Handbuch im Papierkorb - ein Erfahrungsbericht aus der Abteilung Selbstüberschätzung
Seit Jahrzehnten begeistert die Kolumne "Moin Cuxhaven" die Leserinnen und Leser der Cuxhavener Nachrichten. Inzwischen sorgt die Rubrik auch auf cnv-medien.de für Unterhaltung und Information. Heute geht es um Anleitungen zum Ignorieren.
Bei mir ist eine größere Neuanschaffung eingezogen - und mit ihr die unerschütterliche Gewissheit: "Ach, so kompliziert kann das nicht sein." Ich, vermeintlich technisch bewandert genug, nahm das Gerät aus der Schachtel, bewunderte kurz die glänzende Oberfläche und entsorgte die Gebrauchsanweisung mit einer selbstbewussten Geste.
Dann begann die stille Demütigung. Nach zehn Minuten starrte ich ratlos auf ein Display, das mir 28320 Optionen anbot - nach zwanzig Minuten kroch ich reumütig ins Internet. Menüs führten in weitere Menüs und erklärten sich komischerweise nicht von selbst.
Zum Glück bin ich damit nicht allein. Ein Forschungsteam aus Australien und Großbritannien hat dieses Alltagsdrama untersucht. Der herrlich ehrliche Titel ihrer Studie: "Life is Too Short to RTFM" ("Das Leben ist zu kurz, um das verdammte Handbuch zu lesen"). Über sieben Jahre beobachteten und befragten sie 170 Personen. Das Fazit ist so tröstlich wie entlarvend: Die Mehrheit liest Anleitungen schlicht nicht. Wenn doch, dann eher ältere Menschen. Ausgerechnet Menschen mit Hochschulabschluss dagegen lassen das Booklet besonders gern links liegen - offenbar in der festen Überzeugung, dass Intelligenz via Osmose auf Geräte übertragbar ist. Und wer sich gezwungen sieht, die Anleitung schließlich doch zu öffnen, berichtet nicht von Erleuchtung, sondern von schlechter Laune.
Das neue Gerät läuft inzwischen. Nicht, weil ich alles intuitiv erfasst hätte, sondern weil ich mir das nötige Wissen zusammengesucht habe. Und leider wahr: Beim nächsten Mal werde ich es vermutlich genauso wieder machen.