Millionen-Minus zeichnet sich ab: Krankenhaus in Otterndorf auf dem Prüfstand
Otterndorf. Viel diskutiert wird zurzeit auf Ebene des Kreistages und der Samtgemeinde Land Hadeln über die Zukunft des Otterndorfer Krankenhauses.
Ein Kandidat für die Notfallaufnahme ist das Otterndorfer "Krankenhaus Land Hadeln" zwar nicht. Doch um das mittel- und langfristig zu vermeiden, ist eine Behandlung dringend notwendig. Nach dem sich abzeichnenden Minus von mindestens 4,5 Millionen Euro in diesem Jahr richtet sich der Blick von Politik und Verwaltungen in die Zukunft. Klar scheint bereits jetzt zu sein, dass auch 2024 eine umfangreiche Defizitabrechnung durch die Gesellschafter (Landkreis Cuxhaven und Samtgemeinde Land Hadeln) notwendig wird. Und danach?
Es war natürlich nur purer Zufall, dass am Dienstag nahezu zeitgleich zur Sitzung des Finanzausschusses des Cuxhavener Kreistages der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Berlin vor die Presse trat und nicht weniger eine als "eine Revolution" in der Krankenhausfinanzierung ankündigte: "Wir haben das Gleichgewicht verloren zwischen Medizin und Ökonomie", sagte der Minister nicht zuletzt mit Blick auf die Fallpauschalen, die insbesondere größeren Kliniken einen Anreiz bieten würden, bei der Behandlung und Zahl der Patienten auf "Masse" zu setzen. Das bisherige System basiere auf "billig und Menge". Doch man könne nun einmal eine Klinik nicht so führen wie einen Lebensmitteldiscounter. Viele Krankenhäuser hätten inzwischen "massive Probleme".
Probleme hat auch die Otterndorfer Klinik, die nach mehreren privaten Eigentümerwechseln in ein Insolvenzverfahren geraten war. Retter in der Not war schließlich die öffentliche Hand: Der Landkreis übernahm 74,9 Prozent der Gesellschaftsanteile, den Rest hält die Samtgemeinde Land Hadeln.
In dieser Woche wurde im Finanzausschuss des Kreistages nicht nur über die weitere Vorgehensweise gesprochen (am gestrigen Abend sollte auch Dezernent Manfred Take auf einer Sondersitzung von CDU und FDP Rede und Antwort stehen). Vielmehr gab es auf der Ausschusssitzung auch nähere Details zu den Umständen, die zur Übernahme der Klinik durch Kreis und Samtgemeinde führten. So wurden Unterlagen der Stuttgarter "ETL AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft" präsentiert, die sich intensiv mit der Situation des Krankenhauses auseinandergesetzt und diese in zwei Teilen (getrennte Berichte für Januar bis Ende Juni sowie für Juli bis Dezember 2021) beleuchtet hat. Ende vergangenen Jahres war es zur Rekommunalisierung des Krankenhausbetriebes mit mehr als 200 Beschäftigten und über 90 Betten gekommen.
Demnach hatte sich im ersten Halbjahr 2021 ein Fehlbetrag von über 6,5 Millionen Euro ergeben, während das zweite Halbjahr einen Überschuss von knapp 600.000 Euro aufwies. Nähere Informationen gab es auch zu Gewinnen und Verlusten der Tochtergesellschaften (unter anderem Medizinisches Versorgungszentrum in der Cuxhavener Rohdestraße mit einem Defizit von rund 250.000 Euro).
Doch inzwischen liegt der Fokus der politischen Diskussion nicht mehr nur bei der Situation vor einem Jahr, als die Übernahme erfolgte, sondern vielmehr bei den Zukunftsaussichten. In dem Bericht der Geschäftsführung zur Sitaution Anfang dieses Jahres hieß es dazu unter anderem: "Die im Zuge des Insolvenzplanverfahrens gewährte Finanzmittelausstattung wurde so kalkuliert, dass die Gesellschaft hieraus die für die Jahre 2022 bis 2024 geplanten negativen Ergebnisse sowie einen sich abzeichnenden Finanzmittelbedarf für Investitionen wird finanzieren können. Jedoch ist aufgrund der negativen Jahresergebnisse damit zu rechnen, dass die Gesellschaft ohne weitere externe Zuführungen zum Eigenkapital zum 31. Dezember 2022 ein negatives Eigenkapital ausweisen wird."
Es lief also nicht wie erhofft oder gewünscht in den letzten Monaten für das Krankenhaus. Das führte auch dazu, dass das ursprünglich angepeilte Ziel eines Fehlbetrages von 1,5 Millionen Euro in diesem Jahr sich wohl nahezu verdreifachen wird. Hinzu kommt die personelle Situation: Weiterhin angespannt sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt für ärztliches und pflegerisches Personal, was sich unter anderem durch den weiteren Ausbau der "Stations-Mindestbesetzungen" im Pflegebereich, noch verstärkt habe. "Die Krankenhäuser stehen vor der Herausforderung, bei einem zunehmenden Fachkräftemangel, aufgrund gesetzlicher Regelungen, die Qualität der Patientenversorgung auf einem hohen Niveau zu halten", heißt es in einer Stellungnahme der Geschäftsführung.
Wobei wir wieder bei Karl Lauterbach wären: Bundesweit stünden viele Krankenhäuser inzwischen vor "massiven Problemen". Die Kommunalpolitiker und -politikerinnen im Kreis-Finanzausschuss sowie im Samtgemeinderat sehen das zwar auch so, aber wollen die medizinische Versorgung im Cuxland nicht gefährden. Spätestens im kommenden Jahr wird es dann aber einen Kassensturz und dann auch eine Entscheidung über mögliche andere Strukturen für die Otterndorfer Klinik treffen.