Otterndorfs ehemaliger Stadtschreiber gab Kostproben aus seinem neuen Kriminalroman
Es gibt nicht allzu viele Autoren, die ein rund dreistündiges Programm einer Lesung füllen können, ohne dass das Publikum irgendwann anfängt, nervös auf den Stühlen herumzurutschen. Daniele Palu, letzter Otterndorfer Stadtschreiber, ist so einer.
Palu hat Entertainerqualitäten. Aber bei seiner kurzweiligen Lesung im Bülkauer Gemeindehaus bestritt er am Sonntag den Abend nicht allein. Palu hatte sich Anja Wackhusen, die Pianistin und Organistin, an die Seite geholt. Sie eröffnete das Programm mit den Titelmelodien bekannter Fernsehkrimis wie "Der Kommissar" oder "Derrick", schließlich ging es um eine Krimi-Lesung. Nicht ganz zufällig ist Anja Wackhusen auch die Organistin der St.-Johannis-Kirche. Deren Pastor Klaus Volkhardt begrüßte im Namen der Veranstalter des Kulturteams Bülkau die Besucher, die sich im rappelvollen Gemeindesaal eingefunden hatten.
Kommissar Marconi ermittelt in St. Peter Ording
Für Daniele Palu war es eine Besonderheit, mit musikalischer Begleitung auftreten zu können. Auch er selbst hatte sich auf ein musikalisches Intermezzo vorbereitet. Der Autor - "ich kann nicht spielen" - gab zur Untermalung einer Szene aus seinem Buch auf einer Melodica - fast - fehlerfrei eine Akkordeonmelodie zum Besten.
Eigentlich ging es in Bülkau ja um die Vorstellung seines Kriminalromans "Marconi und der tote Krabbenfischer" - Start einer neuen Serie mit neuem Kommissar, neuem Schauplatz und neuem Verlag - doch Palu ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt, um aus seiner Zeit als Stadtschreiber vor einem Jahr zu plaudern, schließlich traf er auch in Bülkau auf viele bekannte Gesichter. Warum er in Bülkau lese und nicht in Otterndorf, sei er gefragt worden. "Weil mich Bülkau gefragt hat", lautete seine lapidare Antwort.
Aus Kriminalromanen zu erzählen, ohne Details zu verraten, die auf den Täter schließen lassen, ist eine kleine Herausforderung. Sein erster Fall führt den italienischstämmigen Massimo Marconi von München unfreiwillig nach St. Peter Ording, wo er sich nach dem Tod seines Bruders um dessen Kinder kümmern muss. Als Kriminalist hat er es gleich mit einem Kapitalverbrechen zu tun. Ein Krabbenfischer wird auf seinem Kutter von einer Harpune durchbohrt. Marconi nimmt als neuer Dienststellenleiter der örtlichen Polizeiwache die Ermittlungen auf.
Neuer Kommissar, neuer Verlag, neuer Name
Mit seinem neuen Protagonisten Marconi hat sich Palu von seinem vorherigen Titelhelden Gabriele Berlotti verabschiedet, der in zwei Romanen im Alten Land ermittelte. Für Marconi wechselte Palu nicht nur zum renommierten Rowohlt-Verlag, der ihm als deutschlandweiter Verlag eine breitere Leserschaft bescheren könnte. Er änderte auch seinen Autorennamen - genauer gesagt, es verschwand ein Punkt. Bis dahin nannte er sich Daniel E. Palu, nun bekennt er sich auch öffentlich zu seinem italienischen Vornamen Daniele und überwindet damit ein Kindheitstrauma. Bei einem Vorlesewettbewerb in der Schule, bei dem er den zweiten Platz belegt hatte, stand auf seiner Urkunde der Name "Daniela Paul". So sehr die Deutschen Italien mögen, mit der italienischen Schreibweise und Aussprache tun sie sich offenbar schwer. Als Daniel E. sah sich Palu zudem gelegentlich dem Vorwurf der "kulturellen Aneignung" ausgesetzt, da er sich ungerechtfertigt einer italienischen Hauptfigur bediene. Dieses Missverständnis ist nun offenkundig endgültig ausgeräumt.
Ohne Otterndorf wäre es ein anderes Buch geworden
Klar ist auch, dass es diesen ersten Marconi-Roman so kaum gegeben hätte, wäre er im vorigen Jahr nicht Stadtschreiber in Otterndorf gewesen. Im Gartenhaus am Süderwall hat er - unter erheblichem Abgabedruck - einen großen Teil des Romans geschrieben. "Ohne Otterndorf wäre das Buch ein ganz anderes geworden. Es war die bis dahin aufregendste Zeit meines Lebens", bekennt Palu. Er widmet der Stadt im Roman sogar ein eigenes Kapitel. Und er hat bei seiner Recherche für das Buch auch vom Fachwissen einheimischer Experten profitiert, zum Beispiel von Hadelns Gemeindebrandmeister Tim Fritsche, der ihn mit der Entstehung von Bränden vertraut machte, die im Buch eine Rolle spielen. Er möge es in den Details möglichst authentisch, so Palu, schließlich ist der Hamburger Autor von Hause aus Journalist.
Am Ende der Lesung war der Büchertisch von Susann Rennebeck von der Otterndorfer Altstadt-Buchhandlung fast leer gefegt. Und Daniele Palu hatte alle Hände voll damit zu tun, in jedes vorgelegte Exemplar seines Marconi-Romans eine individuelle Widmung zu schreiben. Der nächste Band ist schon in Arbeit.