Finanzlücke im Krankenhaus in Otterndorf: Höhere Verluste als erwartet
Otterndorf. Die Probleme um die Finanzierung des Krankenhauses in Otterndorf werden größer. Der erste "Kassensturz" sorgt für Diskussionen.
Das Krankenhaus Land Hadeln in Otterndorf fährt höhere Verluste ein, als der Landkreis Cuxhaven und die Samtgemeinde Land Hadeln es als Gesellschafter ursprünglich erwartet hatten. Am Montagnachmittag tagte der Aufsichtsrat; bei der Sitzung wurde die aktuelle Bilanz präsentiert. Von einem "Kaltstart" bei der Übernahme des Hauses spricht der Aufsichtsratsvorsitzende und Kreis-Dezernent Michael Take und negativen "Rahmenbedingungen, die sich leider erst nach der Übernahme des Krankenhauses" ergeben hätten. Deutlich gemacht wurde nach der Sitzung das eindeutige Signal aus dem Aufsichtsrat, dass man aber für den Erhalt der Klinik stehe.
Minus in Otterndorf dreimal so hoch wie gedacht
Der ursprünglich prognostizierte Rahmen von rund 1,5 Millionen Euro als Minus in diesem Jahr ist in weite Ferne gerückt. Man muss dagegen mindestens von 4,5 Millionen Euro ausgehen. Doch für Take ist klar: "Wir lassen das Krankenhaus nicht in die Insolvenz gehen." Allerdings seien noch zu entwickelnde Ideen wichtig, um das Haus in sicheres Fahrwasser zu bringen. Land Hadelns Samtgemeindebürgermeister Frank Thielebeule sprach für den Minderheitsgesellschafter deutliche Worte: "Wir stehen uneingeschränkt zu diesem Krankenhaus und sind uns bewusst, dass wir jetzt dafür finanzielle Mittel einsetzen müssen - auch wenn die Entwicklung anders als gewünscht verlaufen ist."
Er sprach von Altlasten aus der Insolvenz, die ein Faktor der Kostensteigerungen gewesen seien. Geschäftsführer Andreas Knust - er ist seit Anfang November allein in dieser Funktion tätig - erläuterte in einem Pressegespräch, dass neben allgemein verschlechterten Rahmenbedingungen wie der Inflation auch Corona eine Rolle bei den gestiegenen Kosten gespielt habe. So habe es viele Krankheitsausfälle gegeben, die mit teuren Honorarkräften aufgefangen werden mussten. Take, Thielebeule und Knust versicherten, dass man hinter der Fortführung des 94-Betten-Hauses und seiner positiven Weiterentwicklung stehe. Jetzt müsse überlegt werden, welche strukturellen Veränderungen vorgenommen werden sollen, um es dauerhaft zu sichern. Es ginge unter anderem dabei die Fachkräftegewinnung.
"Deutsche Kliniken" und "Capio" sind Geschichte
Hinter den mehr als 200 Beschäftigten der Klinik, die bis 2005 bereits vom Kreis betrieben worden war, liegen zum Teil turbulente Zeiten und sie erlebten mehrere Eigentümerwechsel. Verkauft wurde das Krankenhaus zunächst an die "Deutsche Kliniken", bevor der "Capio"-Konzern die Regie übernahm. Capio wurde 2018 von dem französischen Krankenhauskonzern "Ramsay Sante" übernommen - allerdings blieben die Häuser in Otterndorf, Bad Brückenau und Dannenberg außen vor. Diese drei eigenständigen Krankenhausgesellschaften gingen an verschiedene Teilhaber; Geschäftsführer in Otterndorf wurden Sigurd Gawinski und André Eidt. Der Erfolg blieb aus, denn im vergangenen Jahr erfolgte die Einleitung eines Insolvenzverfahrens.
Angesichts der Bedeutung des Krankenhauses für die Region sprangen der Landkreis Cuxhaven und die Samtgemeinde Land Hadeln in die Bresche und sorgten für eine Rekommunalisierung des Krankenhauses, der Service-GmbH, des Medizinischen Versorgungszentrums in Cuxhaven und des Ambulanten Therapiezentrums. Der Landkreis ist mit 74,9 Prozent an der Krankenhaus-Gesellschaft beteiligt; die Samtgemeinde Land Hadeln hält die übrigen 25,1 Prozent. Der Gläubigerausschuss gab grünes Licht für diese Form der Übernahme und die neue Struktur, deren Ziel eine "mittel- und langfristig angelegte Sanierung" ist und bleiben soll. Das bestätigte auch Take im Gespräch mit unserer Redaktion.
Von der Realität eingeholt worden
Vor einem Jahr wurden die Verträge unterzeichnet und vorläufige Prognosen präsentiert, die aber inzwischen von der Realität eingeholt worden sind. Die ohnehin knappen finanziellen Reserven waren schon zu Jahresbeginn aufgebraucht und das zunächst kalkulierte Minus von 1,5 Millionen Euro in diesem Jahr ist inzwischen Makulatur. Jetzt sind die Politiker auf Kreis- und Samtgemeindeebene gefordert, zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, eventuell Fremdmittel (des Landes?) zu generieren oder strukturellen Veränderungen zuzustimmen, damit das Krankenhaus nicht auf Dauer in eine Schieflage gerät.
Daher liegt nun der Ball bei der Politik, wie mit dem Defizit umgegangen wird. Im Kreistag in Cuxhaven wird der Haushalt am 7. Dezember verabschiedet; der Samtgemeinderat Land Hadeln kommt am 12. Dezember zusammen. (es/wip)