
Landkreis Cuxhaven will Waschbecken aus Klassenzimmern entfernen
Ein Waschbecken in einem Klassenzimmer? Eigentlich ein normaler Anblick. Doch in den Schulen des Landkreises sollen sie nach und nach verschwinden oder sind bereits demontiert worden. "Warum?", fragt sich der Schulelternrat am Hemmoorer Gymnasium.
Die Begründung des Landkreises, dass man durch diese Maßnahme "mögliche Gefährdungen minimieren" wolle, sei - so der Schulelternrat am Hemmoorer Gymnasium - nicht stichhaltig. Der Vorsitzende des Gremiums, Tobias Deuter, beklagt zudem, dass der Landkreis bislang nicht zu einem persönlichen Gespräch bereit gewesen sei.
Das Thema kochte auf einer der Sitzungen des Schulternrates im Herbst vergangenen Jahres erstmals hoch und sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. "Für uns war nicht nachvollziehbar, wie man auf eine solche Idee kommen kann", sagt Deuter. Er schickte Ende Oktober eine E-Mail an den Landkreis mit der Bitte um einen "kurzen Austausch und Informationen". Nach rund sechs Wochen erhielt er ein Schreiben aus dem Kreishaus, in dem auf die "Trinkwasserhygiene" hingewiesen wird. Die Verwaltung verweist darauf, dass bei einer Erwärmung des Wassers "in den Bereich von 40 Grad" die "Wachstumsrate von Legionellen exponentiell" steige.
Auf "erforderliches Minimum reduzieren"
Das mag sein, aber aus den Wasserhähnen in den Waschbecken der Unterrichtsräume fließt nur Kaltwasser. Warum also die Demontage? Die Antwort des Landkreises: "Auch bei Kaltwasser besteht ein gewisses Restrisiko, welches mit entsprechenden Wasseranalysen regelmäßig überwacht wird. Jede Wasserentnahmestelle birgt somit die Gefahr einer Trinkwasserproblematik." Um auch die "Gefährdung der mangelnden Durchströmung und des nicht ausreichenden Wasseraustausches" zu minimieren, sei eine Reduzierung der Entnahmestellen auf das "erforderliche Minimum" zwingend notwendig.
Den Schulelternrat am Gymnasium in Hemmoor überzeugt diese Argumentation nicht. Schließlich würde es auch technische Möglichkeiten geben, die angebliche "Gefährdung" zu reduzieren oder gar auszuschließen.
Die Schülerinnen und Schüler würden die Waschbecken stark in Anspruch nehmen - sei es zum Händewaschen oder zum Nachfüllen von Wasserflaschen: "Sollen die Kinder und Jugendlichen jedes Mal in die Sanitärräume rennen, um sich Wasser zu holen?", fragt sich Deuter. Und wenn der Landkreis schon mit möglichen "Gefährdungen" argumentiere, dann solle man sich einmal die Bedeutung der Handhygiene gerade in Zeiten einer Pandemie oder Grippewelle vor Augen führen.
"Je Klassenraum ein Waschbecken"
Es seien durchaus technische Möglichkeiten wie Filter vorhanden, um keine potenzielle Legionellenbildung zu ermöglichen: "Natürlich gibt es diese Sicherheit nicht umsonst", weiß auch Deuter. Doch diese technischen Schutzmaßnahmen seien immer noch sinnvoller als ein Verzicht auf Waschbecken.
Der Schulelternrat hat sich inzwischen mit Fachleuten zusammengesetzt und sieht sich in seiner Meinung auch durch die "Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung" (DGUV) bestätigt, die empfiehlt: "Je Klassenraum sollte ein Waschbecken mit mindestens fließendem Kaltwasseranschluss vorgesehen werden."
Nachhaltigkeit sei "großes Ziel"
Beim Landkreis ist man sich zwar bewusst, dass es alternativ auch technische Lösungen gibt, "welche eine Durchströmung und einen Wasseraustausch weitestgehend gewährleisten können, das Gefährdungspotenzial ist aber aufgrund der Mehrung der Entnahmestellen und der entsprechenden Leitungslängen weiterhin vorhanden". Zusätzlich sorgten "die technischen Lösungen nicht nur für Mehrkosten in Anschaffung und im Betrieb, sondern zugleich für einen höheren Wasserverbrauch". Dies stünde nicht im Einklang "mit dem großen Ziel der Nachhaltigkeit und des bewussten Gebrauchs von Rohstoffen".
"Keine Änderung der Vorgehensweise"
Hinzu komme: "Die ursprüngliche Funktion der Waschtische in den Unterrichtsräumen ist durch die Digitalisierung und das damit verbundene Verschwinden der Kreidetafeln nicht mehr gegeben." Statt Waschbecken in Unterrichtsräumen setze der Landkreis an seinen Schulen - "sofern technisch möglich" - auf eine zentrale Wasserentnahmestelle in Form eines Trinkwasserspenders.
Tobias Deuter ärgert, dass man sich beim Landkreis seit Oktober gegen ein persönliches Gespräch sperre, in dem man die Argumente direkt austauschen und nach Lösungswegen suchen könnte. Viel nützen würde das aber wohl auch nicht, denn bereits im Januar kam eine klare Ansage aus dem Kreishaus, dass "keine Änderung der angekündigten und teilweise bereits umgesetzten Vorgehensweise" geplant sei.