
Seite 4 HANDWERK 17. September 2020
INTERVIEW mit dem
Obermeister der
Metallbauer-Innung
Cuxhaven-Land Hadeln
Christian Ahl.
„Auf den
Millimeter”
Messen, Schweißen, montieren
Was bedeutet Handwerk für Sie?
Etwas für Menschen individuell
anfertigen, was benötigt wird – ein
Handlauf für einen alten Menschen,
ein Griff neben der Stufe im Haus,
eine Rampe für den Rollator. Wir tragen
dazu bei, dass ein Mensch noch
in seiner gewohnten Umgebung bleiben
kann.
Wir fertigen Tore und Geländer nach
den Wünschen der Kunden, und
sorgen dafür, dass diese sicher sind.
Wenn ich mir ansehe, wie Baukastengeländer
montiert werden – das sind
keine Fachleute. Die sind sich nicht
bewusst, wie gefährlich das ist, wenn
das abbricht und da jemand abstürzt.
Wie kann man die Menschen zu
mehr Wertschätzung am Handwerk
überzeugen?
Sie mal zu einem Workshop einladen
oder einfach mal mithelfen lassen.
Erklären was wir machen, warum wir
etwas machen. Und ganz wichtig: den
Kunden ernst nehmen und respektieren.
Wie sind Sie zu Ihrem Beruf
gekommen?
Ich bin als Kind hier in der Werkstatt
aufgewachsen.
Erzählen Sie uns bitte eine Begebenheit
aus der Anfangszeit, die
Ihnen in Erinnerung geblieben ist.
Am ersten Tag meiner Ausbildung
stand ich vor meinem Gesellen –
2 Meter hoch, 1,2 Meter breit, Seemannsbart,
eine Stimme wie ein
Nebelhorn, Hände wie Bratpfannen.
Mein erster Gedanke: „Oh Gott, das
war’s jetzt mit Dir“. In dem Jahr bei
ihm hab ich sehr viel lernen dürfen.
Er hat mich immer gefragt, ob ich verstehe,
was wir gerade machen. Wenn
nicht, kam von ihm immer die Frage:
„Und warum fragst Du nicht?“ Dann
wurde mir alles in Ruhe erklärt. Das
war Ausbildung, wie sie sein sollte.
Was war damals anders? Hat sich
in den letzten Jahren etwas im
Handwerk verändert?
Führungspersönlichkeiten haben Entscheidungen
getroffen, ohne Angst
vor Konsequenzen. Man war mutiger.
Heute wird sich überall abgesichert.
Viele Dinge dauern einfach zu lange,
weil keiner den Mut hat zu sagen:
„So machen wir das jetzt." Lehrlingen
wurde damals wenig Respekt entgegengebracht.
Was lieben Sie an Ihrem Beruf?
Die Vielfalt, den Umgang mit Menschen,
die Kreativität.
Was wären Sie sonst noch gerne
geworden?
Erzieher, Lehrer.
Was macht Ihr Gewerk für junge
Leute interessant?
Die Herausforderung, die Abwechslung.
Was sind die Gründe, die Sie
antreiben, sich als Obermeister
ehrenamtlich für das Handwerk zu
engagieren?
Wir müssen der Politik und Verwaltung
klarmachen: Wir sind die Wirtschaftsmacht
Nr. 1!!!
Wenn wir uns über Innungen, Handwerkskammer
und den Landesverband
Metall nicht organisieren, werden
unsere Belange nicht beachtet.
Auf einen einzelnen kleinen Betrieb
achtet niemand, aber der Verbund
von vielen Betrieben macht uns
stark. So können wir uns Gehör
verschaffen.
Leider wird den Großkonzernen und
Internetriesen das Leben und der
Betrug zu einfach gemacht (siehe
Autoindustrie) oder die Datensammler
wie Google/Facebook. Wir
Foto: Tonn
Foto: Harald Wenzel, Göttingen DAS METALLBAUERHANDWERK
Metallbauer stellen
komplette Anlagen oder
Komponenten her.
Feinwerkmechaniker
sind zuständig für Präsisionsbauteile
an Maschinen und
feinmechanischen Geräten.
Als Träger von Know-how,
Spezialist, Entwickler, Produzent
und Zulieferer ist das Metallhandwerk
Basis für den Erfolg
der deutschen Industrie und
selber weltweiter Exporteur.