
Seite 18 HANDWERK 20. September 2019
„Mein Handwerk
produziert Sicherheit”
Vom Einfamilienhaus bis zur Kirche,
vom Leuchtfeuer bis zum Rockfestival –
Gerüstbauer machen's sicher
Was macht eine Gerüstbaufirma
beim Deichbrand-Festival?
Als 2006 das zweite Festival anstand,
wurden wir von Daniel Schneider, dem
Veranstalter, angesprochen. Ihm waren
in der Stadt unsere Gerüste aufgefallen,
bei denen sich überall die typische
Firmenfarbe „Violett” wiederfand.
Außerdem war ihm aufgefallen,
dass unsere Gerüste sehr sauber
wirken. So etwas brauche er auf
seinem Deichbrand-Festival.
Was bauen Sie für Deichbrand?
Alles, was man aus unseren, damals
schon sehr modernen Gerüstsystemen
bauen kann. Eingangsportale,
Grabenbrücken, Kabelbrücken für
die Stromversorgung, Presse- und
Besuchertürme, Lampentürme,
barrierefreie und erhöhte Podeste
für Rollifahrer – nur die Bühne nicht,
dafür gibt es Eventspezialisten. Inzwischen
hat sich die Zusammenarbeit
so gut eingespielt, dass alles „auf
Zuruf” funktioniert und dadurch
die Vorlaufzeiten, die früher für die
Planung und Beschaffung nötig
waren, auf ein paar Tage verkürzt
werden konnten.
Rockfestivals sind ja nicht gerade
Ihr Hauptgeschäft. Für wen arbeitet
Ihr Unternehmen außerdem?
Wir bauen nicht nur Gerüste. Dieser
Bereich macht nur 50% unseres
Umsatzes aus. Ein zweites Standbein ist
der Malerbetrieb. Aber auch Maler
brauchen Gerüste – und da schließt
sich der Kreis, denn wir versorgen
unsere eigenen Leute mit unseren
eigenen Gerüsten. Für wen wir arbeiten?
Das beginnt beim Besitzer eines
Einfamilienhauses, der seine Fassade
renovieren oder seine Räume neu
streichen lassen will und geht bis
zu Wohnungsgesellschaften, für die
wir ganze Wohnblocks einrüsten oder
die Malerarbeiten durchführen. Aber
auch ganz spektakuläre Jobs sind
dabei. So z.B. die Einrüstung des 38 m
hohen Kirchturms der „Herz-Jesu Kirche”
oder die Einrüstung des fast
70 Meter hohen „Leuchtfeuers Altenbruch”.
Oder im Bereich Malerbetrieb
das „Strandhotel Duhnen”. Dort
haben wir in zwei exklusiven Suiten
eine Tapete verarbeitet, die tatsächlich
aus lackierten Bananenblättern
besteht...
Kommen wir zurück zum Gerüstbau.
Gerüstbauarbeiten werden in unserem
Betrieb bereits seit seiner
Gründung im Jahre 1967 ausgeführt.
Allerdings war Gerüstbau früher
kein Lehrberuf. In den letzen Jahrzehnten
wurden die Anforderungen
im Gerüstbau jedoch immer
komplexer, so dass unser Gewerk
in die Anlage A der Handwerksordnung
aufgenommen und damit Vollhandwerk
wurde. Wir sind seit 2002
Gerüstbau-Meisterbetrieb. Dieser
Geschäftsbereich hat sich seitdem
sehr gut entwickelt. Mittlerweile sind
wir in unserer Branche der größte
Betrieb in der Region und halten
auf 15.000 m² Freifläche und in einer
3.000 m² großen Lagerhalle weit über
750.000 Einzelkomponenten vor. Dass
wir dadurch besonders schnell und
flexibel auf Kundenwünsche reagieren
können, erklärt sich von selbst.
Wie wird man eigentlich
Gerüstbauer und welche Voraussetzungen
muss man erfüllen?
Wer den Hauptschulabschluss hat,
körperlich fit ist und sportlich, keine
Höhenangst hat, ordentlich zupacken
kann und gerne im Team arbeitet,
erfüllt alle Voraussetzungen. Die Ausbildung
dauert drei Jahre und kann
bei guten Leistungen auf zweieinhalb
Jahre verkürzt werden.
Wie steht es mit Karrierechancen?
Nach dem Gesellenbrief kann man
den Meistertitel angehen, um z.B. als
Fachbauleiter in einem Betrieb zu
arbeiten oder auch einen Betrieb zu
leiten. Auch ein anschließendes Studium
ist eine Option. Für Quereinsteiger
gibt es auch Möglichkeiten. So gibt
es z.B. die Fortbildungsmöglichkeit
zum Gerüstbau-Kolonnenführer über
die Bundesinnung Gerüstbau. (GA)
GESPRÄCH mit Oliver Süß,
Gerüstbaumeister und staatlich
geprüfter technischer Fachwirt.
Zusammen mit seinem für den
Malerbereich verantwortlichen
Bruder Torsten Süß Inhaber der
Rudolf Süß oHG, Cuxhaven.
Foto: G. Ahrens
Foto: Mario Schwedler
DAS GERÜSTBAUERHANDWERK
Der Gerüstbauer errichtet
Gerüste für verschiedene Einsatzgebiete
– vom Einfamilienhaus
über Mehrfamilienhäuser
und Bürogebäuden bis hin zu
Kirchen, Brücken, Industrieanlagen
und Hochhäusern. Auch
der Aufbau von beweglichen
Arbeitsplattformen, Tribünen oder
Wetterschutzhallen gehört zum
Einsatzgebiet des Gerüstbauers.