Moin Cuxhaven

Zwei Leben, ein letzter Schritt

von Jens Potschka | 21.11.2025

Seit Jahren begeistert die Kolumne "Moin Cuxhaven" die Leser der Cuxhavener Nachrichten. Inzwischen gibt es die Rubrik auch auf cnv-medien.de. Heute geht es um die Kessler-Zwillinge, die in einem letzten Akt ihre Lebensgeschichte vollendet haben.

Es gibt Nachrichten, die uns tiefer treffen als andere. Der Tod der Kessler-Zwillinge gehört dazu - nicht nur, weil zwei große Künstlerinnen von uns gegangen sind, sondern weil sie es so taten, wie sie lebten: unzertrennlich.

Alice und Ellen, 89 Jahre alt, waren ein seltenes Phänomen unserer Öffentlichkeit. Zwei Menschen, die sich von Geburt an wie Spiegelbilder durchs Leben bewegten - nicht identisch, aber miteinander verwoben. Ihr Erfolg, ihr Alltag, ihre Entscheidungen: fast alles im Doppelpack gedacht. Eine Dualität, die nicht erdrückte, sondern trug. Viele von uns kannten sie nur im Plural.

Nun haben sie auch den letzten Schritt gemeinsam vollzogen. Der begleitete Suizid, den sie bei der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben wählten, mag für manche fremd oder verstörend erscheinen. Doch für die beiden war es offenbar ein Akt der Konsequenz: ein selbstbestimmtes Ende, das ihrer Lebensform entsprach. Kein hastiger Ausweg, kein heimliches Verzagen - sondern ein stiller, bewusster Moment, den sie miteinander teilten.

Dass sie sogar in einer gemeinsamen Urne beigesetzt werden, wirkt wie der letzte Satz eines langen Duetts. Ein Ende, das zugleich stimmig und berührend ist. Wer ihr Leben verfolgt hat, versteht vielleicht: Für Alice und Ellen wäre jeder andere Abschied ein Bruch gewesen.

In diesen Tagen vor dem Totensonntag lohnt es sich, über diese besondere Verbundenheit nachzudenken. Über zwei Menschen, die einander nicht nur ähnlich sahen, sondern einander Halt gaben - bis zuletzt. Und über die Frage, wie sehr selbstbestimmtes Sterben auch ein Ausdruck gelebter Nähe sein kann. Wenn wir am kommenden Sonntag die Kerzen entzünden, erinnern wir uns nicht nur an die, die fehlen. Sondern auch daran, dass manche Beziehungen so tief sind, dass selbst der Tod sie nicht trennt.

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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