
Seite 2 Die Steckrübe Anzeigen-Sonderthema
Obstbauern mit
Existenzangst
Kostendruck durch steigenden Mindestlohn
Impressum
Die Steckrübe – Magazin für Agrarwirtschaft und Landleben –
ist ein Sonderprodukt der NORDSEE-ZEITUNG GmbH sowie
der Cuxhaven-Niederelbe Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
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Die Erträge in
Wesermünde
Jan Heusmann, Vorsitzender des Landvolk Kreisverbandes
Wesermünde, zieht ein vorläufiges Erntefazit
„Die Witterungsbedingungen
des Jahres und bei der Aussaat
sind immer entscheidend.
In diesem Jahr war es
trocken, im letzten Jahr war
es nass.“
!Versorgungslage:
Die Getreidepreise liegen
sehr viel höher als im letzten
Jahr. Ein Ausdruck dessen,
dass Knappheiten da sind.
Das hat etwas mit den Lieferengpässen
zu tun. Der Ukrainekonflikt
spielt dabei eine
maßgebliche Rolle. Die
Gesamtversorgungslage der
Welt, also die Vorräte, waren
ebenfalls geringer. Um die
hundert Tage Erntevorrat ist
weltweit vorhanden. Vor allem
China hat sich vorausschauend
auf den Märkten
mit Getreide eingedeckt.
!Getreide:
Als problematisch hat sich
die Aussaat im vergangenen
Jahr wegen der Nässe herausgestellt.
Wo ausgesät werden
konnte, hat sich das Getreide
gut entwickelt. Die Erträge
waren zufriedenstellend
oder zum Teil auch gut.
Auch die Qualitäten waren
gut. Es war ja trockenes Erntewetter.
Insofern gab es
kaum Partien, die feucht geerntet
wurden. Insgesamt
kann man sagen, dass man
hierzulande eine gute Ernte
hatte.
In diesem Frühjahr und
Frühsommer gab es noch genügend
Feuchtigkeit, so dass
das Korn sich ausprägen
konnte (Bei Trockenstress
sind die Körner kleiner und
können sich nicht richtig
ausbilden). Aber das war
nicht der Fall.
Die Preise sind relativ
hoch und auch die Kosten
für die Bestellarbeiten sind
durch die gestiegenen Energiekosten
höher gewesen.
Düngemittel waren ebenfalls
sehr viel teurer, zum Teil
dreimal so hoch. Das konnte
aber durch die guten Verkaufserlöse
gedeckt werden.
Finanziell gesehen hat es bei
allen Getreidearten eine normale
bis gute Ernte gegeben.
!Hafer:
Die Haferernte war ausgesprochen
gut. Die Frühjahrs
Foto: Tonn
„Um die hundert
Tage Erntevorrat ist
weltweit vorhanden.
Vor allem China hat
sich vorausschauend
auf den Märkten
mit Getreide
eingedeckt.“
Jan Heusmann
Aussaatbedingungen
waren hervorragend. Es war
eher trocken und man konnte
eine tolle Bodenbearbeitung
durchführen. Nachfolgend
hat es noch immer Regen
gegeben und die Pflanzen
haben tief wurzeln können,
sodass sie dem Trockenstress,
der dann im Juli/August
einsetzte, durch ein gut
ausgebildetes Wurzelsystem
entgegentreten konnten.
!Wintergerste:
Die Wintergerste, sie wird ja
als Erstes geerntet, hat am
wenigsten unter der Trockenheit
gelitten. Sie wird im
Herbst früher ausgesät als
die anderen Getreidearten
und im darauffolgenden Jahr
auch früher geerntet. Die
Wintergerste war ausgesprochen
gut.
Sie hat den ganz schlimmen
Trockenstress gar nicht
mehr mitgekriegt. Der Winterweizen,
der späteste in der
Ernte, hat am stärksten gelitten.
!Futterernte:
Im Grünland gab es im Frühjahr
sehr gute Bedingungen.
Die ersten zwei bis drei
Schnitte sind durchaus gut
gewesen. Jetzt wären noch
ein bis zwei Schnitte fällig.
Aber die sind komplett vertrocknet.
Das Gras wurzelt
ja flach und kann mit diesen
übermäßig trockenen Witterungen
nicht umgehen. Zum
letzten Schnitt wird es nicht
mehr kommen. Aber die ersten
zwei, drei Schnitte sind
auch die Wichtigeren.
!Mais:
Der Mais hat stark unter der
Trockenheit gelitten. Es war
regional sehr unterschiedlich,
was den Trockenstress
anging. Mit der Ernte wurde
vier Wochen früher begonnen,
als normalerweise geerntet
wird. Mais kann mit
der Trockenheit tendenziell
ganz gut umgehen. Wir haben
ihn relativ früh gelegt.
Von daher hatte er die Chance,
die Kolben noch früh
auszubilden.
Man hätte sich gewünscht,
dass er noch zwei drei Wochen
mehr Wachstum hat
und noch ein bisschen
mächtiger werden kann. Der
Körner- und Stärkeertrag
können aber durchaus unterschiedlich
sein, je nachdem,
wann der Mais gelegt wurde.
Späte Flächen sind in diesem
Jahr mit Sicherheit von
Nachteil.
!Raps:
In diesem Jahr ist wieder ein
bisschen mehr Raps angebaut
worden. Raps wird Ende
August, Anfang September
ausgesät. Das waren Super
Bedingungen. Der Raps
hat das Frühjahr genossen.
Die Rapserträge waren überdurchschnittlich.
!Nutztierhaltung:
Im letzten Jahr konnten die
Betriebe Futtervorräte aufbauen.
Ich denke, dass die
Betriebe auch durch die guten
Schnitte im Frühjahr
noch gut mit Futter versorgt
sind.
Zusammen mit den Getreidepreisen
sind natürlich
auch die Preise für die Futtermittel
gestiegen. Für den
einen ist es Erlös, für den anderen
sind es Kosten. Die
steigenden Energiekosten
spielen auch eine Rolle. Im
Allgemeinen werde das aber
durch gute Erlöse bei der
Milch aufgefangen. (jt)
! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !
Es klingt paradox: Trotz einer
erwartbar guten Apfelernte
in diesem Jahr drücken
die Obstbauern in Niedersachsen
massive Existenzsorgen.
„Wir freuen uns auf eine
tolle Ernte im Alten Land,
geschätzt rund 320.000 Tonnen,
das sind fünf Prozent
mehr als voriges Jahr“, sagt
Claus Schliecker, Vorsitzender
der Fachgruppe Obstbau
im Landvolk Niedersachsen.
„Hier merkt man die gute
Ausbildung, die gute Beratung,
wir haben hoch motivierte
Familien. Die Ernte ist
der Lohn der Arbeit; das
Wetter hat gepasst – und
trotzdem könnte die Stimmung
unter unseren Landwirten
kaum schlechter
sein.“
Tägliche Anrufe
Fast täglich erhält Schliecker
derzeit Anrufe von Betriebsleitern,
und zwar „von solchen,
von denen ich das
nicht erwartet hätte“, berichtet
der Fachmann. Sie alle
treibt nur ein Thema um,
und das ist der permanent
steigende Kostendruck, der
im Segment auch und vor allem
durch den steigenden
Mindestlohn entsteht. „Mit
voller Breitseite trifft uns
aber auch die Ungewissheit
bei der Frage der Energiekosten“,
bringt Schliecker
die Sorgen der Berufskollegen
drastisch auf den Punkt.
Hinzu kommen die permanent
steigenden Ausgaben
für Diesel und Düngemittel,
die jetzt vier Mal so teuer
sind wie vor einem Jahr.
Als Hauptproblem in der
laufenden Saison macht
Claus Schliecker aber den
Lebensmitteleinzelhandel
(LEH) aus: „Zu dem Preis,
den der LEH aufruft, können
wir nicht produzieren. Wir
stehen im internationalen
Wettbewerb; der Import aus
dem Ausland ist oft günstiger.“
Derzeit versucht der Experte,
so viele Politiker wie
möglich auf die Lage aufmerksam
zu machen. „Ich
informiere sachlich, damit
keiner sagen kann, er hätte
das nicht gewusst, wenn immer
mehr Betriebe aufgeben
müssen“, so der Familienvater
.Derzeit wird überlegt, nur
die beste Ware einzulagern
und den Rest an den Bäumen
hängen zu lassen. Auch
das ist paradox, denn Lebensmittel
werden schließlich
überall gebraucht.
Schliecker will sich seinen
eigenen Optimismus nicht
nehmen lassen: „Es sind
schwere Zeiten, aber wir
kriegen das hin.“ (pm/lpd)
Claus Schliecker, Vorsitzender
der Fachgruppe Obstbau im
Landvolk Niedersachsen erwartet
eine Apfelernte in Höhe
von rund 320.000 Tonnen
im Alten Land. Foto: Landvolk