
Ich setze meine Hoffnung auf die Impfung
Arne Mickeleit mitten drin im Gesundheitswesen in Paris / An Leichen im Container gewöhnt man sich nicht / „Helft den Alten, über die Runden zu kommen“
Elbe) direkt davor, an dem ich jeden
Abend auf dem Weg zur Arbeit
vorbeifahre.
Ich habe mal mit einem „Brancardier“
geredet. Das sind die Kollegen,
meist Männer, die die Patienten
mit ihren Betten in die
verschiedenen Stationen, OPSäle
und eben auch die Leichen
ins Leichenschauhaus bringen.
Viele von ihnen mussten bei unseren
Psychologen Hilfe suchen,
denn auch wenn es harte Burschen
sind, da es ein Knochenjob
ist, waren auch sie von der hohen
Anzahl von Toten schwer betroffen.
Auch die Art und Weise war
fürchterlich.
Ich überlasse es den Querdenkern
und Coronaleugnern sich
das vorzustellen, wie man Dutzende
Leichen in einen Maersk-
Container pfercht. Nach meinen
Sommerferien Anfang September
über die Jahre hinweg mittlerweile
schon über 200 Kollegen geimpft.
Oft impfe ich natürlich dieselben
wie das Jahr zuvor, doch dieses
Jahr, wie widersprüchlich, haben
wir mehr geimpft als je zuvor. Ich
hoffe, das wird auch so bei der
Impfung gegen den neuen Coronavirus.
Ich hoffe natürlich auch,
dass es tatsächlich keine besonderen
Nebenwirkungen geben wird.
Aber ich spiele da gerne das Versuchskaninchen.
Froh bin ich, dass es meiner Familie
gut geht und alle verschont
geblieben sind. Mein Sohn Lino
hat alle Prüfungen trotz Corona
bestanden und ist erfolgreich in
sein zweites Universitätsjahr gestartet.
Meine Tochter Emma-
Louise bringt in ihrem letzten
Grundschuljahr nur Einsen nach
Hause und freut sich auf die
6. Klasse nächstes Jahr.
Ich grüße jetzt abschließend an
dieser Stelle ganz besonders meine
Eltern, meinen Bruder und meine
Schwägerin und natürlich auch alle
meine Freunde und Bekannten.
Auch an alle CN-Leser in Cuxhaven
und rund um die Welt, dank
dieser Grußbrücke, ein tolles und
gesegnetes Weihnachtsfest. Lassen
Sie sich nicht unterkriegen und
trotzen sie den Umständen. Auch
ein Appell an alle jungen und gesunden
Menschen, kümmert euch
um die Armen, Alten und Schwachen.
Helft ihnen, über die Runden
zu kommen und seid für sie da, Einsamkeit
ist für viele unerträglich.
Zu guter Letzt ein großes Dankeschön
an Frau Maren Reese-Winne,
die diese Grußbrücke möglich
macht. Frohe Weihnachten und einen
guten Rutsch ins neue Jahr!
Herzlichst, Arne Mickeleit
rer Freiheit. Wie unschuldig war
die Weihnachtszeit noch vor einem
Jahr.
Andererseits war ich auch im
Urlaub und soll mich nicht beklagen.
Zuerst auf Korsika, wie immer,
wo die Strände tatsächlich
mehr oder weniger leer gefegt waren,
und dann noch ein paar Tage
in Nizza, zufälligerweise direkt
zum Start der Tour de France.
Ohne Zuschauer, was in Nizza
auch eingehalten wurde. Aber es
war trotzdem ganz schön was los.
Eines kann ich sagen, keiner hat
sich daran gewöhnt und keiner
will sich daran gewöhnen.
Ich persönlich setze alle meine
Hoffnungen auf die diversen
Impfprodukte. Wie in Deutschland
gibt es auch hier, und gab es
schon immer, viele Impfgegner.
Komischerweise ganz besonders
im Pflegebereich. Ich beteilige
mich jedes Jahr an der Werbekampagne
für die Grippeimpfung
des Pflegepersonals und habe
reichen werden hierher verlegt.
Das heißt, dass das Personal alle
Pathologien, die es im Krankenhaus
gibt, in einem sehr kleinen
Bereich pflegen muss. Da fehlt einem
ständig etwas und da man
nachts nur zu zweit ist, ist es sehr
zeitaufwendig und stressig.
Alleine das Einhalten der sehr
drastischen Hygienemaßnahmen,
das aufwendige An- und Ausziehen
und das Isoliertsein setzen
Körper und Geist ganz schön zu.
Ein gutes Beispiel: ein Patient ist
sehr, sehr krank, sehr anfällig und
hat eine Immunschwäche und ist
dann auch noch Covid-positiv.
Ein weiterer hat Tuberkulose und
ein dritter war positiv ohne Symptome,
aber bekam ab dem ersten
Tag in Isolation eine Grippe (!),
die er wohl mitgebracht hatte.
Wie soll man die Patienten vor
so vielen verschiedenen Krankheitserregern
schützen? Auf engstem
Raum? Nur durch die absolut
rigorose Hygiene. Das ist nicht
einfach. Aber wir haben das geschafft
und die Patienten sind
wieder in ihre verschiedenen Stationen
zurückgekehrt und vom
Covid geheilt.
Ende nicht abzusehen
Andere Fälle haben sie allerdings
ersetzt und somit ist kein Ende
abzusehen. Im Großen und Ganzen
geht es uns Pflegern und generell
uns Menschen hier in Paris
genauso wie allen anderen Menschen
auf der ganzen Welt. Wir
sehen das dann ja in der Grußbrücke.
Wir wünschen uns sehnlichst
ein Ende der Pandemie. Wir haben
keinen Bock mehr auf Pandemie:).
Keine Lust mehr auf Masken.
Auf Einschränkungen unse-
dann die gute Neuigkeit, der Container
war verschwunden! Doch
war die Freude nur von kurzer
Dauer, im November stand er
wieder da, wieder wie eine Warnung.
Und da ich mich um die Coronastation
kümmere, nehme ich
mir die Mahnung jedes Mal zu
Herzen und schütze mich, meine
Patienten, Kollegen, Familie,
Freunde und Mitbürger so gut ich
kann. In meinem anderen Krankenhaus
ist es das gleiche. Auch
wenn wir ein kleines Krankenhaus
sind, hatten wir bis Ende
Juni eine reine Covidstation, die
dann über den Sommer bis in den
Herbst schließen konnte und jetzt
seit November wieder eingerichtet
werden musste. Auch diese ist
jetzt ständig zu 50 bis 90 Prozent
belegt. Das Schwierige hier: positive
Patienten aus allen Fachbe-
Arne Mickeleit berichtet ohne Beschönigungen
über Corona in
Frankreich:
Hallo, liebe Cuxhavenerinnen
und Cuxhavener! Es ist wieder
Weihnachtszeit und somit auch
Grußbrückenzeit. Also ran an den
Computer und ein paar Neuigkeiten
aus Paris und aus Frankreich.
Wie ich schon im Frühjahr in der
Corona-Grußbrücke erwähnte,
wurden wir hier in der Großstadt
sehr hart vom Virus getroffen.
Und auch wenn sich die Situation
nach dem ersten schweren Lockdown
etwas beruhigt hatte, sind
auch hier die Zahlen der Erkrankten
und Todesfälle schnell wieder
in die Höhe geschnellt, sobald
sich die Menschen wieder frei bewegen
und treffen konnten.
Ich bin immer noch als Krankenpfleger
tätig. Weiterhin in der
Onkologie (hauptsächlich Lungen,
Prostata- und Brustkrebs)
und seit Juni auch als Zweitjob in
der Psychiatrie – öfter mal was
Neues! Die Psychiatrie befindet
sich in einem sehr alten und immens
großen Pariser Krankenhaus
(Hôpital Max Fourestier,
Nanterre). Dort gibt es eine Covidstation
schon seit März.
Wie ein Mahnmal
Die war zwischen Juni und Anfang
September leer, doch dann
ging es wieder los und die zwölf
Zimmer waren schnell belegt. Da
es ein großes Krankenhaus ist,
gibt es auch ein großes Leichenschauhaus.
Doch das war bei meiner
Ankunft im Juni völlig überlastet
und es stand, wie eine Mahnung,
ein riesiger Frachtcontainer
(wie die auf den Schiffen auf der
Den Großen, Lino und Emma-
Louise, geht es gut.
„Schöne Grüße
aus der Psychiatrie,
das mit dem
An- und Ausziehen
ist zum
verrückt werden“,
sagt Arne
Mickeleit sarkastisch.