Die Cuxhavenerin Elvira Schult engagiert sich trotz eigener Erkrankung für mehr Bewusstsein für die Formen von pulmonaler Hypertonie und die Bedeutung von Organspenden. Foto: Larschow
Die Cuxhavenerin Elvira Schult engagiert sich trotz eigener Erkrankung für mehr Bewusstsein für die Formen von pulmonaler Hypertonie und die Bedeutung von Organspenden. Foto: Larschow
Eine Frau mit einem Anliegen

Elvira Schult aus Otterndorf kämpft für mehr Bewusstsein für eine seltene Krankheit

von Tim Larschow | 14.06.2025

Elvira Schult streichelt ihre Katze, während die Sonne die Terrasse in Otterndorf in warmes Licht taucht. Ihr Hund sitzt im Strandkorb - es ist idyllisch. Doch als das Gespräch beginnt, wird klar: Hier sitzt eine Frau, die seit Jahrzehnten kämpft. 

Elvira Schult ist 55 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Cuxhaven. Ihr Geburtsort ist ein besonderer: die Mützelfeldtwerft. Dort arbeitete ihr Vater, und die Familie lebte in einer der Mitarbeiterwohnungen. Die Grundschule besuchte sie in Ritzebüttel, später ging sie zur Hauptschule in Groden und absolvierte danach die Berufsbildenden Schulen im Bereich Wirtschaft. In ihrer Kindheit schwamm sie viel, fuhr Fahrrad, spielte Tischtennis. Doch Anfang der 90er veränderte ein Motorradunfall ihr Leben - im Krankenhaus kam neben den Verletzungen eine weitere Diagnose dazu: Pulmonale arterielle Hypertonie. Die Krankheit hatte sie zu diesem Zeitpunkt schon lange, nur war sie ihr bis dato nicht diagnostiziert worden.

Einen ambulanten Pflegedienst gegründet

"Das ist eine schwerwiegende Krankheit, bei der die Lunge und das Herz betroffen sind", erklärt Schult. Unbehandelt kann sie zum frühzeitigen Tod führen. Zur Behandlung sind weltweit mittlerweile mehr als zehn Medikamente zugelassen, die vor allem die Gefäße erweitern. Dennoch überlebt nur die Hälfte der PAH-Betroffenen die nächsten sieben Jahre nach der Diagnosestellung. Über Jahrzehnte galt die Transplantation von Herz oder Lunge für schwer Betroffene als einzige Option. Doch Elvira Schult ließ sich nicht unterkriegen.

1999 gründete sie mit ihrer besten Freundin das "Pflegeteam 2000" in Altenwalde - einen ambulanten Pflegedienst, der bis heute besteht. Nachdem ihre Freundin verstorben war, führen heute deren Sohn als Inhaber und Elvira Schults Lebensgefährte als Geschäftsführer das Unternehmen weiter. Sie selbst musste sich schon kurz nach der Gründung aufgrund ihrer Medikation aus dem Unternehmen zurückziehen.

Damals sagten ihr Ärzte, ihre Lebenserwartung sei nicht hoch. Doch sie machte weiter. Immer wieder kamen neue Medikamente, immer wieder klammerte sie sich an neue Hoffnungen. "Die Medikamente halfen dabei, dass man leben konnte", sagt sie. Die Wirkung der Medikamente habe bei ihr immer nach rund vier Jahren nachgelassen. "Ich kenne die Krankheit und lebe damit seit über 40 Jahren. Ich bin für jede Minute sehr dankbar", sagt Elvira Schult.

2020 war ein neues Medikament angekündigt, doch es ließ lange auf sich warten. Ihre gesundheitliche Lage war ernst. Doch im August 2024 wurde "Sotatercept" zugelassen - ein Wirkstoff, der für viele Betroffene als Durchbruch gilt. Die Medizinische Hochschule Hannover bezeichnete die Therapie als "Meilenstein". "Ein paar von uns brauchen keinen Sauerstoff mehr", erzählt Schult. Doch für sie gehören Atemnot, Herzrasen und Erschöpfung weiter zu ihrem Alltag. Sie braucht eine neue Lunge, aber in Deutschland fehlen Spenderorgane.

"Es sind auch Kinder von der Krankheit betroffen", sagt sie und ergänzt: "Und wenn es keine Organe für Erwachsene gibt, dann auch nicht für Kinder." Ihr liegt besonders das Wohl der jungen Patienten am Herzen. Deshalb setzt sie sich für eine Gesetzesänderung ein: die sogenannte Widerspruchslösung. Jeder Bürger wäre automatisch Organspender, es sei denn, er widerspräche aktiv. "So müsste sich jeder einmal mit dieser wichtigen Thematik auseinandersetzen", sagt die 55-Jährige. Vor ihrem Haus hängt ein großer Organspendeausweis - ein stiller, aber deutlicher Appell. "Die Kinder tun mir leid. Ich habe mein Leben immerhin mehr oder weniger gelebt."

Eine Schifffahrt zu den Seehundbänken

Neben ihrer persönlichen Geschichte engagiert sich Elvira Schult im Selbsthilfeverein "pulmonale hypertonie". Dort unterstützt sie andere Betroffene, organisiert Treffen und hilft beim Austausch. "Am 21. Juni haben wir ein Treffen in Cuxhaven geplant. Wir machen eine Schifffahrt zu den Seehundbänken und grillen anschließend bei uns", erzählt sie. Auch Stammtische in Hamburg und gemeinsame Weihnachtsmarktbesuche gehören zum Vereinsleben. "Aber ich wollte den anderen zeigen, dass Cuxhaven ja eigentlich das Tor zur Welt ist."

Elvira Schult ist nicht allein. "Mein Mann und meine Tochter unterstützen mich bei allem", sagt sie und lächelt. Eine besondere Rolle spielen dabei auch ihre Tiere. Seit 2012 züchtet sie gemeinsam mit Silvio Härtel norwegische Waldkatzen. Ihre Leidenschaft begann mit fünf Katzenbabys, die einst in einem Altpapiercontainer in Sievern gefunden wurden. Freunde vom Tierschutz baten sie um Hilfe - und damit begann ein neues Kapitel. Eine ihrer Katzen wurde 2014 in Schweden zum "Großen Europa-Champion" und 2015 zum "World Champion" gekürt. Auf ihre Tiere ist Elvira Schult sichtlich stolz. Tiere sind für sie nicht nur Hobby. "Tiere sind die beste Therapie", sagt sie.

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Tim Larschow

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

tlarschow@no-spamcuxonline.de

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