Pflegedienst in Otterndorf ist insolvent: Das sind die Gründe für das Aus
Die Altenpflege- und -Betreuungseinrichtung Freie soziale Dienste zwischen Elbe und Weser e.V. ist insolvent. Mit der Arbeit des Vereins mit Sitz in Otterndorf ist bereits Schluss. Die zum Aus führende wirtschaftliche Schieflage hat mehrere Gründe.
Vor der Villa an der Bahnhofstraße stehen Rollatoren, Rollstühle sowie Hausrat zum Flohmarkt-Verkauf. Gestapelter Sperrmüll alter Möbel wartet von dem "Haus Ella" auf Abholung. Als Insolvenzverwalter wurde Jan M. Antholz aus Cuxhaven eingesetzt, er war bereits seit zwei Monaten als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig - und bedauert seht, dass er diesen Verein nicht sanieren kann: "Selten ist mir eine Begleitung so schwergefallen, weil es für die alten Menschen im Haus Ella sowie in der Tagespflege ein schöner Raum war." Lieber saniere er, als dass etwas geschlossen werden müsse, so der Jurist.
Die Freien sozialen Dienste zwischen Elbe und Weser sind eng verbunden mit Monika Kirsch, damals wie heute 1. Vorsitzende. Die Diplom-Psychologin war zuvor Pflegedirektorin des Otterndorfer Kreiskrankenhauses. Die Vereinsgründung erfolgte 1991. Pflegekräfte verließen ihre sicheren Stellen im Krankenhaus, um im ambulanten Pflegedienst der Freien Sozialen Dienste zu arbeiten. Im Jahr 1997 starteten dann die Freien sozialen Dienste zunächst im Himmelreich in Otterndorf mit der Tagesbetreuung. Es wurden auch ambulante Pflegedienste geleistet.
Im Jahr 1998 kaufte der Verein die Villa in der Bahnhofstraße, um dort die Tagespflege anzubieten. Weil sich bereits in der Tagespflege die Betreuung von an Demenz Erkrankten als Schwerpunkt herausstellte, wollte man eine Unterbringungsmöglichkeit schaffen. 2005 öffnete das "Haus Ella" in der Otterndorfer Schleusenstraße mit einem Konzept einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft für demenziell Erkrankte, die dort in Appartements so selbstständig wie möglich lebten.
Die Krise begann in der Coronazeit
Die Krise der Freien Sozialen Dienste habe mit Corona begonnen, diese Zeit habe die Liquidität aufgezehrt, erklärt der Insolvenzverwalter. Dazu gekommen sei - wie auch in anderen Pflegeeinrichtungen - das politische Umfeld wie gestiegene Mindestlöhne für Pflegekräfte bei bis heute fehlender Refinanzierung. Eine kostendeckende Arbeit sei insbesondere für einen kleinen Träger besonders schwer. Und als dritten Punkt machte der Insolvenzverwalter den Fachkräftemangel in der Pflege aus. Auch hätte sich keine Nachfolge für die Vorsitzende gefunden, die mittlerweile das Rentenalter erreicht habe und die Pflegeeinrichtung mit großem Engagement geführt habe.
Jan Antholz bedauert sehr, dass es zu keiner Rettung kommen kann und der Betrieb zum 1. September eingestellt werden musste, weil es der Verein wirtschaftlich und personell nicht mehr geschafft habe. Es habe sich keiner gefunden, der zu einer Übernahme bereit gewesen sei, kleine und große Mitbewerber hätten abgewunken.
"Alle konnten geordnet und gut untergebracht werden"
Glücklicherweise hätten sich für die Bewohner der Alters-WG - am Ende seien es noch elf Leute gewesen - Lösungen gefunden: "Alle konnten geordnet und gut untergebracht werden. Das war nicht leicht, aber uns allen wichtig. Ich habe eine große Solidarität der anderen Träger erlebt, die sich bemüht haben, Kapazitäten zur Verfügung zu stellen."
Bei den freigestellten 18 Mitarbeitern zeigt der Insolvenzverwalter angesichts das Fachkräftemangels und vieler Jobangebote am Markt Zuversicht. Wie bei einer GmbH ist auch im Falle der Insolvenz in der Regel nur das Vereinsvermögen, nicht aber das einzelner Personen, betroffen. Und Jan M. Antholz betont: "Es wurde ordentlich und redlich gewirtschaftet, es gibt keine vorwerfbaren Fehler und es wurde kein Geld beiseitegeschafft."
