
Seite 10 AUTOJOURNAL Frühjahr/Sommer 2022
685.000 Staus auf
deutschen Autobahnen
im letzten Jahr
Die Dauer der Verkehrsstörungen summierte
sich auf 346.500 Stunden
Die Verkehrssituation auf den deutschen
Autobahnen stand auch im
Jahr 2021 nach wie vor im Zeichen
der Corona-Pandemie. Wie die
aktuelle ADAC Staubilanz zeigt,
stieg die Zahl der Staumeldungen
im Vergleich zu 2019, dem letzten
Jahr vor der Pandemie, fast wieder
auf das Vor-Corona-Niveau. Die
Gesamtdauer der Störungen war
aber um rund ein Drittel geringer
als 2019. Bei der Gesamtlänge der
Staus verzeichnete der ADAC sogar
ein Minus von 40 Prozent.
Gegenüber 2020, dem ersten
Corona-Jahr, registrierte der ADAC
allerdings wieder deutlich mehr
und auch längere Staus. Insgesamt
wurden im vergangenen Jahr
685.000 Staus (2020: 513.500)
gezählt. Die Dauer der Verkehrsstörungen
summierte sich auf 346.500
Stunden (2020: 256.000 Stunden),
die Gesamtlänge betrug 850.000
Kilometer (2020: 679.000 Kilometer).
Stau-Bundesland Nummer
eins ist wie in den Vorjahren Nordrhein
Westfalen.
Ursache für die Veränderungen
gegenüber den beiden Vorjahren
waren die zwischenzeitlich deutlichen
Rückgänge der Verkehrsmengen
infolge der verschiedenen
Lockdowns wegen Corona. Insgesamt
waren 2021 im Vergleich zum
Vor-Corona-Jahr 2019 teils immer
noch deutlich weniger Fahrzeuge
auf den Autobahnen unterwegs.
Im September 2021 erreichten die
Verkehrsmengen jedoch fast wieder
das Niveau von vor Corona. Die
größeren Verkehrsmengen spiegeln
sich auch im Staugeschehen
wider. Mit zunehmendem Verkehr
auf den Autobahnen gab es ab
Juni 2021 wieder deutlich mehr
und längere Staus. Höhepunkt war
der August mit rund 83.000 Staus
und einer Stau-Gesamtlänge von
123.000 Kilometern.
Extremer Wintereinbruch
Die meisten Staus gab es 2021
am Montag, 8. Februar, und am
Dienstag 9. Februar, aufgrund
eines extremen Wintereinbruchs.
Damals zählte der ADAC an beiden
Tagen insgesamt rund 8.800 Staus
mit einer Gesamtlänge von 17.700
Kilometern. Viel Geduld mussten
die Autofahrer auch am Freitag,
27. August, mitbringen. Damals wurden
6.300 Kilometer Stau registriert.
185 Mal bildeten sich im vergangenen
Jahr Staus mit einer Länge von
20 Kilometern und mehr. Der längste
Stau mit 32 Kilometern Länge bildete
sich am Samstag, 31. Juli, auf der
A 8 München Richtung Salzburg
zwischen Grabenstätt und dem
Grenzübergang Bad Reichenhall.
Ein Novum zeigt sich bei den am
meisten von Staus belasteten Autobahnen.
War bisher meist die A 3
die Fernautobahn mit den meisten
Staukilometern bezogen auf die
Autobahnlänge, so wurde sie 2021
erstmals von der A 12 abgelöst. Die
Strecke zwischen dem Grenzübergang
Frankfurt/Oder und dem östlichen
Berliner Ring war mit deutlichem
Vorsprung vor der A 3 und
der A 8 Stauspitzenreiter. Ursache
dafür waren die zahlreichen Staus
zwischen dem Grenzübergang und
Frankfurt/Oder bei der Einreise
nach Deutschland.
Normalisierung vorausgesagt
Der ADAC rechnet für das laufende
Jahr mit einer Normalisierung der
Verkehrssituation auf den Autobahnen.
Allerdings dürfte sich erst
in den kommenden Jahren zeigen,
welchen Einfluss die Ausweitung
von Homeoffice-Angeboten in den
Unternehmen einerseits und die
geringere Nutzung öffentlicher
Verkehrsmittel andererseits auf
das Verkehrsgeschehen haben
werden. Damit es dauerhaft weniger
Staus gibt müssen der ÖPNV
und der Schienenverkehr attraktiver
werden, um Kunden wieder
bzw. neu zu gewinnen. Engpässe
auf chronisch überlasteten Autobahnabschnitten
sollten zügig
beseitigt werden, auch das Verkehrs
und Baustellenmanagement
gilt es weiter zu verbessern.
Zudem müssen zahlreiche marode
Brücken rechtzeitig durch neue
Bauwerke ersetzt werden, um weitere
Brückensperrungen zu vermeiden.
(red)
Das Auto hat in Pandemiezeiten
für viele Menschen an Bedeutung
gewonnen. Im eigenen Fahrzeug
fühlt man sich mehr vor
Ansteckung geschützt, als in
öffentlichen Verkehrsmitteln.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Opel
Wende in der Pandemie:
Zurück zum Auto!
Verhältnis der Bürger zu den unterschiedlichen
Fortbewegungsmitteln hat sich verändert
Seit zwei Jahren hat Corona die Welt
im Griff und schränkt die Mobilität der
Menschen deutlich ein. Das Institut
für Verkehrsforschung des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) hat seit Beginn der Pandemie
regelmäßig untersucht, wie sich das
Verhältnis der Menschen zu den
unterschiedlichen Verkehrsmitteln
in diesen zwei Jahren verändert hat.
Inzwischen liegt die fünfte deutschlandweite
Umfrage vor, die die bereits
bei der ersten Untersuchung im vergangenen
Frühjahr ermittelten Veränderungen
bestätigt.
Der bereits bei den ersten Umfragen
festgestellte verstärkte Trend zur
Nutzung des eigenen Autos hat sich
weiter bestätigt und liegt aktuell neun
Prozent über dem in der Vor-Corona-
Zeit gemessenen Wert. Allerdings hat
ein Verhalten noch stärker zugenommen:
Immer mehr Menschen haben
sich entschlossen, Wege häufiger
zu Fuß zurückzulegen. Das gaben
29 Prozent der Befragten an, während
20 Prozent das Auto zum Mobilitätsmittel
ihrer Wahl erhoben.
„Der positive Saldo bei den Fußgängern
ist im Laufe der Pandemie deutlich
angestiegen. Darin spiegelt sich
die hohe Bedeutung der Nahmobilität.
Diese ist in der Pandemie mit einer Einschränkung
vieler Aktivitäten wichtiger
geworden“, erklärt Claudia Nobis vom
DLR-Institut für Verkehrsforschung
in Berlin. Offensichtlich gehen viele
Menschen lieber zu Fuß, als mit Bussen
oder Bahnen ihr Ziel zu erreichen.
Angst vor Ansteckung
Die öffentlichen Verkehrsmittel sind
eindeutig die großen Verlierer der
vergangenen zwei Jahre. Die Befürchtung,
sich an Bord von Bussen, Bahnen
oder Flugzeugen mit dem Virus
anzustecken, ist unverändert hoch.
Zwar ging dieses Gefühl im Sommer
2020 wieder leicht zurück, stieg
danach aber parallel zu den wachsenden
Inzidenzzahlen wieder an.
„Die Angst vor Ansteckung und das
Unbehagen in kollektiv genutzten
Verkehrsmitteln hat sich“, so Claudia
Nobis, „tief in den Köpfen der Menschen
verankert.“ 53 Prozent der
Befragten fühlen sich in öffentlichen
Verkehrsmitteln unwohler als vor der
Pandemie. Bei der Bahn (51 Prozent)
und für das Flugzeug (49 Prozent)
sehen die Werte nicht viel besser aus.
Selbst beim Carsharing fühlt sich ein
Drittel der Menschen nicht sicher.
Während der Pandemie haben die
öffentlichen Verkehrsmittel trotz aller
Anstrengungen der Unternehmen
deutlich an Bedeutung verloren. Zehn
Prozent der Stammkunden haben sich
inzwischen verabschiedet, und 27 Prozent
der Zeitkartenkunden haben ihr
Abo aufgegeben. Die wichtigsten Argumente
der ehemaligen Nutzer sind die
Hygiene in den Fahrzeugen und die
mangelhaften Möglichkeiten, Abstand
zu halten. 30 Prozent der früheren
Kunden nutzen inzwischen vermehrt
ihr Auto. Aktuell hat die Nutzung des
Autos als bevorzugtes Verkehrsmittel
ein Niveau erreicht, das deutlich höher
liegt als vor der Pandemie. Auch der
Anteil der Zeitgenossen, die ihre Mobilität
mit einem Mix aus unterschiedlichen
Verkehrsmitteln gestalten, hat
sich verringert. Der Wert liegt heute
bei 25 Prozent. Vor Corona waren es
31 Prozent. (aum/ww)