze erreicht. Interessant
ist auch, dass 100 Dezibel nicht doppelt so laut sind
wie 50 Dezibel. Die Wahrnehmung der Lautstärke ist grundsätzlich
immer subjektiv und hängt auch vom eigenen Hörvermögen
ab, doch prinzipiell geht man davon aus, dass eine
Zunahme von 10 Dezibel etwa einer gefühlten Verdopplung
der empfundenen Lautstärke entspricht. Dementsprechend
wären 60 Dezibel gefühlt doppelt so laut wie 50 Dezibel
(Quelle: https://www.geers.de/rund-ums-hoeren/lautstaerke-dezibel).