Stille Weihnachtsmärkte? Veranstalter im Kreis Cuxhaven gehen auf Nummer sicher
Lizenzgebühren für Musiknutzung sind weniger durch die turnusmäßigen Anpassungen gestiegen; Veranstalter klagen über Kostensprünge, seit die Verwertungsgesellschaft GEMA den (virtuellen) Zollstock anlegt.
Hakan Bingöl kann ein Lied davon singen: Ja, die GEMA-Gebühren. Die seien auf jeden Fall eine Belastung. Der "Winterzauber"-Veranstalter achtet deshalb akribisch darauf, welche Musik bei seinem Markt aus den Lautsprechern dringt. Es gebe durchaus lizenzfreie Tracks, die allerdings Geld kosten. Ohnehin komme man nicht umhin, eine Playlist zu erstellen - und zu dokumentieren, welche Titel gespielt wurden. "Es ist echt der Wahnsinn", stöhnt der Cuxhavener Gastronom. Irgendwann stelle sich zwangsläufig die Kostenfrage, zumal neben der GEMA-Gebühr lokal auch noch eine Vergnügungssteuer anfalle. Er ist froh, dass die Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH die Lizenzgebühren bei den am Wochenende stattfindenden Musik-Acts übernimmt. "Aber an sechs Tagen pro Woche, da zahle ich." Was wolle man machen: "Ohne Musik kommt keine richtige Stimmung auf", findet Hakan Bingöl, der sich wünschen würde, dass die Verwertungsgesellschaft mit Veranstaltern mehr in den Dialog tritt.
GEMA räumt Defizite bei der Kommunikation ein
Die Angesprochene äußert sich selbstkritisch: Nicht umfassend genug habe man kommuniziert, wie die Steigerung der Lizenzkosten zustande komme, heißt es auf dem GEMA-Portal im Netz. Dort verspricht die Gesellschaft, die Tools wie Google Maps nutzt, um einen für die Gebührenhöhe maßgeblichen Flächenfaktor zu ermitteln, dass Kulanzregelungen, die mit Marktbetreibern im Vorjahr getroffen wurden, in der bevorstehenden Adventszeit Bestand haben können. Gemeinden, die einen Weihnachtsmarkt vorbereiten, überlegen dennoch ganz genau, wie weit sie sich in musikalischer Hinsicht exponieren. In der internen Abstimmung befinde man sich nach wie vor, heißt es zum Beispiel aus Otterndorf.
Im Zweifelsfall wird die Beschallung lieber gestrichen
"Wir handhaben dieses Thema sehr vorsichtig", sagt auch Anna Moritz von der Stade Marketing und Tourismus GmbH. Deswegen werde beim diesjährigen Stader Weihnachtsmarkt abermals nur im Rahmen des Bühnenprogramms Musik erklingen. Weil die Bühne aufgrund von Ausrichtung und umliegender Bebauung tatsächlich nur in eine Richtung "schalle", seien bis dato keine Gebühren für das Gesamtareal erhoben worden. Allerdings, so berichtet Moritz, habe die GEMA im vergangenen Jahr erstmals nach einem Plan für die komplette Weihnachtsmarkt-Meile verlangt. Eine Überraschung erlebte das Stadtmarketing ferner bei einer zum Markt gehörenden Eisstockbahn. Dort soll die GEMA plötzlich eine vierstellige Summe (statt des gewohnten zweistelligen Betrages) aufgerufen haben. "Da lassen wir die Musik jetzt einfach weg", so Moritz über die intern gezogenen Konsequenzen.
Umsatz pro Quadratmeter: Cuxhaven ist nicht München
Christian Marinello, Organisator des Cuxhavener "Weihnachtszaubers am Schloss Ritzebüttel" hat schon vor Jahren reagiert. "Wir machen keine Rundum-Beschallung. Das kann sich in einer kleineren Stadt kein Mensch mehr erlauben", sagt Marinello. Nach seinen Worten unterscheidet die Rechtegesellschaft nämlich keineswegs, ob sich die zugrundegelegten Quadratmeter in Cuxhaven oder im (umsatzstarken) München befinden. Die Gebührenlast, die eine zentrale Klangkulisse erzeuge, sei so hoch, dass sie sich vor Ort kaum erwirtschaften lasse.
In Musikfragen handelt in Ritzebüttel deshalb jeder Budenbetreiber eigenverantwortlich: Weihnachtslieder ja oder nein - und wenn doch, dann nur noch Traditionals? Auch mit vermeintlich "gemafreien" Klassikern kann man in die Lizenzfalle tappen. "Es geht um das Arrangement", erklärt Christian Marinello: Wer "Stille Nacht" in der Version von James Last laufen lasse, müsse Tantiemen an die GEMA abdrücken.