
2
Vorwort
„Die Pandemie ist ein
Brandbeschleuniger bei der
Digitalisierung im Betrieb.“
Dr. Jan-Peter Halves,
Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser
Was bedeutet Handwerk für Sie?
JPH: „In der Corona-Krise merkte man schnell, das Handwerk ist
die Grundlage unserer Wirtschaft, sogar Stütze unserer Gesellschaft.
Klar, dass die Friseurbetriebe schließen mussten, führte zu
lustigen Frisuren der Politiker und Politiker. Wichtiger aber, die Bäckereien
haben uns auch während der Pandemie mit leckerem Brot
und Brötchen versorgt. Viele Großbetriebe haben geschlossen, die
öffentlichen Verwaltungen waren im Notbetrieb. Das Handwerk war
da, immer. Zum Glück kamen die Sanitärbetriebe bei Störungen der
Heizung oder in der Wasserversorgung. Unsere Betriebe haben fast
alle durchgearbeitet im Jahr 2020, Virus hin oder her. Die Handwerkerarbeit
musste erledigt werden!“
Wie kann man die Menschen zu mehr Wertschätzung
am Handwerk überzeugen?
JPH: „Wir müssen aufzeigen, wie nachhaltig die Produkte des
Handwerks sind: formschöne Einbauschränke vom Tischler statt
klappriger Schranktüren aus dem Land der Elche. Oder eine solide
Bauausführung mit Garantie beim Hausbau vom lokalen Bauunternehmen.
Kreative Lösungen vom Zimmerer aus dem Nachbardorf,
nicht einfach bestellt sondern mit Fachwissen zu einer kreativen
und praktischen Lösung.
Die aktuellen Skandale in der Fleischindustrie haben gezeigt, dass
wir viel verantwortungsvoller mit Menschen umgehen müssen. Wir
haben noch Fleischer vor Ort und diese kaufen die Schlachttiere in
aller Regel regional ein. Ein handwerklich gebackenes Brötchen hat
eine andere Qualität, wir müssen uns tatsächlich an die bekannte
eigene Nase fassen. Vielleicht sind wir nicht immer konsequent und
dies muss sicher auch nicht sein, doch alles, was wir lokal einkaufen
und produzieren, sichert unsere Arbeitsplätze und ist ein
Beitrag zu lokalen nachhaltigen Kreisläufen.“
Was macht das Handwerk für junge Leute interessant?
JPH: „Studieren können heute viele, mit Hand und Kopf arbeiten
die Handwerker. Ein kreatives Farbkonzept entwerfen, nachhaltige
Farben finden und diese aufbringen, macht die Vielfalt im Handwerk
aus. Handwerker bauen nicht die Serie, sondern das Einzelstück,
finden die richtige Lösung für ein Problem, wo andere
scheitern. Wir werden in den nächsten Jahren einen gewaltigen
Generationswechsel im Handwerk bekommen. Wer jetzt eine gute
Ausbildung macht und sich später als Meisterin oder Meister selbständig
machen möchte, hat sehr gute Chancen, einen Betrieb zu
übernehmen.“
Welche Spuren wird die Corona Virus-Pandemie in den
Handwerksbetrieben hinterlassen?
„Die Corona-Pandemie hat nicht wenige Handwerksbetriebe in
der Existenz bedroht, bzw. Betriebe sind bedroht. Aufträge sind
weggebrochen, die Kredite für teure Maschinen oder die Betriebsstätten
müssen trotzdem getragen werden. Niemand hat
sich Corona gewünscht und trotzdem gibt es auch eine gute Seite:
Die Pandemie ist ein Brandbeschleuniger bei der Digitalisierung
im Betrieb. Natürlich gehen jetzt Online-Konferenzen, Kundenabstimmungen
über Video-Schaltungen, Bestellabwicklungen über
das Internet oder bargeldloses Bezahlen von kleinen Beträgen.
Geht alles und da wird auch nichts zurückgedreht. Die Handwerksbetriebe
waren immer Problemlöser, schnell und häufig
unkonventionell. Die kleinen und mittelständischen Betriebe haben
eben einen riesen Vorteil, ganz kurze Entscheidungswege.
Die Meisterin oder der Meister sind immer nur einen Schraubstock
entfernt.“
Zur Person:
Dr. Jan-Peter Halves (55 Jahre) ist einer von zwei Geschäftsführern der
Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser. Da die Kreishandwerkerschaft
in den letzten Jahren über zwei Fusionen sehr gewachsen ist, ist eine
wichtige Aufgabe die fünf Geschäftsstellen einheitlich aufzustellen: eine
moderne EDV, eine optimierte interne Organisation und natürlich auch
ein angepasstes Leistungsspektrum für die Betriebe. Räumlich betreut
Dr. Halves die Landkreise Rotenburg und Cuxhaven. In Cuxhaven ist die
Kreishandwerkerschaft seit 90 Jahren im Haus des Handwerks im Elfenweg
untergebracht.