
Ein Stück Geschichte geht verloren: Wingster Gasthaus "Zur Linde" schließt die Türen
Am 15. Juli endet im Wingster Ortsteil Weißenmoor eine Ära: Das Gasthaus "Zur Linde" muss schließen. Gemeinsam mit ihrem Sohn Christian Kröncke betreibt Bärbel Kröncke das Gasthaus - die 63-Jährige hätte die Schließung gerne verhindert.
Das Gebäude wurde 1900 erbaut. "Damals gab es hier nicht einmal eine richtige Straße", sagt Bärbel Kröncke, die gebürtig aus Moorausmoor stammt. Damals sei es üblich gewesen, dass sich einige Bauernhöfe mit einer kleinen Schenke etwas dazuverdienten. Im Laufe der Jahre wurde aus der Schenke ein Gasthaus, heute bekannt unter dem Namen "Zur Linde".
Die 63-jährige Bärbel Kröncke hat in der Küche gelernt. Jetzt ist sie "Mädchen für alles" und hilft dort, wo sie kann. Man merkt, dass die 63-Jährige mit Herzblut bei der Sache ist. Der Gedanke, dass ihr Lokal am 15. Juli schließen muss, trübt die Stimmung der sonst immer gut gelaunten Frau. "Ich kann dem nichts Schönes abgewinnen. Eine Abschiedsfeier wird es nicht geben, denn zum Feiern ist mir gar nicht zu Mute", trauert sie dem Gasthaus nach. Wer in der Wingster Gaststätte einkehrt, kann sich auf Hausmannskost, Kaffee, Kuchen und eine familiäre Atmosphäre freuen. Auch Geburtstage und Beerdigungen werden von den Krönckes bewirtet. Doch der Personalmangel macht ihnen jetzt einen Strich durch die Rechnung.
Jungköche möchten nicht in die Kneipe
Das Gasthaus "Zur Linde" kämpft mit dem Mangel an Fachkräften. "Wir finden einfach keine Köche mehr. Wenn sich junge Leute für eine Kochlehre entscheiden, wollen sie meist etwas Neues kennenlernen. Für sie kommt es dann nicht infrage, in einer Dorfkneipe zu arbeiten", weiß Kröncke. Generell gebe es kaum noch Köche. Früher hätten viele Frauen - neben der Arbeit in Haus und Hof - noch in den Küchen der Gasthäuser gearbeitet. "Die Zeiten haben sich geändert, es wird generell weniger gekocht."
Das Wingster Gasthaus steht nun zum Verkauf und die Krönckes hoffen, dass sich rechtzeitig jemand findet, der das Lokal und die beiden dazugehörigen Wohnungen kauft. Bärbel Kröncke versichert: "Hier ist genug los. Wenn wir genügend Personal hätten, könnten wir noch viel mehr Anfragen annehmen."

Es war eine Herzensangelegenheit
Die 63-Jährige bereut keinen einzigen Tag, den sie im Gasthaus gearbeitet hat. Vor allem der Kontakt zu den Gästen macht ihr viel Freude. "Wir haben viele Stammgäste. Da ist es mittlerweile üblich, dass sie kurz in der Küche vorbeischauen und uns begrüßen." Die Schließung zu akzeptieren, fällt Kröncke schwer. "Ich bin sehr traurig, dass es jetzt vorbei ist. Aber wenn das Personal fehlt, macht die Arbeit auch weniger Spaß", bedauert die gute Seele des Lokals.
Vor allem die Theaterspieler werden der 63-Jährigen fehlen. Sie waren ihre Herzensangelegenheit: "Ab Ende Oktober kamen die Theaterspieler und haben hier geprobt. Im Februar und März haben sie ihre plattdeutschen Stücke aufgeführt. Wir haben sie also fünf Monate hier begleitet, und es wurde immer viel gescherzt und gelacht. Sie gehören einfach zur Familie. Für sie tut es mir besonders leid, dass wir schließen müssen."
Pläne für die Zeit nach der Schließung hat Bärbel Kröncke noch nicht. Aber sie ist sich sicher: "Die Mitarbeiter werden mir sehr fehlen. Die meisten Kellnerinnen haben hier gelernt und sind geblieben. Wir haben hier einige Jahre zusammen verbracht." Eine der Kellnerinnen hat schon als 15-Jährige neben der Schule in der Wingster Gaststätte gejobbt. Sie nannte die 63-Jährige damals liebevoll "Tante Bärbel".
Bärbel Krönkce hofft nun, dass "das Glück zuschlägt" und sich jemand findet, der ihr geliebtes Gasthaus "Zur Linde" übernimmt.