
Seite 4 Die Steckrübe Anzeigen-Sonderthema
Junge Werker brennen für ihren
Beruf in der Landwirtschaft
Theoriereduzierte Ausbildung ist eine Chance für Menschen mit Lernschwächen
VON RITA RENDELSMANN
Stade/Landkreis Cuxhaven.
Jonte, Jandrik, Nico und Gabriel
sind vier junge Männer aus der
Region, die aktuell ihre Ausbildung
Ein Beruf, der auch von den
vier jungen Männern bei
Wind und Wetter vollen Einsatz
verlangt. Sie brennen für
ihren Beruf, aber die erhoffte
Wertschätzung aus der Bevölkerung
erhalten sie nur
selten. „Wir müssen arbeiten,
wie es uns die Natur vorgibt.
Wenn nötig, arbeiten wir
auch mal 15 Stunden im
Stück, weil wir direkt vom
Feld zum Melken müssen.
Dagegen können wir nichts
machen. Es ist, wie es ist“,
bringt Jandrik die Fakten aus
seinem Arbeitsalltag auf den
Punkt. „Der Sommer war
trocken, deshalb musste der
Mais früher als sonst eingebracht
werden. 2017 haben
wir mit Raupen in der
Marsch geerntet, damit unsere
Maschinen nicht im
schweren Boden stecken
bleiben. Jetzt staubt es kilometerweit
und auf dem Bock
bekommst du kaum Luft.“
Ausbildung aus
Überzeugung
Seine Mitschüler aus der Berufsbildenden
Schule III Stade
nicken zustimmend. Sie
alle sind auf verschiedenen
Ausbildungshöfen im Landkreis
Cuxhaven und Stade
im Einsatz. Trotz der Herausforderungen
sind sie aus
Überzeugung in der Landwirtschaft
tätig. „Ich bin am
liebsten draußen, das finde
ich besser, auch bei schlechtem
Wetter“, sagt Gabriel.
Nico arbeitet gerne mit Tieren.
„Außerdem fahre ich
gerne Trecker und schraube
an Maschinen rum“, ergänzt
er.
Jontes Großvater hat einen
eigenen landwirtschaftliche
Betrieb. „Ich hab da immer
mitgeholfen, deshalb
war für mich früh klar, was
ich werden will.“
Jandrik ist im dritten Ausbildungsjahr
und mag die Arbeit
als Landwirt. „Meine Eltern
hatten ein Lohnunternehmen
und ich war schon
Auszubildende zum Werker in der Landwirtschaft gehen in Stade zur Schule. Neben der Ausbildung auf den Höfen in der Region
hat auch die Schulzeit hohe Praxisanteile. Das schätzen (von links): Jonte Kruse, Jandrik Sander, Gabriel Barz, Nico Hartlef mit
Lehrerin Christina Kirchner. Foto: Rendelsmann
als Kind immer gerne mit auf
dem Trecker, habe mit Tieren
und an Maschinen gearbeitet.
Es ist viel Abwechslung,
außer im Winter. Aber da
kann man dann Geräte überholen
und kleine Reparaturen
an Maschinen und Motoren
erledigen.“ Der 18-Jährige
wirkt schon abgeklärt
und erfahren.
„Man muss sich bewusst
sein, dass in jedem Beruf
auch Tage sind, an denen die
Arbeit nervt. Und seien wir
mal ehrlich - nach drei Tagen
hat keiner mehr Lust, auf
dem Trecker zu sitzen. Als
Landwirt bist du an die Launen
der Natur gebunden. Es
nützt nichts, sich aufzuregen;
die Arbeit muss gemacht
werden. Da hilft es, wenn
man ein gutes Team ist,
wenn alle mithelfen, dann
läuft das. Wie sagt mein
Lehrherr immer: Viele Hände,
schnelles Ende.“
Erntezeit belohnt
Als Highlight in ihrem von
den Jahreszeiten geprägten
Beruf nennen alle das Bestellen
der Äcker im Frühjahr
und das Einbringen der Ernte.
„Da sehen wir deutlich,
was wir geschafft haben. Wir
versorgen die Menschen mit
Nahrung und Lebensmitteln.
Leider sehen viele Leute
nicht, was wir für sie leisten.
„Wir müssen
arbeiten, wie es uns
die Natur vorgibt.“
Jandrik, angehender Landwirt
Die Wertschätzung empfinde
ich oft als gering.“ Nico berichtet,
dass viele Bekannte
aus der Stadt beispielsweise
zu glauben scheinen, Fleisch
komme von Edeka. „Ich sage
dann immer gleich,
‚Quatsch, das kommt von
unseren Bauernhöfen‘.“
Mit der Tatsache, dass die
Tiere in der Landwirtschaft
auch geschlachtet werden,
hat keiner der jungen Männer
ein Problem. „Das gehört
dazu“, zuckt Jonte mit den
Schultern. „Wichtig ist, dass
wir gut und professionell mit
ihnen umgehen.“
Jandrik räumt ein, dass er
sogar eine Lieblingskuh hat,
die deshalb aber keine Sonderbehandlung
erhält oder
nicht wie alle anderen zum
Schlachten abtransportiert
wird, wenn die Zeit gekommen
ist. „Sie war vom ersten
Tag an anders als die anderen.
Sie kam zu mir gelaufen
und wollte kuscheln. Sie kuschelt
heute noch gerne, aber
darüber hinaus hat sie keine
Sonderrechte“, versichert der
18-Jährige mit Nachdruck,
lächelt aber verlegen.
Jede Kuh muss regelmäßig
zur Klauenpflege und zur
Abwehr von Mortellaro
(Klauenfäule) prophylaktisch
dagegen behandelt werden.
Die Berufsschulklassenlehrerin
Christina Kirchner hakt
nach und ermuntert ihre
Schüler, zu erklären, was es
damit auf sich hat. „Zweimal
die Woche laufen die Kühe
nach dem Melken durch ein
Klauenbad, das aus warmen
Wasser und Formalin gemischt
wird“, so Jonte.
Spaltenroboter reinigen
die Laufgänge
Damit die Tiere immer sauber
und trocken in den Stallungen
stehen, müsse mehrfach
täglich ein Spaltenroboter
die Laufgänge reinigen.
„Wir müssen das mit dem
Radlader und einem Gummischieber
machen“, berichtet
Gabriel und beschreibt, dass
die Exkremente durch die
Spalten in den Betonböden
direkt in den Güllekeller fallen.
Kirchner erklärt ihren
Schützlingen jetzt die prüfungsrelevanten
Themen und
betont, wie umfangreich und
komplex die theoretischen
Anforderungen sind. „Auch
wenn es belächelt wird,
wenn wir hier mit Skelettmodellen
als Anschauungsmaterial
arbeiten, wird schnell
klar, wie wichtig das ist. Ein
nach hinten ansteigendes
Becken kann bei der Kuh zu
Gesundheitsproblemen rund
um die Geburt des Kalbes
führen (die Geburt ist schwerer,
die Nachgeburt geht
schlechter ab, Kot und Urin
gelangen eher in den Geburtskanal
und begünstigen
Gebärmutterentzündungen.)
Schlechter Klauenschnitt
kann zu Gelenkproblemen
führen und vieles mehr.“
Es folgt eine Diskussion
über Nährstoffe im Boden,
welcher Bodentyp für welches
Getreide geeignet ist,
wie der Klimawandel auf die
Landwirtschaft wirkt und
dass sich alle darauf freuen,
mit dem Zugwagen zum
nächsten Deichbrand-Festival
zu fahren.
zum Werker in der Landwirtschaft
absolvieren. Ein Beruf,
der auch für Menschen mit
Lernschwächen zugänglich ist
und von der Agentur für Arbeit
gefördert wird.
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Ausbildung zum Werker in der Landwirtschaft
!Die Berufsausbildung ist inklusionsgeeignet und auch für Menschen
mit Lernschwächen zugänglich. Der Abschluss zum Werker/zur Werkerin
in der Landwirtschaft ist nach einer dreijährigen, stark praxisorientierten
Ausbildung möglich. www.talente-gesucht.de