
Mancher Besucher wird angesichts
der lebensechten Figuren sicherlich
ins Grübeln kommen, ob er gerne
Matrose auf einem Fischdampfer gewesen
wäre.
Bei Kuddels Kollegen Hans haben
die Besucher dieses Gefühl nicht,
denn der hat es sich in einer der
nachgebauten Kojen des Logis bequem
gemacht. Dass er im Bett noch
seinen dicken Pullover anhat, entspricht
der Realität: Während des
Fischens waren die Matrosen oft so
müde, dass sie mehr oder weniger
mit vollen Klamotten in die Koje fielen.
Hans hat aber wohl gerade eine
entspanntere Ruhepause: Er raucht
ein Pfeifchen! Dass das eigentlich im
Logis streng verboten war, scheint
ihn nicht zu stören – ebenso wenig
wie einen wirklichen Matrosen, dessen
Foto als Vorbild für die Inszenierung
diente.
Wem die Stunde schlägt: In luftiger
Höhe repariert Uhrmacher Klaus Zarfl
das Schlagwerk der Schlossuhr.
Die beiden sehr realistischen Figuren
aus Silikon haben noch
eine Kollegin, die allerdings an
Land arbeitet. Agnes war der
Hingucker für die Sonderausstellung
„Cuxhaven und der Fisch“,
die während des Sommers im
Museum zu sehen war. Die junge
Frau mit der blauen Schürze,
dem Kopftuch und den kräftigen
Arbeitsschuhen aus den 20er-
Jahren ist damit beschäftigt,
Rollmöpse zu rollen. Und das
tagaus, tagein. Auf dem Tisch vor
ihr liegen Gurkenstücke, Matjesfilets
und fertige Rollmöpse und
sehen so echt aus, dass mancher
Besucher nicht davon abzuhalten
war, die (Silikon-)Fischwaren
anzufassen. So realitätsnah kann
Museum sein!
(cj/jp)
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Agnes in den 1920er-Jahren beim Rollmöpse rollen.
NACHGEFRAGT
Museumsleiterin
Jenny Sarrazin steht
Rede und Antwort
In vielen Museen dieser Republik heißt eines der Zauberwörter
„Interaktivität“. Wie steht es damit in Cuxhaven?
Wir Menschen begreifen eben besser, wenn wir einen Gegenstand
im ganz wörtlichen Sinn „begreifen“ können! Das gilt
nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. In „Windstärke
10“ gibt es ganz unterschiedliche interaktive Angebote.
Etwa wenn man die codierte Fangmeldung eines Fischdampfers
entschlüsseln muss. Oder bei der „Fangkontrolle“ ein
Netz auf die Größe der Maschen prüft
Können die Besucher an einer Stelle im Museum wirklich hautnah
erleben, wie sich das Meer bei Windstärke 10 verhält?
Man kann einen schweren Sturm mit Windstärke 10 nicht simulieren.
Selbst im Windkanal bekommt man nur eine ungefähre
Vorstellung von der Gewalt des Windes. Wir setzen
deshalb lieber auf starke Bilder. Wir haben von einem Amateurfilmer
Aufnahmen zur Verfügung gestellt bekommen, die
er im Orkan vor Grönland gemacht hat.
Wie groß ist die Ausstellung insgesamt und was sind die Höhepunkte,
auf die sich die Besucher freuen können?
Wir haben insgesamt 4000 Quadratmeter, mehr als die Hälfte
ist Ausstellungsfläche. Ein Highlight ist sicherlich unsere
Abteilung zur Großen Hochseefischerei, in der man mit der
„Otto Flohr“ auf Fangfahrt geht. Der andere Höhepunkt ist
unser Wrackraum. Hier arbeiten wir mit einer aufwendigen
Lichtinstallation, um unsere Funde vom Meeresgrund möglichst
spannend zu präsentieren. (jp)
FOTOS: MUSEUM WINDSTÄRKE 10, POTSCHKA