Reetdachsanierung in Lamstedt: 500 Jahre Geschichte und Handwerk erhalten
Mit einer Bronze-Plakette ehrt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Familie Tiedemann, die seit Generationen ein denkmalgeschütztes Reetdachhaus pflegt und erhält, ein lebendiges Zeugnis von 500 Jahren Geschichte und Tradition.
Der Ort Seth gehört zur Börde Lamstedt und wurde bereits im Jahr 1004 in einer Urkunde von König Heinrich II. über das Erbe von Graf Wigmann II. mit der Bezeichnung Setila erwähnt. Ein verschlungener Weg, gesäumt von hohen Bäumen, führt in Seth zu dem Reetdachhaus der Familie Tiedemann.
Seit über 500 Jahren lebt die Familie auf dem Grund und Boden, auf dem auch das denkmalgeschützte Haus steht - aktuell mit drei Generationen. Das zentrale Gebäude ist ein Zweiständerbau von 1861 - ein langgestrecktes Fachwerkhaus mit Backsteinausfachung, reetgedecktem Satteldach und ortstypischen Gestaltungselementen wie Halbwalm, Brettverschalung am Wirtschaftsgiebel und den charakteristischen Niedersachsenpferden als Giebelzier. Ergänzt wird das Ensemble durch weitere historische Nebengebäude wie Kornscheune, Melkerhaus und Stall. An der Tür des Hauses ist die Zahl 1861 zu finden.


Bronze-Plakette des Denkmalschutzes
Am 26. November verlieh die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) dem Denkmaleigentümer Dirk Tiedemann eine Bronze-Plakette. Überbracht wurde sie von Dr. Reinhold Kolck, dem Ortskurator Stade. Die Plakette trägt den Hinweis auf die Förderung durch die Stiftung und die GlücksSpirale und soll stellvertretend an die vielen privaten Unterstützer erinnern, die solche Projekte ermöglichen. Gleichzeitig soll sie weitere Menschen motivieren, sich für den Erhalt historischer Bausubstanz zu engagieren.

In diesem Jahr unterstützte die DSD die Reetdachsanierung auf der Westseite des Hauses Seth 2 mit 37.500 Euro, bei Gesamtkosten von 75.000 Euro. "Zum vierten Mal habe ich es jetzt erlebt, dass das Dach neu eingedeckt wird", erzählt Uwe-Karsten Tiedemann, der Vater von Dirk Tiedemann, der seit seiner Geburt in dem Haus lebt. Unter dem Wetterhahn auf dem Dach fehlen zwar ein paar Buchstaben, doch angebracht wurde er einst von Dirk Tiedemanns Urgroßvater Barthold Tiedemann. Eigentlich sollte das Eindecken rund fünf Wochen dauern - letztlich wurden über zwei Monate daraus, so Dirk Tiedemann.

Spuren der Vergangenheit
Auch im Inneren des Hauses finden sich viele Spuren der Vergangenheit. Eine alte Truhe bewacht Friedel Tiedemann wie ihren Augapfel. An den Wänden der Diele hängen Fotos der Vorfahren und ein altes Wappen, das für die Familie nachgezeichnet wurde. Die Scheune wird von der Familie nicht mehr für Tiere genutzt, wie auch der Heuboden. Am Giebel befindet sich eine Uhlenflucht, also ein Eulenloch. Ein Durchlass, der dem Rauchabzug diente und auch den Eulen Unterschlupf bot, die den Heuboden mäusefrei hielten.
Das Anwesen reiht sich in die mehr als 560 historischen Gebäude ein, die die Stiftung bislang allein in Niedersachsen mithilfe von Spenden, Treuhandstiftungen und der GlücksSpirale fördern konnte.

14 Punkte bis zur Denkmalförderung
Der Ablauf der Denkmalförderung umfasst insgesamt 14 Punkte. Nach einem Beratungsgespräch mit dem potenziellen Antragsteller folgt die formelle Antragstellung. Die Frist endet am 31. August für das Folgejahr. Danach erfolgt die Prüfung der Unterlagen und gegebenenfalls eine Besichtigung vor Ort. Nach der Abstimmung mit Finanz- und Kooperationspartnern folgt die Bewertung der Anträge gemäß der Förderrichtlinien. Die Wissenschaftliche Kommission berät über die Förderanträge und gibt Empfehlungen an den Vorstand. Der Vorstand entscheidet über das Förderprogramm und verschickt die entsprechenden Benachrichtigungen im ersten Quartal des Jahres. Nach einer Aktualisierung der Unterlagen bei Baureife wird der maßnahmengebundene Fördervertrag erstellt. Die Laufzeit beträgt 13 Monate. Abschließend folgt die Umsetzung der bewilligten Maßnahmen unter Begleitung der Fachbehörden für Denkmalpflege und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist die größte private Initiative für Denkmalpflege in Deutschland. Seit 1985 setzt sie sich kreativ, fachlich fundiert und unabhängig für den Erhalt gefährdeter Baudenkmale ein. Ihr Ansatz ist ganzheitlich und reicht von akuten Rettungsmaßnahmen über pädagogische Programme für Schulen und Jugendliche bis hin zur bundesweiten Aktion "Tag des offenen Denkmals".
