Die FRS Elbfähre auf dem Weg nach Wischhafen. Foto: Klempow
Die FRS Elbfähre auf dem Weg nach Wischhafen. Foto: Klempow
Neuer Fähranleger?

Elbfähren im Schlick, Passagiere im Stau: Reederei FRS sucht kurzfristige Lösung

03.09.2025

Stundenlange Wartezeiten an der Elbfähre Wischhafen-Glückstadt belasten Pendler und Wirtschaft. Neue Anleger könnten Abhilfe schaffen, doch die Planungen stecken im Elbschlick fest, während die Politik auf den Bau des Elbtunnels setzt.

Von Grit Klempow

Stundenlange Staus an der Elbfähre sind alltäglich. Neue Anleger könnten helfen. Niedersachsens Wirtschaftsminister ist gesprächsbereit - aber die Einschätzung aus Hannover ernüchternd.

Die Elbfähre Wischhafen-Glückstadt ist Dauerthema - vor allem im Verkehrsfunk. Ein bis zwei Stunden Wartezeit im Sommer, aber auch bis zu drei Stunden Wartezeit wochentags sind alltäglich - auf beiden Seiten. Wenn FRS-Geschäftsführer Tim Kunstmann gefragt wird, wann die Überfahrt am günstigsten ist, muss er passen - "es ist überhaupt nicht mehr kalkulierbar", sagt er.

Der Grund ist bekannt: Die Fährschiffe müssen sich durch den Elbschlick kämpfen. Bei Niedrigwasser ist nur noch eine schmale Fahrrinne zum Anleger befahrbar. Die Fährschiffe können sich in der Süderelbe nicht mehr begegnen - und vor dem Anleger stauen sich Autos und Lkw. Der Verschleiß an den Schiffen liegt laut Kunstmann im Millionenbereich: "Propeller, die sonst acht bis zehn Jahre halten, müssen wir zum Teil nach sechs Monaten austauschen."

An sich gibt es eine Lösung. Die Reederei kämpft schon seit Jahren für eine bessere Infrastruktur in Wischhafen und Glückstadt. An beiden Standorten bräuchte es neue Doppelanleger. In Wischhafen müsse der Anleger zudem aus der Süderelbe verlegt werden. Mit neuen Fähren könnte die Kapazität um bis zu 600 Prozent gesteigert werden, so FRS. Das Konzept hat die Reederei bereits vor vier Jahren vorgestellt.

Aber so wie die Fähren sich derzeit durch den Schlick kämpfen, stecken auch die Pläne fest. Das liegt - wie mehrfach berichtet - am geplanten Elbtunnel der A20 bei Drochtersen. Kommt der Tunnel, lohnen sich neue Schiffe nicht. FRS brauche die Unterstützung durch die Landespolitik, so Kunstmann.

Sowohl Niedersachsen als auch Schleswig-Holstein wollen den Elbtunnel und die dazugehörige A20. Die Reederei FRS hat ihren Sitz in Schleswig-Holstein. Dort ist die Elbfähre auch Chefsache. Zu möglichen Kompromisslösungen gibt es aktuell Gespräche mit der Staatskanzlei in Kiel.

Für die Reederei haben die neuen Anleger Priorität. Dadurch würden die Schiffe weniger belastet, "die Kapazität der Linie würde aber trotzdem signifikant erhöht", sagt Tim Kunstmann. Er geht von einer Steigerung um die 300 Prozent aus - mit neuen Anlegern, aber ohne neue Schiffe.

Wirtschaftsminister Tonne will Gespräche führen

In Niedersachsen gab es Ende des vergangenen Jahres Irritationen, ob das Land und der damals zuständige Minister Olaf Lies die Gespräche mit der Reederei beendet hätten. Grant Hendrik Tonne ist zwischenzeitlich neuer Wirtschaftsminister in Hannover. Auf Nachfrage des Stader Tageblatts kündigt er an, Gespräche mit den Beteiligten vor Ort und mit seinem Amtskollegen von Schleswig-Holstein zu führen, "um die derzeit missliche Situation mit langen Wartezeiten an der Fähre zu verbessern", wie Pressesprecher Florian Mosig mitteilt. Er verweist aber zugleich nachdrücklich darauf, dass die Elbfähre Wischhafen-Glückstadt eigenwirtschaftlich betrieben werde.

Der Landesregierung lägen keine belastbaren, aktuellen Kostenschätzungen für einen neuen Anleger in Wischhafen vor. "Eine frühere Prüfung hatte ergeben, dass eine Verlegung des Fähranlegers weder rechtlich umsetzbar noch wirtschaftlich vertretbar ist. Grundsätzlich wäre der Bau und Betrieb von Anlegerinfrastruktur Sache des Betreibers, der FRS Elbfähre Glückstadt Wischhafen GmbH", teilt Mosig mit.

"Der neue Anleger in Wischhafen würde nach Expertenschätzung circa 15 bis 20 Millionen Euro kosten und wäre in anderthalb bis zwei Jahren Bauzeit zu realisieren", so die Reederei. Für den Anleger in Wischhafen zahlt sie derzeit eine "beträchtliche Pacht zu marktüblichen Konditionen".

Sollte das Land einen neuen Anleger bauen, würde sich dieser bereits nach wenigen Jahren rentieren, schätzt Kunstmann. Pachtverträge hat FRS für beide Elb-Seiten, auf Glückstädter Seite zahlt das Unternehmen ebenfalls eine Pacht, ist aber auch zusätzlich für die Wartung zuständig.

Das Wirtschaftsministerium erkläre, welche Priorität das Land der Elbfähre ein räume: Die Fähre sei regional (für Anwohner und Durchreisende) bedeutend, lautet die Einschätzung in Hannover. Sie habe aber keine strategische Ersatz- oder Kompensationsfunktion für die A20. Diese "genießt sowohl aus verkehrlicher als auch aus militärischer Sicht höchste Priorität" und werde als zentrale Ost-West-Verbindung und strategisch relevante Infrastruktur für zivile und militärische Verkehre bewertet".

Elbtunnel soll Entlastung bringen

Minister Tonne teile die Einschätzung, dass die A20 mit Elbtunnel die entscheidende verkehrliche Entlastung bringen werde, so sein Pressesprecher. Wann der mehr als 1,5 Milliarden Euro teure Elbtunnel fertig ist, steht aber nicht fest. Ein fertiger Tunnel bis zum Jahr 2032 werde ebenso genannt wie deutlich spätere Zeiträume, sagt Kunstmann. "Aufgrund dieser für uns nicht kalkulierbaren Zeitspanne und der für die Elbfähre beträchtlich hohen notwendigen Investitionssummen ist die aktuelle Situation eigenwirtschaftlich eben nicht zu realisieren", sagt Tim Kunstmann mit dem Hinweis auf die nötige Unterstützung durch die Länder.

In Niedersachsen sei ein neuer Anleger über die landeseigene Gesellschaft N-Ports möglich, analog zu Standorten wie Cuxhaven oder Stade, wo Infrastruktur durch das Land bereitgestellt werde - das sage zumindest ein Fachanwalt, so der FRS-Geschäftsführer.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

(1 Stern: Nicht gut | 5 Sterne: Sehr gut)

Feedback senden

CNV-Nachrichten-Newsletter

Hier können Sie sich für unseren CNV-Newsletter mit den aktuellen und wichtigsten Nachrichten aus der Stadt und dem Landkreis Cuxhaven anmelden.

Die wichtigsten Meldungen aktuell


Lesen Sie auch...
Vielfalt ist groß

Offene Atelier-Türen im Kreis Cuxhaven: Kreative Köpfe zeigen, wie Kunst entsteht

von Christian Mangels

Die Vielfalt der Kunst - im Kreis Cuxhaven ist sie besonders ausgeprägt. Rund 100 Künstlerinnen und Künstler, Ateliergemeinschaften und Malgruppen öffneten am Sonntag zum "Tag des offenen Ateliers" ihre Arbeits- und Ausstellungsräume.

"Nur gemeinsam gegen Gewalt"

"Smartmob" beim Buttfest in Cuxhaven: Gemeinsam gegen häusliche Gewalt

von Tim Larschow

Mitten im bunten Treiben des Buttfestes in der Cuxhavener Innenstadt erlebten die Besucher am Sonnabend um 14.30 Uhr eine besondere und zugleich eindringliche Aktion: Ein sogenannter "Smartmob" machte auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam.