Warum der Behindertenbeauftragte der Samtgemeinde Land Hadeln oft gegen Mauern läuft
Seit gut einem Jahr ist Kalli Hinsch der ehrenamtliche Schwerbehindertenbeauftragte der Samtgemeinde Land Hadeln. Trotz kleiner Erfolge fällt seine Bilanz eher ernüchternd aus: "Ich habe oft das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen."
"Die volle Verwirklichung der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft in allen Lebensbereichen" - dieses Ziel ruft das Niedersächsische Behindertengleichstellungsgesetz (NBGG) aus. Die Wirklichkeit sieht leider oftmals anders aus. Der Ihlienworther Karl-Wilhelm "Kalli" Hinsch, der ehrenamtliche Schwerbehindertenbeauftragte der Samtgemeinde Land Hadeln, kann ein Lied davon singen. Schon seit längerem kämpft er dafür, Barrieren nicht nur in Gebäuden und im Verkehr, sondern vor allem auch in den Köpfen zu überwinden und fordert eine Selbstverständlichkeit: "Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht."
Gewiss, einige Erfolge konnte der 61-Jährige in seiner Amtszeit schon erzielen. So hat er rund 20 Menschen mit Behinderungen oder solche, die davon bedroht sind, beraten und ihnen bei Anträgen geholfen. Hinsch sorgte dafür, dass am Otterndorfer Bahnhof und an anderen Stellen in der Samtgemeinde jetzt vernünftige Schilder für Behindertenparkplätze stehen. Und er setzt sich dafür ein, dass die Bürgerbüros und Dorfgemeinschaftshäuser per Türöffnerknopf auch für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Handicap zugänglich sind.
Barrierefreiheit wird nicht ausreichend berücksichtigt
Dennoch ist Kalli Hinsch unzufrieden. Er moniert, dass bei Bauprojekten und in Verkehrsfragen die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend berücksichtigt wird. Und er fordert, bei Planungen in der Samtgemeinde grundsätzlich einbezogen zu werden. Das würde noch zu selten geschehen. "Ich fühle mich oft nicht ernst genommen", sagt Hinsch.
Ob beim Umbau der ehemaligen Agentur für Arbeit in Otterndorf zum Existenzgründerzentrum, beim Radwegekonzept oder beim Neubau von Feuerwehrhäusern - sein Rat sei nicht gefragt, zeigt sich Hinsch enttäuscht. "Ich fühle mich oft übergangen." Dabei ist eine Beteiligung der Behindertenbeauftragten und -beiräte bei kommunalen Baumaßnahmen gesetzlich vorgeschrieben.

Wenn es um Maßnahmen für Barrierefreiheit geht, hört der Ihlienworther aus Politik und Verwaltung oft das Argument: "Das wird zu teuer." Aber diese Begründung will Hinsch nicht zählen lassen: "Es gibt genügend Fördermittel." Die Politik würde sich überschätzen, wenn sie davon ausginge, selbst entscheiden zu können, ob eine Baumaßnahme barrierefrei sei oder nicht, sagt der Behindertenbeauftragte.
Kalli Hinsch fordert einen Wandel in Politik und Gesellschaft und einen konsequenten Abbau von Alltagsbarrieren. Barrierefreiheit sei der Schlüssel zur Teilhabe. "Menschen mit Behinderungen gehören in die Mitte der Gesellschaft, das war schon immer mein Anliegen", sagt Hinsch, der seit seiner Geburt mit Beeinträchtigungen durch Contergan, dem Skandal-Medikament der Firma Grünenthal, lebt. Im Bundesverband für Contergangeschädigte mit Sitz in Köln ist er seit 2021 stellvertretender Vorsitzender.
Dass Kalli Hinsch durchsetzungsfähig ist, hat der einstige Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes schon häufig bewiesen. Zum Beispiel in Lauenburg, wo er einige Jahre gelebt hat. Dort setzte er gegen den anfänglichen Willen der Politik den Posten eines Behindertenbeauftragten durch. Auch als Schwerbehindertenbeauftragter der Samtgemeinde Land Hadeln hat Hinsch schon einige Kämpfe erfolgreich gefochten. Aber allmählich ist er des Kämpfens müde. Weil er immer wieder gegen Mauern läuft, spielt er mit dem Gedanken, zum Jahresende aufzuhören.