Brillantes Bundesjugendballett in der Otterndorfer Sole-Therme
Diese Freundschaft dauert schon mehr als zehn Jahre. Das unterstreicht Yohan Stegli, organisatorischer Leiter des Bundesjugendballetts, das das leergepumpte Schwimmerbecken der Sole-Therme in Otterndorf in eine Tanzbühne par excellence verwandelte.



Mehr noch: Das begeisterte Publikum erlebt nicht nur Tänzerinnen und Tänzer der Extraklasse, sondern auch zehn ausgezeichnete junge Musikerinnen und Musiker, die die Vorstellungen zu einem Gesamtkunstwerk werden lassen.
Das 2011 von Ballett-Legende John Neumeier gegründete Bundesjugendballett ist eine Tanzcompagnie von acht jungen internationalen Talenten - alle erst um die 20 Jahre alt. Ihre Tanzausbildung haben sie bereits abgeschlossen. Jetzt arbeiten und treten sie maximal zwei Jahre lang mit dem Bundesjugendballett auf. Yohan Stegli vergleicht sie mit der U 21 im Fußball. Die acht Tänzer in Residenz würden im Bundesjugendballett ihren letzten Schliff als Mensch und Künstler finden. Künstlerischer und pädagogischer Leiter ist Kevin Haigen, der - wie immer - in Otterndorf Präsenz zeigt und für Präzision und Perfektion der Companie steht.
Für ballettbegeisterte Kinder und Jugendliche ist die Freundschaft zwischen der Samtgemeinde und dem Bundesjugendballett ein echter Benefit. Sie erhalten die Chance zur Teilnahme an einem Workshop mit den Profis.
Unvergessliche Ballettstunde
Ballettmeister Yohan Stegli und die junge Companie haben sichtlich Freude daran, ihren eigenen Elan dem Nachwuchs zu vermitteln. Bei so viel Empathie, Offenheit und Begeisterung ist die Aufregung bei den meisten ganz schnell verflogen. Nach dem Vorstellungskreis auf der Bühne geht es dort auch schon los. 14 Mädchen sowie ein Junge - alle zwischen sechs und neun Jahren - erleben am Sonntagnachmittag im Schwimmbad eine Ballettstunde, die sie sicherlich nicht so schnell vergessen werden. Das Gleiche gilt für die Jugendlichen, die im Anschluss auf der Bühne an der Reihe sind.
Der Funke springt rasant über, das Lampenfieber hat keine Chance. Auf spielerische Art die jüngsten Eleven an den Tanz, an die Körperlichkeit und an die Ausdrucksfähigkeit heranzuführen, vermag Yohan Stegli in der ihm eigenen souveränen, dabei zugewandten Art. Pianistin Mayuko Arita begleitet die Übungsstunde - und auch sie geht mit der Liedauswahl auf das Alter der Kinder ein und nimmt dadurch mögliche Hemmungen. Die jugendlichen Tänzerinnen und Tänzer des Bundesjugendballetts tun mit ihrer Lockerheit, offenen Art und Freundlichkeit das Übrige, um die Bewegungsbegeisterung der Kinder zu fördern und sie vielleicht zu motivieren, bei der Stange zu bleiben. Gegangen und gehüpft wird auf der Bühne nicht lange. Die Tänzer ermuntern den Nachwuchs gemeinsam mit dem Ballettmeister recht schnell sogar zu komplexen Schrittfolgen, die bis in eine eigene kleine Choreografie münden.
Klassik trifft Moderne
Die Tänzerinnen und Tänzer des Bundesjugendballetts haben jeder für sich großes Solo-Talent. Und sie auch wichtige Botschafter des Tanztheaters. Das ist bei dem Workshop zu spüren, aber vor allem bei den sehr intensiven Aufführungen. Ihrem Motto, den klassischen Tanz zu würdigen und gleichzeitig den Wandel mitzugestalten, werden Miguel Alves Oliveira, Bronte Barnett, Zofia Jablonska, Hannah McCloughan, Taíssa Pache Pimentel, Eleftherios Sarafis, Dmytro Teletskyi, Oskar Weissel Hetzel und Christian Flori mit ihrem in der Sole-Therme gebotenen Programm gerecht. Klassik trifft hier Moderne. Von schlicht bis opulent reicht die Bandbreite. Mit nur wenigen Requisiten erzeugen sie mannigfaltige Szenen.
Begonnen wird mit einer Reminiszenz an den Intendanten des Bundesjugendballetts mit Auszügen aus dem Ballett "Dämmern", einer Choreografie von John Neumeier, die am 18. Oktober 1973 in Hamburg Premiere hatte. "Ashokan Farewell ist das aktuellste Stück. Die Choreografie von Edvon Revazov kam erstmalig am 17. Oktober dieses Jahres Premiere im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater auf die Bühne. Ein schweres Schiffstau, ausgelegt zu einem Quadrat, wird zum Spielraum, in dem junge Männer wie unbeschwert herumtollen können.
Der Bogen spannt sich bei der Aufführung von berührend zarten Duetten hin zu starken Gruppenbildern. Viele dieser Choreografien stecken voller Symbolik. "Strange Fruits" aus dem "Die Unsichtbare" (1922) und "Das Ende ist der Anfang" von Elefterherios Sarafis (März 2024) sind zum Beispiel ein starker Appell für Toleranz, Vielfalt und gutes Miteinander - und dies in einer Kombination aus Wort, Musik und Tanz.
In "The Unsung", eine Choreografie ohne Musik von Jose Limon aus dem Jahr 1970 erweckt die Companie einen indigener Stammestanz zum Leben, die aufgefächerten Hände erinnern an den Federschmuck von Häuptlingen, die stampfenden Füße an Trommeln. Auch solistisch meistern die Tänzerinnen und Tänzer die Herausforderung. Einen fulminanten Schlussakkord setzten zwei Choreografien von Sybil Shearer, bei denen nicht nur die Tänzer, sondern auch die Musiker unter Leitung von Mayuko Arita, noch einmal alles geben - sehr zum Dank des begeisterten Publikums.
Ann-Christine Anderson von der Sole-Therme freut sich, dass der Besuch des Bundesjugendballetts auf hervorragende Resonanz stößt. Die Besucherzahlen seien sogar gestiegen. Froh äußert sich Samtgemeindebürgermeister Frank Thielebeule über die langjährige gute Verbindung zum Bundesjugendballett und seinen Machern. Aber er unterstreicht auch die Bedeutung von Sponsoren, die es erst ermöglichen, dass es in Otterndorf zu derartigen hochkarätigen Auftritten kommen kann.