Adventsspendenaktion: Was die Flüchtlingsinitiativen in Cuxhaven & Cadenberge leisten
Die Adventsaktion "CN/NEZ-Leser helfen" unterstützt zwei lokale Flüchtlingsinitiativen in Cuxhaven und Cadenberge, die mit Herzblut und Solidarität Geflüchteten helfen und die Gemeinschaft stärken. Erfahren Sie mehr über ihre bewegende Arbeit.
Die traditionelle Adventsaktion "CN/NEZ-Leser helfen" von der Cuxhaven-Niederelbe Verlagsgesellschaft (CNV) ist diesmal den Flüchtlingsinitiativen "Offenes Herz Altenwalde" (OHA) und "Cadenberge hilft" gewidmet. Um die jeweilige Arbeit vorzustellen, haben die Initiativen gleichlautende Fragen erhalten. Darauf geben Ulrich "Uli" Beushausen und Christa Wiese als ehrenamtliche Verantwortliche für "Cadenberge hilft" sowie Mirjam Schneider als Koordinatorin für das OHA Antworten. Sie erzählen Märthe Werder, wie die Initiativen entstanden, worauf sie auch nach Jahren noch angewiesen sind und woran sie sich besonders erinnern.
Zu welchem Anlass wurde Ihre Bürgerinitiative gegründet?
Uli Beushausen (Cadenberge hilft): Der Anlass der Gründung war die Einrichtung einer Notunterkunft in der Sporthalle der Berufsbildenden Schule in Cadenberge. Es wurden Menschen benötigt, die zum Beispiel Bekleidung aus der von der Diakonie eingerichteten Kleiderkammer verteilen oder auch Kleiderspenden annehmen. Wir haben umgehend damit begonnen, zum Beispiel den Gebrauch der vorgehaltenen Waschmaschinen zu erklären, Deutschunterricht zu erteilen und Ausflüge in die Umgebung zu organisieren - alles, um etwas Abwechslung im Alltag zu ermöglichen und die neue Umgebung kennenzulernen.

Christa Wiese (Cadenberge hilft): Auslöser war meines Erachtens schon die damals anzutreffende "Willkommenskultur" und die Überzeugung, dass wir das schaffen. Helfen war damals eine starke Motivation.
Mirjam Schneider (Offenes Herz Altenwalde): Am 27. Oktober 2015 drängten sich im Gemeindehaus zahlreiche Cuxhavenerinnen und Cuxhavener. Sie wollten beraten, wie den Geflüchteten in der neuen Notunterkunft in der Altenwalder Kaserne geholfen werden könne. Unter dem Dach der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Altenwalde entstand daraufhin das Offene Herz Altenwalde - ein Name, der Programm wurde. Schon nach wenigen Tagen öffnete ein Begegnungscafé, in dem Geflüchtete Rat, Unterstützung und ein offenes Ohr fanden.
Was sind das für Menschen, die bei Ihnen ehrenamtlich mithelfen?
Uli Beushausen (Cadenberge hilft): Die Ehrenamtlichen sind so vielfältig, wie das Leben. Vom Lehrer bis zum Hausmann, von der Rentnerin bis zum Menschen, der selbst als Flüchtling zu uns kam. Alle eint eine besondere Solidarität für Menschen, die schlimmste Erfahrungen machen mussten. Bei einigen Patinnen und Paten, wie wir die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer nennen, lag die Motivation in eigenen Fluchterfahrungen im Faschismus beziehungsweise zum Ende des 2. Weltkriegs. Auch religiöse Motivation spielt eine Rolle.
Christa Wiese (Cadenberge hilft): Mittlerweile unterstützen auch ehemalige Geflüchtete aus Afghanistan und Syrien.

Mirjam Schneider (Offenes Herz Altenwalde): Rund 60 Menschen engagieren sich beim OHA. Viele von ihnen sind im Ruhestand und möchten ihre Zeit einem guten Zweck widmen. Aber auch Berufstätige bringen sich ein - beispielsweise im Sprachpartner-Projekt, in dem sich Sprach-Tandems über acht Wochen regelmäßig treffen. Junge Menschen haben wir leider kaum im OHA - das würden wir gerne ändern! Gerade bei den Sprach-Tandems freuen sich Nichtdeutschsprachige über Gleichaltrige.
Benötigen Sie weitere ehrenamtliche Kräfte?
Uli Beushausen (Cadenberge hilft): Viele Paten sind im Rentenalter. Wir suchen daher ständig auch Menschen, die sich für unser friedliches Miteinander in unserer Gesellschaft durch Engagement einsetzen möchten. Unser Einsatz füreinander ist zutiefst demokratiestärkend. Gerade jetzt, in diesen Zeiten, wo so viel rassistisches Gedankengut verbreitet wird.
Mirjam Schneider (Offenes Herz Altenwalde): Ja, sehr gerne! Unterstützung können wir in allen Projekten gebrauchen. Im Secondhand-Kaufhaus freuen sich Verkaufs- und Annahmeteams über tatkräftige Hilfe. Auch im Café Freundschaft sind neue Gesichter herzlich willkommen. Wer beim Sprachunterricht unterstützen möchte, ist ebenfalls sehr gefragt. Hier stehen wir aktuell vor der Herausforderung, dass offizielle B2-Kurse fehlen. Deshalb haben wir spontan einen weiteren Kurs eingerichtet. Wir versuchen stets, uns den Bedarfen der Menschen anzupassen und unsere Angebote weiterzuentwickeln.

Welche Aktivitäten bietet die Initiative an?
Cadenberge hilft: Deutschkurs für Ukrainerinnen und Ukrainer, Tanzkurs für Kinder, Schachspielen für Kinder, Internationales Café Cadenberge und das Repaircafé.
Mirjam Schneider (Offenes Herz Altenwalde): Wir haben mehrere Kernprojekte.
- Das Secondhand-Kaufhaus: Hier gibt es gebrauchten, günstigen Hausrat. Einkaufen dürfen alle Bürgerinnen und Bürger, Menschen im Bürgergeldbezug erhalten Rabatt.
- Die Sprachangebote: Derzeit laufen zwölf kostenlose Angebote, vier davon mit Kinderbetreuung. Dank Kooperationen mit der Freien Evangelischen Gemeinde, dem Stadtteilverein Ritzebüttel aktiv, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der Süderwischschule, dem Abendroth-Gymnasium und dem Haus der Jugend können die Kurse an sechs Standorten im gesamten Stadtgebiet stattfinden.
- Das Café Freundschaft: 2022 zunächst als Ukrainecafé ins Leben gerufen, steht es heute allen Nationalitäten offen. Bei Kaffee und Keksen wird geklönt, Deutsch im Gespräch geübt und auch mal ein Brettspiel gespielt.
- Jobcoach: Aufgrund unklarer Finanzlage läuft dieses Projekt zu unserem großen Bedauern zum Jahresende aus. Hier wurden insbesondere Geflüchtete auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt begleitet. Der Wegfall trifft uns schmerzlich, da immer mehr Menschen die sprachlichen Voraussetzungen für den Einstieg in den Arbeitsmarkt mitbringen.
Darüber hinaus organisiert das OHA regelmäßig große Begegnungsfeste im Bürgerpark sowie Veranstaltungen zur Interkulturellen Woche oder zum Tag der Offenen Gesellschaft. Ehrenamtliche unterstützen bei vielen kleinen Fragen zum Alltag in Deutschland. Und seit acht Jahren läuft die Aktion "Weihnachtsfreude für alle Kinder".

Gibt es ein Ereignis, das Sie heute noch in besonderer Weise berührt?
Uli Beushausen (Cadenberge hilft): Solche besonderen Ereignisse gibt es viele. Eines war bei einem Hausbesuch einer Familie aus der Ukraine. Plötzlich ging die Sirene, ein Feueralarm oder etwas Ähnliches. Sofort schmissen sich zwei Kinder unter den Tisch. Sie suchten Schutz vor den Bomben, die sie erwarteten. Das war in der ukrainischen Realität erforderlich. Sehr plötzlich war damit die fürchterliche Realität des Krieges in der Ukraine für mich gegenwärtig. So viel Angst und Leid hatten die Kinder schon erleben müssen, dass es noch immer hier im deutschen Frieden nachwirkt.
Christa Wiese (Cadenberge hilft): Es gibt einige wenige Ereignisse, aber zwei sind für mich besondere. Die dramatische Flucht eines Professors der Universität Kabul (Afghanistan) mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern vor der Verfolgung durch die Taliban über Islamabad (Pakistan) im Juli 2021 nach Leipzig und später Hamburg. Das war für die Familie dort lebensbedrohend, und erst in letzter Minute wurden sie durch Unterbringung in "safe houses" gerettet und ausgeflogen. Die Familie war im Oktober auf dem Wiedersehensfest. Wir stehen in ständigem Kontakt, ich bin die "deutsche Oma". Das zweite Ereignis: Im Februar 2017 fand mein Ehemann einen Drohbrief im Briefkasten. Inhalt: "Wenn ihr weiter den Flüchtlingen helft, brennt euer Haus." Er hat den Brief zur Polizei Hemmoor gebracht. Unser Reetdachhaus, das wir seit 1981 aufgebaut hatten, ist am 7. September 2017 morgens abgebrannt. Wir waren nicht im Haus. Mein Mann war mit unserer Hündin im Auto unterwegs zum Arzt. Ich war unterwegs zum BAMF [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Anm. d. Red.] nach Oldenburg mit einer Flüchtlingsfrau und ihrem Kleinkind zur Asylanhörung. Wir haben alle Erinnerungen, Fotos, Wunschzettel unserer Söhne verloren, aber wir leben. Besonders berührt hat uns dann, dass bei unserem Übergangsquartier in Cadenberge am nächsten Tag volle Plastiktüten mit Kleidung, Bettwäsche et cetera abgegeben wurden. Afghanische Frauen umarmten uns weinend und sagten: "Christa, komm mit zur Kleiderkammer." Später sagten sie mir, dass sie mit uns fühlten, sie waren "wütend" auf die Täter.
Mirjam Schneider (Offenes Herz Altenwalde): Besonders ans Herz geht mir jedes Jahr die Weihnachtsaktion. Bis zu 300 Kinder dürfen sich ein Geschenk im Wert von bis zu 25 Euro wünschen. Die Wunschzettel hängen im Secondhand-Kaufhaus am Wunschbaum und werden von Cuxhavenerinnen und Cuxhavenern erfüllt. Die Geschenke kommen anschließend zurück ins Kaufhaus und werden dort von den Familien abgeholt. Mich berühren vor allem die Rückmeldungen der Spenderinnen und Spender. So viele Menschen möchten vor Ort helfen und Gutes tun. Die Firma La mer übernimmt jedes Jahr 60 Geschenke, Siemens hängt 50 Wunschkugeln in den Abteilungen aus, damit Mitarbeitende Wünsche erfüllen können. Diese Aktion zeigt mir, dass wir trotz aller Herausforderungen eine Gemeinschaft sind, die zusammenhalten kann - und die, trotz eines rauer werdenden gesellschaftlichen Tons, immer wieder auf jene Menschen schaut, die weniger Geld im Geldbeutel haben.

Zu den Personen:
- Uli Beushausen ist 73 Jahre alt und war in seinem Berufsleben Sozialarbeiter in der Region. Er hat lange in der Heimerziehung gearbeitet, vorher im Jugendamt und danach über 20 Jahre in der sozialpädagogischen Familienhilfe. Zu Beginn der Flüchtlingsarbeit sprach ihn die Mitarbeiterin beziehungsweise Sozialarbeiterin des Diakonischen Werkes in Cadenberge, Birgit Nahrwold, an, ob er in der Flüchtlingsarbeit die Kleiderkammer zunächst mit aufbauen könnte. Zunächst lief es laut Beushausen "semiprofessionell" an, um es dann über das Ehrenamt laufen zu lassen. Beushausen ist verheiratet, hat eine 40-jährige Tochter und lebt in Cadenberge. Geboren ist er im Harz bei Osterode.
- Christa Wiese ist 76 Jahre alt und wurde in Hamburg geboren. Im Jahr 1961 bestand sie als Mädchen und Arbeiterkind die Prüfung zum Gymnasium. Sie machte im Jahr 1969 Abitur und studierte Rechtswissenschaften. Jahrzehnte später war sie juristisch ehrenamtlich und im Betriebsrat tätig. Das Studium musste sie nach eigenen Angaben aus familiären Gründen aufgeben. Ihr erster Arbeitgeber war dann die Lufthansa in Hamburg mit Fluggast- und Flugzeugabfertigung. Da die Lufthansa damals keine Pilotinnen ausbildete, begann sie aus großer Überzeugung eine Ausbildung zur Heilpädagogin bei einer staatlichen Sonderschule in Hamburg. Mit dem Umzug von Hamburg in die Wingst im Jahr 1981 begann auch das händische, bauliche Sanieren eines verfallenen Bauernhauses, eines Baudenkmals. Damit begann sie mit ihrem Mann und den beiden Adoptivsöhnen, damals 6 sowie 8 Jahre alt und Heimkinder. Im Landkreis Cuxhaven begann sie ab 1981 selbständig die ambulante Haus-Frühförderung anzubieten, in Zusammenarbeit mit den Landkreisen Stade und Cuxhaven, der Lebenshilfe Hemmoor, Ärzten und anderen Institutionen. Außerdem ging es auch darum, die damals recht neue Form der Förderung von Kindern bis zur Einschulung bekannt zu machen. Die Leitung eines Behindertenkindergartens in Bremerhaven sowie konzeptionelle Arbeit für einen Integrationskindergarten schlossen sich an. Berufliche Erfahrungen sammelte sie dann noch in Unternehmen der Raumfahrt, des Verlagswesens, im Fernsehbereich sowie zum Abschluss ihrer Angestelltentätigkeiten als Datenschutzbeauftragte einer deutschen Tochter-GmbH eines US-amerikanischen Konzerns.
- Mirjam Schneider stammt aus München, zog für das Studium in den Osten (Eberswalde) und strandete danach in Berlin. Dort arbeitete sie zuletzt in einem Grünen-Abgeordneten-Büro sowie im Berliner Büro eines Europaabgeordneten. 2014 zog sie - wegen des Meeres - nach Cuxhaven. Nach der Elternzeit stieg sie im Mai 2016 beim OHA als Koordinatorin ein.

So kommt Ihre Spende an:
- Unsere inzwischen traditionelle Adventsaktion "CN/NEZ-Leser helfen" ist diesmal den Flüchtlingsinitiativen "Offenes Herz Altenwalde" und "Cadenberge hilft" gewidmet.
- Die Cuxhavener Nachrichten und die Niederelbe-Zeitung sowie das Newsportal cnv-medien.de organisieren die Spendenaktion, um diese Arbeit zu unterstützen.
- Die CN und NEZ stellen über die Adventszeit das ehrenamtliche Engagement in den Mittelpunkt.
- Wichtig: Bis zum 31. Dezember können Sie Spenden auf die entsprechenden Konten einzahlen.
- Spendenbescheinigungen werden nach Ende der Aktion ausgestellt. Wenn Sie eine Spendenbescheinigung wünschen, geben Sie bitte Ihren Namen und Ihre Adresse auf dem Überweisungsträger an. Die Namen der Spenderinnen und Spender werden in den Print-Ausgaben von Cuxhavener Nachrichten und Niederelbe-Zeitung veröffentlicht. Wer das nicht wünscht, vermerkt dies bitte auf dem Überweisungsträger.
- Das Konto für "Cadenberge hilft": Kirchengemeinde Cadenberge; Vermerk: Flüchtlingshilfe Cadenberge; WESPA Cadenberge; BIC: BRLADE21BRS; IBAN: DE28 2925 0000 0161 0002 40.
- Das Konto für "Offenes Herz Altenwalde": Ev.-luth. Kirchenamt Elbe-Weser; Vermerk OHA; SSK Cuxhaven; IBAN DE 32 2415 0001 0000 1089 02.