
„Ich freue mich jedes Mal, zu beobachten,
wie diese jungen Menschen sich weiterentwickeln.“
Es ist nun schon viele Jahre her, dass
Rüdiger Frie von einem Bekannten
gefragt wurde, ob er den Vorsitz des
Vereins Lebenshilfe übernehmen
wollte. Damals kam diese Frage für
ihn völlig unvermittelt, denn er hatte
sich bis dahin gar nicht mit dem Verein
beschäftigt. Der Gedanke, diese
zusätzliche Aufgabe zu übernehmen
erschien ihm daher zunächst
abwegig, war er doch mit seinem
Beruf als Rechtsanwalt und Familienvater
mit zwei schulpflichtigen
Kindern ausgelastet, so sollte man
meinen. Da war aber der besondere
Reiz, der ihn dazu brachte, mit seiner
Frau darüber zu sprechen, ob er
diese Aufgabe nicht doch wahrnehmen
sollte. Der Reiz, mit Menschen
zu tun zu haben, mit denen er bis
dahin gar keine Berührungspunkte
hatte: Menschen mit geistiger oder
körperlicher Beeinträchtigung. Seine
Frau riet ihm zu dieser Aufgabe,
denn es war sinnvoll, dass die Vorstandsarbeit
von einem Juristen
gemacht wurde. Das wurde Rüdiger
Frie in seinen Gesprächen mit eben
diesem Bekannten klar und so nahm
er im Mai 1983 das Ehrenamt an.
Damals noch als reiner Verein geführt,
wurde eine GmbH gegründet,
die die Verantwortung jedes einzelnen
Vereinsmitgliedes abfangen
sollte. Im Zuge der allgemeinen
Inklusionsarbeit gibt es seit 1987
keinen eigenen Kindergarten mehr.
Der Verein Lebenshilfe hat in Cuxhaven
1985 einen Werkhof gegründet
und seit 20 Jahren besteht nun auch
der Werkhof in Hemmoor. Dazu gehören
auch mehrere Gartengruppen.
Damit schafft der Verein Arbeitsplätze
für Behinderte und nicht
behinderte Menschen, sinnvolle
Tätigkeit, die das Leben in der Gemeinschaft
reicher und zufriedener
macht.
Eine vereinseigene Zeitschrift erzählt
regelmäßig von der Arbeit des
Vereins, von gemeinsamen Veranstaltungen
und Reisen, von Plänen
und Erreichtem, von gesellschaftlichen
und politischen Veränderungen.
All das tragen die Mitglieder
ebenso wie die betreuten Menschen
des Vereins zusammen.
Es gibt seit einigen Jahren ein
öffentliches Kulturbistro mit
Foto: C. Weverink
Ehrenamtliches Engagement 7
Verein Lebenshilfe Cuxhaven
leckeren Speisen und wechselndem
Musik- und Kulturprogramm.
Die Termine dafür findet
man natürlich in der Vereinszeitschrift
und im Internet unter
www.lebenshilfe-cuxhaven.de
Drei Wohnhäuser und andere betreute
Wohnformen bieten für
mehr als 200 Menschen ein weitgehend
eigenständiges Leben.
„Wenn es allen Eltern schwerfällt,
die eigenen Kinder aus dem Haus
gehen zu sehen, ist das für Eltern
behinderter Kinder umso schwerer“,
erzählt mir Herr Frie. „Aber mit
unserer langjährigen Erfahrung
können wir auf behutsame Weise
den Eltern nahebringen, welchen
enormen Zugewinn an Eigenständigkeit
und Selbstwertgefühl der
Umzug in unsere Wohnkonzepte
mit sich bringt. Ich freue mich jedes
Mal, zu beobachten, wie diese
jungen Menschen sich weiterentwickeln.
Viele Menschen habe ich
ja nun schon über lange Zeit begleitet
und ich bin glücklich, die
Herzlichkeit, die Ehrlichkeit und die
Offenheit dieser Menschen kennengelernt
zu haben.“ Ich habe ihn
gefragt, ob seine Familie nie das
Gefühl hatte, zu kurz gekommen
zu sein. „Nein, meine Frau ist selbst
seit langer Zeit ehrenamtlich aktiv.“
Es war für die Lebenshilfe Cuxhaven
nicht leicht, einen Nachfolger
für das Amt des Vorsitzenden
zu finden. „Aber wir haben
nun jemanden gefunden, der
mich im Herbst ablöst,“ erzählt
mir Herr Frie noch zum Abschied.