
An Schnitger-Orgel: Andreas Fischer verzaubert mit barocker Orgelkunst in Lüdingworth
Der Hamburger Andreas Fischer hat an der historischen Wilde-Schnitger-Orgel in St. Jacobi Lüdingworth für barocken Klangzauber gesorgt. Wenn Meisterwerke von Sweelinck bis Bach zu einem faszinierenden Musikgenuss verschmelzen.
Wer als ausgemachter Fan historischer Orgelmusik in Cuxhaven lebt oder als Gast nach Cuxhaven kommt, hat in den Monaten Juli und August gewissermaßen die Qual der Wahl. Er (oder sie) kann sich in vierzehntägigen Abständen seine (oder ihre) Lieblingsmusik an den berühmten Orgeln in Lüdingworth und in Altenbruch anhören. Und da Orgel im Gegensatz zu anderslautenden Meinungen eben nicht gleich Orgel ist, gibt es Unterschiede, was die Vorliebe für das eine oder andere Instrument angeht.
Die jüngste Probe aufs Exempel konnte beim Konzert des Hamburger Organisten Andreas Fischer an der Wilde-Schnitger-Orgel in St. Jacobi Lüdingworth gemacht werden. Deren absolute Besonderheit symbolisieren - wenn man so will - zwei Kern-Daten: die Jahre 1598 und 1682. Das erste Datum steht für die Erbauung der Orgel durch Antonius Wilde, das zweite für ihre von Arp Schnitger durchgeführte Erweiterung. Und beides zusammen steht für ein Wunderwerk an original erhaltenen Pfeifen und vielfältigen Klangmöglichkeiten. All das reizt immer wieder von Neuem Interpreten und Zuhörer aus allen Landen.
Wenn Andreas Fischer seinem Konzert in Lüdingworth den Titel "Von Sweelinck zu Bach" gegeben hatte, so verwies das zugleich auf die eindrucksvolle Linie vom niederländischen "Organistenmacher" hin zum unbestrittenen "Gipfel" barocker Orgelmusik mit Werken von Dietrich Buxtehude und Johann Sebastian Bach am Schluss des Konzertes. Der Wilde-Schnitger-Orgel in St. Jacobi, die Fischer im September 2023 schon einmal spielte, ist ein satter, ja deftiger Klang eigen. Ihn lieben die einen, für die anderen ist er gewöhnungsbedürftig. Doch regelmäßige Konzertbesucherinnen und -besucher wissen, dass das Instrument auch ganz anders klingen kann - fein und durchsichtig. So wie Andreas Fischer es mit der das Konzert eröffnenden "Fantasia chromatica" von Jan Pieterszoon Sweelinck zeigte.
Reizvoll auch der vom Interpreten realisierte Klangfacetten-Reichtum in der Choralfantasie über "Ein feste Burg ist unser Gott" von Heinrich Scheidemann, dem einstigen Schüler Sweelincks. Echo-Wirkungen waren zu jener Zeit ausgesprochen beliebt. Dem Orgelspieler heute bieten sie die Chance, immer neue Farben "ins Spiel" zu bringen. Und was das originale Pfeifenwerk der Lüdingworther Orgel an Kostbarkeiten vorhält - das führte der Hamburger Organist schließlich besonders eindrucksvoll mit Matthias Weckmanns Choralbearbeitung "Komm, Heiliger Geist, Herre Gott" vor. Weckmann, 1621 in Thüringen geboren, wurde nach Stationen in Dresden, Kopenhagen und wieder Dresden 1655 Organist an St. Jacobi in Hamburg, war sozusagen Kollege von Heinrich Scheidemann.
Mit dem "Praeludium in g" von Dietrich Buxtehude und "Toccata, Adagio und Fuge in C" von Johann Sebastian Bach setzte Andreas Fischer zwei freie Orgelwerke an den Schluss seines Konzertes. Der so abwechslungsreiche, fantasievolle Stil Buxtehudischer Orgelmusik ist für Interpreten und Hörer gleichermaßen stets von Neuem ein Fest. Nicht anders bei Bach, wo das große Pedalsolo in der glanzvollen Toccata vom Interpreten bereits ein Maximum an Können abfordert. Geradezu genießen lässt sich dann das italienisch gestimmte Adagio, bevor die komplexe Fuge den überwältigenden Schlusspunkt setzt. Und hier nimmt Andreas Fischer die Lüdingworther Orgel dann auch als das, was sie ist - als ein mit einem deftig-auftrumpfenden Klang ausgestattetes Instrument.
Von Ilse Cordes