
St. Martin punktet mit dem Wetter
Heißer Kampf um OP-Masken und Desinfektionsmittel / Pool von Freunden als Ersatz für das lang verbotene Schwimmen am Strand
leidet natürlich doppelt unter diesen
Einschränkungen. Die Eltern
wollten ihren Kindern den Halloween
Spaß nicht nehmen. Ich
nahm eine Handvoll Bonbons aus
einem Glas auf dem Bartresen
und legte sie vor den Eigentümer
hin: „Diese Bonbons kannst du
sehen, sagte ich, „aber wenn ich
nur ein Virus auf meinem Finger
hätte, wäre dieses für unsere Augen
immer noch unsichtbar. Das
ist es, was die Menschen verunsichert
und trotzdem beginnen sie
wieder mit Umarmungen und
französischen Küsschen.“
Letztens kam meine Steuerberaterin
verspätet zu unserem Besprechungstermin.
Sie entschuldigte
sich damit, dass sie in der
Schule ihres Sohnes gewesen sei.
Kein Problem für mich, aber als
sie, nachdenklich eine Hand an
die Lippen führte, fragte ich sie,
ob sie nach der Schule schon ihre
Hände gewaschen hätte? Schnell
war die Hand wieder unten und
sie verschwand im hinteren Teil
des Büros. Dies ist nur ein Beispiel.
Mitte November war ich zur
Einführung des Beaujolais Nouveaux
eingeladen. Der neue Wein
überraschte meine Geschmacks-
Liste an, schüttelte den Kopf und
meinte, dass zwei der Substanzen
zur Zeit vergriffen seien. Als dann
endlich wieder Desinfektionsspray
und -tücher in den Supermärkten
verfügbar waren, deckte
ich mich damit ein, denn als Biologe
war mir klar, dass es zu einer
zweiten Welle kommen würde.
Zwar wurden die Kunden in
den Supermärkten nur in kleinen
Gruppen eingelassen. Überall ist
seitdem Maskenpflicht. Nur die
Restaurants, die über eine Außenterrasse
verfügten, durften öffnen.
Die Auflage war, die Bedienung
trägt Masken, OP-Handschuhe
und die Tische haben ausreichenden
Abstand. Nach der Halloween
Party in dem Restaurant eines
Kunden fragte ich ihn, wie
denn diese verlaufen sei. Er bestätigte,
dass die Feier gut besucht
gewesen sei, allerdings vermisste
er die lockere Stimmung, wie sie
noch bei der Augustfeier gewesen
sei. Ich erklärte ihm, dass im August
die Bewohner glaubten, das
Schlimmste sei überstanden. Aber
dann kam die zweite Welle. Nun
sind die Erwachsenen verunsichert.
Eine Insel, die als einzige Einnahmequelle
den Tourismus hat,
Insel eingestellt hatten. Nach
mehreren vergeblichen Anläufen,
sollten sie erst Mitte September
wieder einreisen können.
Am Anfang war auch auf der
Insel die Ratlosigkeit groß. Man
sollte sich durch eine Maske
schützen und Desinfektionslösung
benutzen. Beides war
schnell vergriffen. Die Apotheken
behielten ihren Maskenvorrat für
ihre Mitarbeiter und ich wurde
häufiger gefragt, wo man denn
meine Maske der Klasse 2 kaufen
könnte. Ich musste die Fragenden
enttäuschen, denn ich hatte diese
Masken im letzten Jahr erworben,
weil ich nicht wollte, dass mein
Maurer sich eine Staublunge holt,
wenn er die vom Vortag wieder
benutzt. Von meinem Vorrat gab
ich Masken an meine Vermieterin,
ihre Mutter und an meinen
Mechaniker und seinen Sohn ab.
Sogar Auto aufgebrochen
In unserer Inselzeitung las ich,
dass das Auto von zwei Krankenschwestern
aufgebrochen wurde,
weil man an die OP-Masken wollte.
Zur Frage nach Desinfektionsmitteln
druckte ich eine Mischanleitung
aus und zeigte sie meiner
Apothekerin. Sie schaute sich die
Jahr 2020. Meinen 70. Geburtstag
feierte ich allein auf meiner Terrasse.
Wenn man älter wird, sind
Geburtstage nicht mehr so wichtig.
Wertvoller Passierschein
Dann kamen die Schreckensmeldungen
aus China über das Coronavirus.
Die Grenze zum holländischen
Teil der Insel wurde geschlossen.
Passieren durfte man
nur mit einer Ausnahmegenehmigung.
Um wieder auf die französische
Seite zurückfahren zu dürfen,
benötigte man einen weiteren
Passierschein. Für mich als Handwerker
kein Problem. Auch meine
Vermieterin nutzte dies als mein
Assistent, um drüben Einkäufe zu
machen.
Die Ausgangssperre, (Lock
down (engl., oder Confinement,
franz.) störte mich nur in einem
Punkt. Ich durfte nicht mehr an
den Strand, um zu schwimmen.
Da ich die Monate März bis Anfang
Mai die Villa meiner amerikanischen
Freunde hütete, konnte
ich morgens meine Bahnen im
zwölf Meter langen Pool schwimmen.
Danach zog ich wieder zurück
in mein Studio, weil die Eigentümer
Mitte Mai kommen sollten.
Natürlich wurde daraus
nichts, weil auch amerikanische
Gesellschaften ihre Flüge auf die
Auch in diesem Jahr sendet Heinrich
Eitzen, E-Mail caribbeanartisan.
sxm@gmail.com, seine Grußbotschaft
von St. Martin:
Im Dezember vergangenen Jahres
besuchte ich meinen Freund und
Anwalt in Pau im Südwesten von
Frankreich, nahe der Pyrenäen.
Mein Freund würde mich gerne in
seiner Nähe haben wollen. Er
meinte, zehn Jahre Saint Martin
seien genug. Ich schaute mir die
kleine Universitätsstadt gut an,
aber im „Für und Wider“ schnitt
der Ort nicht so gut ab. Die Menschen
waren freundlich, aber ich
vermisste die Herzlichkeit und
Lockerheit meiner karibischen
Insel. Vielleicht lag es auch an
den Temperaturen. 16 Grad am
Tage und acht Grad in der Nacht
waren nicht gut für meine Kniegelenke.
Ich bewegte und fühlte
mich wie ein alter Mann.
Mit einer schweren Erkältung
flog ich am 18. Dezember wieder
ab, um Weihnachten mit meinen
Kindern und Schwager in Kiel zu
verbringen. Angeschlagen war
auch dieser Besuch nicht gerade
ein Genuss. Auch in Deutschland
war es mir eindeutig zu kalt. Kommende
Besuche werde ich nur
noch im Sommer planen.
Vornehm ist nicht alles
Das neue Jahr begrüßte ich mit
meiner Vermieterin und ihrer
Mutter. Die beiden hatten mich
zu einem Silvester-Menü in einem
vornehmen Restaurant eingeladen.
Allerdings konnte ich dem
120-US-Dollar-Essen nicht diesen
Preis abessen.
Auch von der Show bekamen
wir wenig mit, da wir im Nebenraum
saßen. Unsere Bedienung
ließ auch zu wünschen übrig. Ich
spreche da aus Erfahrung, da ich
früher selber gekellnert habe. Alles
in allem kein guter Start in das
nerven positiv. Erschreckend war
neben der viel zu lauten Musik,
dass die Besucher wieder zu eng
aufeinandersaßen. Klar, wenn die
Musik zu laut ist, muss man sich
näher an den Nachbarn halten,
um ein Wort verstehen zu können.
Auch die Kellner liefen ohne
Mundschutz herum. Ich probierte
den Wein und verabschiedete
mich dann.
Im Mutterland Frankreich ist
inzwischen die zweite Ausgangssperre
(Couvre feu) ausgerufen
worden. Zum Glück gilt dies noch
nicht hier. Ich hörte verschiedentlich
den Ausspruch: Die Coronapandemie
sei für uns wie eine
zweite Irma. Irma war der Major-
Hurrikan, der Anfang September
2017 95 Prozent der Insel zerstörte.
Inzwischen sind viele Häuser
wieder mit neuen Dächern versehen,
aber an einigen Ecken wird
immer noch gebaut.
Dieses Jahr wird Weihnachten
etwas stiller verlaufen, da ich die
warmen Temperaturen auf der Insel
denen in Deutschland vorziehe
und daher hierbleibe. Für meine
Vermieterin und ihre alte Mutter
werde ich wieder einen Adventskalender
mit kleinen Geschenken
kreieren und ansonsten
anfallende Arbeiten abhaken.
Ungewissheit nach US-Wahl
Meine amerikanischen Freunde
rechnen mit einem 40-prozentigen
Buchungsrückgang für ihre
Villa, seit sie drüben einen neuen
Präsidenten gewählt haben. Sie
vermuten dies wegen Steuererhöhungen
und möglicher Schließung
der Grenzen.
Wir können nur weiter hoffen,
dass die Biochemiker dieser Welt
Erfolge mit Antiseren gegen das
Corona-Virus haben werden und
danach eine weltweite flächendeckende
Impfung den Menschen
ihre Lebensqualität zurückgibt.
Sonnige Grüße aus der Karibik,
eine besinnliche Weihnacht und
ein hoffnungsvolles neues Jahr.
Insbesondere an meinen Bruder
mit Familie und meine Tante in
Groden nebst Familie.
Heinrich Eitzen
Maskenpflicht,
Abstand,
Warteschlangen
vor
dem Supermarkt
– das ist auch
auf St. Martin
Corona-Alltag.
Noch immer gibt es viele Dächer zu
reparieren.