Die Kunst des wahren Schenkens
Seit Jahren begeistert die Kolumne "Moin Cuxhaven" die Leser der Cuxhavener Nachrichten. Inzwischen gibt es die Rubrik auch auf cnv-medien.de. Heute geht es um das Thema Schenken und das gleichnamige Gedicht von Joachim Ringelnatz.
Der Dichter, Schriftsteller und Maler Joachim Ringelnatz hat als junger Mariner seine prägende Zeit in Cuxhaven verbracht, und die Stadt hat ihn nie vergessen. Nicht umsonst beherbergt Cuxhaven das Ringelnatz-Museum und vergibt alle zwei Jahre den renommierten Joachim-Ringelnatz-Preis. Der Mann mit dem Salzwasser in den Adern gehört hierher wie die Deiche und die Gezeiten.
Dieser Tage las ich sein Gedicht "Schenken". Es erinnert uns an eine oft übersehene Wahrheit: "Schenke groß oder klein, / Aber immer gediegen." Ringelnatz fordert ein herzliches und freies Geben, bei dem wir mitschenken, "was in dir wohnt / An Meinung, Geschmack und Humor". Sein Ruf nach innerer Aufrichtigkeit klingt heute wie ein Gegenentwurf zu all den perfekt verpackten, aber oft gedankenlosen Aufmerksamkeiten. Am Ende steht die radikale Zeile: "Sei eingedenk, / Daß dein Geschenk / Du selber bist."
Gerade hier an der Küste, wo man lernt, mit Wind und Wetter gelassen umzugehen, trifft diese Haltung ins Herz: Wahre Geschenke entstehen dort, wo wir Zeit teilen, aufmerksam zuhören oder eine kleine Geste mit echter Wärme füllen. Vielleicht ist deshalb manchmal das größte Geschenk kein Blumenstrauß, kein Präsentkorb und auch kein Gutschein, sondern etwas viel Einfacheres: das aufrichtige Gespräch am Gartenzaun, das Schweigen auf dem Deich oder das Hinhören im Treppenhaus. Ein Moment echter Hinwendung. Das passt zu Ringelnatz und Cuxhaven gleichermaßen.