Der Hausärztemangel zeigt seine Auswirkungen. Foto: dpa/Ulmer
Der Hausärztemangel zeigt seine Auswirkungen. Foto: dpa/Ulmer
Medizinische Versorgung

Bei der Hausarztsuche im Kreis Cuxhaven sind Geduld und Glück gefragt

von Wiebke Kramp | 27.10.2022

Kreis Cuxhaven. Der Flaschenhals ist eng. Als Patient im Kreis Cuxhaven neu in die Kartei einer Hausarztpraxis aufgenommen zu werden, scheint wie ein Lottogewinn. Das zeigt sich auch am Beispiel Otterndorf.


Wer zum Beispiel neu nach Otterndorf oder umzu zieht, muss bei der Suche nach einem Hausarzt oder einer Hausärztin Geduld beweisen. Sicherlich hilft auch ein Quäntchen Glück.

So praktizieren zum Beispiel seit kurzem die beiden Hausärzte Dres. Holzgrabe nicht mehr, die sich zuvor eine Stelle geteilt hatten. Aber die Praxisexistenz - wenn auch an anderer Stelle - ist weiterhin durch ihren Nachfolger Dr. Majewski gesichert.

Missliche und angespannte Lage

Die gesamte Lage scheint misslich für Patienten, die auf Hausarztsuche sind. So bedauert die Otterndorfer Hausärztin Dr. Stephanie Wolfen angesichts einer angespannten Versorgungssituation in Otterndorf und Umgebung, keine neuen Patienten aufnehmen zu können. Auf ihrer Homepage heißt es unter anderem: "Wir bedauern sehr, dass wir in Otterndorf bei der Versorgung durch Praxen für Allgemeinmedizin derzeit erheblich Mängel haben - wir haben schlicht zu wenig Ärzte bzw. Praxen." Daher komme es vermehrt zu Anfragen zu einer Aufnahme in den Patientenstamm. "Wir bitten um Verständnis, dass wir schon über unsere Kapazität ausgelastet sind und im Interesse der guten Versorgung unserer Patienten keine Möglichkeit zur Patientenübernahme haben." Und weiter heißt es, dass solche Absagen sehr belasteten und man in akuten Fällen helfe - allerdings sei dies nicht mit einer Übernahme in den Patientenstamm verbunden.

Keine neuen Patienten durch Arbeitsbelastung

Für Dr. Delia Wirth, die gemeinsam mit Dr. Humbert eine Internisten-Praxis in Otterndorf führt, scheint insgesamt die Patientenversorgung in Otterndorf gewährleistet. Sie sei sogar wahrscheinlich besser als in Cuxhaven. Aber auch ihr Patientenstamm kann nicht weiter anwachsen: "Unsere Praxis nimmt aus Gründen großer Arbeitsbelastung momentan keine neuen Patienten auf; wir kümmern uns jedoch um jede Notfallpatientin und jeden Notfallpatienten, die in der Praxis auftauchen, weil Hausarzt oder Hausärztin nicht verfügbar sind", teilt die Medizinerin auf Nachfrage unseres Medienhauses mit. 

Und auch in der Nachbarschaft in der Gemeinschaftspraxis in Neuenkirchen können keine neuen Patienten mehr aufgenommen werden.

KVN Stade kennt das Problem

Dr. Brune, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen in Stade, kennt das Problem genau. Es betreffe den gesamten Bereich von Cuxhaven bis Buxtehude. Und dabei zähle Otterndorf noch nicht einmal zu einem unterversorgten Hausarzt-Gebiet. Unterversorgte Gebiete erfahren noch mal eine besondere zusätzliche Förderung durch die KVN.

"Die Gesamtsituation ist angespannt.", konstatiert der Arzt. Grund sei, dass die Zahlen der Medizinstudenten, für die die Länder zuständig seien, viel zu niedrig seien. Wer in einem Krankenhaus seine Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin oder als Internist absolviert habe, entscheide sich immer weniger dazu, sich niederzulassen. Dazu komme, dass die Krankenhäuser ebenfalls alles täten, um die Ärzte am Klinikum zu behalten. Dr. Brune prognostiziert: "Die Situation wird sich weiter verschärfen." Daher sei die KVN in der Region dabei zu schauen, wo der Bedarf am größten sei, um Ärzte zu locken, die hier leben möchten. Weil dies zunehmend schwieriger sei, würden die bisher praktizierenden Hausärzte ausdrücklich dazu ermuntern, möglichst lange zu arbeiten und - sofern sie fit und in der Lage sind - bis 70 Jahre arbeiten, um diese Lücke zu schließen.

Dr. Brune befürchtet weitere Verschlechterungen

Das Problem eine neue Hausarztpraxis zu finden, sei tatsächlich ein Problem, weiß Dr. Brune. Aus diesem Grund begrüßt er ausdrücklich die sogenannte Neu-Patienten-Regel, die für zusätzliches Honorar sorgt. Und ausgerechnet die wolle Bundesgesundheitsminister Lauterbach abschaffen, echauffiert sich der KVN-Mediziner und befürchtet weitere Verschlechterungen - und er betont: "Wir kämpfen um den Erhalt und wollen die Rahmenbedingungen für die niedergelassenen Ärzte verbessern."

Dass dann vermehrt Patienten in den Zentralen Notaufnahmen der Kliniken landen, weil sie keinen Hausarzt finden, hält er für sehr bedauerlich.

Mehr Patienten in der Notaufnahme

In der Tat existiert dieses Phänomen offensichtlich schon länger. "Wir bemerken schon seit ein bis zwei Jahren, dass bei uns in der Notaufnahme die Patientenzahlen steigen. Sie suchen vermehrt den Weg übers Krankenhaus, weil sie keinen Termin beim niedergelassenen Arzt erhalten", bestätigt Krankenhausdirektor Andreas Knust von der Klinik Land Hadeln.

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Wiebke Kramp

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

wkramp@no-spamcuxonline.de

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