
Woher kommt der "Sinneswandel" des Gemeinderates in Osten?
Es gab nur einen bedeutenden Tagesordnungspunkt auf der Sitzung des Ostener Rates. Doch der wurde wieder abgesetzt. Eigentlich sollte der Rat eine Vorlage verabschieden, um den Bau eines Windparks zu pushen. Doch dazu kam es nicht.
Wie bereits von unserer Redaktion berichtet, war den Ratsmitgliedern eine mehrseitige Sitzungsvorlage zugeschickt worden, um dem Unternehmen "JUWI GmbH" Rückenwind bei der Antragstellung für einen Windpark zu geben. Dies ist wohl auch notwendig, denn bislang spielen die vom Unternehmen vorgesehenen Standorte bei der Raumordnungsplanung des Landkreises, der gerade die Vorrangbereiche für Windkraftnutzung festlegt, keine Rolle.
Unternehmen möchte
Grundsatzbeschluss
Aber wenn sich die Gemeinde und Samtgemeinde - so das Kalkül - einschalten, könne sich das möglicherweise ändern. Die JUWI GmbH würde dann nämlich "gute Chancen" sehen, dass mit "einem erneuten Vorstoß die ablehnende Haltung des Landkreises, mithilfe der Gemeinde Osten und der Samtgemeinde Hemmoor, entkräftet und die Aufnahme in das RROP jetzt erreicht werden kann". In der Vorlage der Verwaltung heißt es zudem: "Der Vorhabenträger hat aus den vorgenannten Gründen den Antrag gestellt, das Vorhaben positiv zu begleiten und die Darstellung der Flächen als Vorranggebiet für Windenergie im neu aufzustellenden RROP mit einem Grundsatzbeschluss seitens der Gemeinde Osten zu unterstützen."
Doch dazu kam es am Montagabend nicht, denn hinter den Kulissen war zuvor Kritik an der Vorgehensweise der Gemeinde aufgekommen. Selbst am Rande der Sitzung des Kreis-Regionalplanungsausschusses, die nur wenige Stunden zuvor stattfand, sorgte das Thema für Gesprächsstoff.
"Rechtliche Fragen"
noch unbeantwortet
Am Montagabend zogen der Ostener Fachausschuss und der Rat dann die Notbremse und setzten den Punkt von der Tagesordnung ab; zunächst ohne weitere Begründung. Es blieb zu diesem Zeitpunkt bei dem vagen Hinweis, dass "rechtliche Fragen" aufgetaucht seien und es noch "erheblichen Beratungsbedarf" geben würde.
Doch das reichte den Bürgerinnen und Bürgern nicht aus und sie hakten in der Einwohnerfragestunde nach. Dabei stand insbesondere die Frage im Raum, auf welcher Grundlage der Rat überhaupt eine Entscheidung treffen wollte. Schließlich gehe es ja um Windkraftanlagen, die mehr als 200 Meter hoch sein könnten und daher nicht zu übersehen seien, sondern das Landschaftsbild prägen würden. Zugleich wurden die Ratsmitglieder daran erinnert, dass es im Jahre 2010 in Osten eine offizielle "Bürgerbefragung" gegeben habe, bei der sich die große Mehrheit (über 81 Prozent) gegen Windparkplanungen in der Gemeinde ausgesprochen hatte. Warum also jetzt die geplante Kurskorrektur seitens des Rates? Warum solle eine Bürgerbeteiligung bei diesem Vorhaben nun plötzlich keine Rolle spielen?
Welche Bedeutung
hat Bürgerbefragung?
Rat und Ausschuss befanden sich in der Defensive. Nur das Notwendigste wurde gesagt. So verwies Bürgermeister Carsten Hubert (CDU) darauf, dass im Mai doch eine "Windmesse" stattgefunden habe. Dort habe es die Chance gegeben, sich mit dem Windpark-Projektierer zu unterhalten. Er selbst habe "positive Ergebnisse" bei der kleinen Ausstellung registriert.
Das "Meinungsbild von 2010" sei aus seiner Sicht "allgemein" und inzwischen "nicht verbindlich" für den Rat, der über aktuelle Vorhaben entscheiden müsse. Das Votum liege schließlich schon 14 Jahre zurück, als von der Notwendigkeit einer Energiewende noch gar keine Rede gewesen sei. Hubert: "In der Zwischenzeit hat sich doch einiges getan."
"Mangelnde
Sensibilität"
Das bezweifelte auch niemand. Doch damit ließen die Zuhörerinnen und Zuhörer die Politiker nicht durchgehen. "Woher wisst ihr eigentlich bei diesem Projekt, was die Basis davon hält, wenn ihr nicht einmal die Bevölkerung vorher informiert?", war nur eine Frage. Von "mangelnder Sensibilität" war die Rede und davon, dass endlich "alle Fakten und Informationen auf den Tisch kommen müssen". Auch der Hinweis aus den Reihen der Politiker, dass man als Ratsmitglied mit einem "Mandat" für Entscheidungen der Kommune ausgestattet sei, sorgte nicht gerade für einen Wirkungstreffer. Die Frage, woher plötzlich der "Sinneswandel" des Rates bezüglich einer Windparkplanung komme, blieb unbeantwortet: "Wir haben das Thema doch jetzt von der Tagesordnung genommen", konterte der Bürgermeister.
Und wie geht es weiter? Das muss sich noch zeigen; eine abschließende Antwort gab es nicht. Im Raum steht der Wunsch von Bürgern nach einem Ortstermin und einer "freiwilligen Bürgerinformation". Ob es dazu kommt, blieb jedoch unklar.