
Gender-Verbot in Bayern: Wie Schulen im Landkreis Cuxhaven damit umgehen (müssen)
Das Gender-Verbot in Bayern Schulen, Hochschulen und Behörden schlägt hohe Wellen. Die Schulen in Niedersachsen gehen einen anderen Weg. Lehrkräfte aus dem Kreis Cuxhaven erklären, wie sie mit dem Thema umgehen.
Von Rebekka von Glahn
Gendern verboten: Bayerns Kabinett hat am Dienstag beschlossen, dass Gender-Gap, Gender-Stern und Co. zukünftig unzulässig sind. Das gilt für Schriftliches in Verwaltung, Schulen und Hochschulen. Das Land Thüringen hatte sich im Februar nach einer hitzigen Debatte dagegen entschieden, Gendern an Schulen verbieten. Im Kreis Cuxhaven scheinen die Schulen ohnehin nicht viel von einem generellen Gender-Verbot zu halten.
Jetzt sind in vier Bundesländern Gender-Zeichen an Schulen verboten. Vor Bayern hatten sich bereits Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein dazu entschieden. Hier müssen Bildungseinrichtungen knallhart sein: Gender-Zeichen in der Schule gelten als Rechtschreibfehler.
Punktabzug an der Universität Oldenburg
Niedersachsen ist beim Thema Gendern deutlich großzügiger: Die vom Kultusministerium festgelegten Gesetze untersagen es den Schulen, ein Gender-Verbot zu verhängen. Anders als an der Universität Oldenburg, an der ein Gender-Zwang besteht und bei Nichteinhaltung der Regelung Punkte abgezogen werden, herrscht an den meisten hiesigen Schulen ein sehr offener Umgang mit dem Thema.
Lehrer im Kreis Cuxhaven dürfen Gendern nicht verbieten
Am Gymnasium Otterndorf spricht sich die Leiterin der Courage-AG Sina Kocanda sehr positiv gegenüber der lockeren Handhabung des Genderns an ihrer Schule aus. Als Privatperson achtet die Lehrerin laut eigener Aussage sehr gewissenhaft darauf, die gendergerechte Sprache in ihren Sprachgebrauch zu integrieren. Laut Kocanda lassen die meisten Lehrer ihrer Schule den Schülern die Freiheit, ob sie gendern oder nicht. Aufgrund der vom Kultusministerium festgelegten Gesetzgebung "dürfen wir Gendern nicht als Fehler anstreichen", verdeutlicht Kocanda.
Lehrkräfte am Lichtenberg-Gymnasium Cuxhaven gehen ähnlich vor
Solange kein grammatikalischer Fehler aus dem Gendern hervorgehe, erklärt Lena Potschka, Referendarin am Gymnasium Otterndorf, akzeptieren die Lehrkräfte Gendern sowohl im mündlichen als auch im schriftlichen Sprachgebrauch. Auch am Lichtenberg-Gymnasium (LiG) Cuxhaven gelten nach Angaben von Schulleiter Martin Rehermann einheitliche Regelungen, die an die Gesetzgebung geknüpft sind.
Gender-Untersuchung von Projekt-Team an den BBS Cuxhaven
Vier Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule (BBS) Cuxhaven führten laut Schulleiter Carsten Hoppe im Rahmen einer Projektarbeit eine schulinterne Untersuchung zum Thema Gendern durch. Die Ergebnisse fielen seinen Angaben zufolge vom Projekt-Team überwiegend positiv aus.
Noch Verbesserungspotenzial an den Berufsbildenden Schulen Cuxhaven
Allerdings stellten die Schülerinnen und Schüler auch Verbesserungspotenzial fest. Bemängelt wurde unter anderem, dass noch immer vom "Lehrerzimmer" sowie dem "Lehrerparkplatz" gesprochen wird, dort also die weibliche Form fehle. Auch bei der "Schülervertretung" macht sich die genderneutrale Sprache bisher noch nicht bemerkbar. Eine weitere Beanstandung stellten nach Auffassung des Projekt-Teams die geschlechtergetrennten Toiletten und Umkleidekabinen dar, die nur für männliche und weibliche Schüler existieren. Unisex-Toiletten oder Räume für Diverse gibt es hingegen noch nicht.
Keine Vorurteile im Zusammenhang mit Geschlechtern an den BBS Cuxhaven
Positiv fiel den Schülern bei der Untersuchung sowohl die Homepage als auch das Fehlen von Geschlechterdiskriminierung an der BBS Cuxhaven auf. Das Projekt-Team kam zum Schluss, dass die Schule aktiv dafür einstehe, dass Vorurteile an der Bildungseinrichtung keinen Platz haben.
Gleichstellungsbeauftragte als Plus an den BBS Cuxhaven
Auch die zwei Gleichstellungsbeauftragten stachen bei der Untersuchung heraus, wie auch die farbenfrohe Innengestaltung der Schulräume, die keinem Geschlecht zuzuordnen ist. Laut Hoppe ergab die Untersuchung, dass die meisten Lehrkräfte ein hohes Bewusstsein für eine Gendersensibilität aufweisen. Es gebe aber auch Lehrkräfte, bei denen der Aspekt des Genderns noch nicht verankert ist. "Gleiches spiegelt sich auch bei den Arbeitsmaterialien für den Unterricht wider", heißt es.
Cuxhavener BBS-Schulleiter: "Finanzieller Aufwand"
Schulleiter Hoppe freut sich über die durchgeführte Untersuchung: Eine Rückmeldung von Schülerinnen und Schülern zu erhalten, sei "hilfreich, da Dinge im Alltag untergehen. Gleichwohl lassen sich nicht alle Kritikpunkte kurzfristig beheben, da sie nur unter größerem finanziellen Aufwand umgesetzt werden können."
Nach Angaben von Schulleiter Carsten Hoppe setzt sich in der schriftsprachlichen Kommunikation und in der gesprochenen Sprache an den BBS "immer stärker eine geschlechtersensible Sprache durch". Seinem subjektivem Empfinden nach scheint es so, als ob die geschlechtersensible Sprache "den jüngeren Kolleginnen und Kollegen leichter als den älteren fällt".
Was ist Gendern?
Der englische Begriff Gender steht für das (soziale) Geschlecht. Um sämtliche Geschlechter zu implizieren, werden im Schriftlichen Wörter mit Sternchen (*), Unterstrich (_) oder Doppelpunkt (:) verwendet. Aus den Schülern werden somit "zum Beispiel "Schüler*innen", "Schüler_innen" oder "Schüler:innen".
Beim Sprechen werden diese Zeichen durch eine kurze Pause hörbar. Hierbei handelt es sich um gendergerechte Sprache. Eine deutschlandweite Gesetzesregelung gibt es bislang nicht.