Frank Springer ist seit wenigen Tagen Verwaltungschef in Lamstedt. Foto: privat
Frank Springer ist seit wenigen Tagen Verwaltungschef in Lamstedt. Foto: privat
Eine Woche nach Amtsantritt

Neuer Lamstedter Samtgemeindebürgermeister hat gleich in den 2. Gang geschaltet

von Ulrich Rohde | 05.07.2024

Seit dem 1. Juli ist Frank Springer als direkt gewählter Samtgemeindebürgermeister in der Börde Lamstedt im Amt. Im Interview verrät er, welche Ziele er sich für seine Amtszeit gesteckt hat.

Herr Springer, Sie sind vor wenigen Tagen in Ihrem neuen Amt als Bürgermeister der Samtgemeinde Börde Lamstedt angekommen. Wie fühlt sich das an?

Ein tolles Gefühl, wieder zu Hause in meiner Heimat zu sein. Aber die Entwicklung der Börde war, ist und bleibt für mich eine Herzensangelegenheit. Ich möchte hier die nächsten Jahrzehnte etwas ausbauen und nicht darauf warten, bis man den eigenen Gestaltungsspielraum verliert. Viel wichtiger sind aber die Menschen und die Stimmung um mich herum. Ich spüre in der Bevölkerung, Politik und Verwaltung eine richtige Aufbruchstimmung. Genau das brauchen wir jetzt auch, denn wir haben gemeinsam viel vor. Es ist Zeit, dass wir die Börde voranbringen. Deswegen bin ich übrigens überhaupt nur angetreten.

Sie sind mit über 92 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von gut 70 Prozent am 9. Juni gewählt worden, ein überwältigendes Vertrauensvotum der Bürgerinnen und Bürger der Samtgemeinde Börde Lamstedt. Wie gehen Sie damit um, was bedeutet das für Sie?

Das Ergebnis war schlicht überragend, beinhaltet aber zugleich auch eine hohe Erwartungshaltung in meine Person. Genau diese Vorschusslorbeeren möchte ich erfüllen und gerne im Laufe meiner Amtszeit zurückgeben. Ich bin aber auch wahnsinnig stolz, dieses ehrenvolle Amt des Samtgemeindebürgermeisters inne zu haben. Die Wahl ist mittlerweile durch und war in der Börde natürlich ein großes Thema. Jetzt reicht es aber auch; ich lege meinen Fokus voll und ganz auf meine Arbeit. Wer mich in meiner ersten Woche erlebt hat, der hat, glaube ich, gemerkt, dass wir gleich in den 2. Gang geschaltet haben. Wir haben kaum Zeit, dafür aber viele Projekte mit Problemen vor der Brust, die gelöst werden müssen.

In der Verwaltung der Börde haben Sie nun die Gestaltungshoheit. An Ihrer Seite stehen neben Henning von Bargen als Ihr Vertreter auch viele weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen Sie die meisten noch aus Ihrer Zeit im Lamstedter Rathaus kennen dürften, bevor Sie als Erster Samtgemeinderat nach Hemmoor gewechselt sind. Wie wird die künftige Aufgabenteilung zwischen Ihnen und Henning von Bargen aussehen?

Zunächst einmal zolle ich nicht nur Henning von Bargen, sondern auch Volker Thiel, dem zweiten Amtsleiter im Rathaus, sowie dem kompletten Team riesigen Respekt. Alle haben in den vergangenen Monaten das Boot bravourös auf Kurs gehalten. Das war nicht selbstverständlich. Henning von Bargen und ich saßen schon im Studium nebeneinander. Böse Zungen behaupten, wir hätten sogar voneinander abgeschrieben. Das möchte ich an dieser Stelle nicht weiter kommentieren. Auf jeden Fall kennen wir uns schon lange und schätzen uns sehr. Ich behaupte, auch selbst einen großen Anteil daran gehabt zu haben, dass er damals überhaupt in die Börde Lamstedt gewechselt ist. Es wird definitiv eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit werden, da bin ich mir sicher. Aufgrund unserer beruflichen Erfahrungen hatten wir teils unterschiedliche Themenschwerpunkte. Das werden wir sicherlich ausnutzen und die Aufgaben und Verantwortung entsprechend aufteilen.

Was war das Erste, das Sie am Tag Ihres Amtsantritts in Angriff genommen haben?

Wie üblich drehte ich kurz nach 8 Uhr meine tägliche Runde im Rathaus. Das ist schon seit vielen Jahren so, auch in Hemmoor. So können eben direkt viele kleinere Dinge besprochen und Rücksprachen erledigt werden. Am ersten Tag stand aber eher die Begrüßung mit vielen Händeschütteln, Smalltalk und Umarmungen auf dem Programm. Ich wurde wirklich toll aufgenommen.

Die Samtgemeinde gilt mit ihrer geringen Einwohnerzahl und ländlichen Struktur als finanzschwach. Gleichzeitig muss aber viel Geld in die Hand genommen werden, um die Kommune fit für die Zukunft zu machen. Wie wollen Sie das anstellen?

Ihre Aussage zur Finanzschwäche kann ich so nicht stehen lassen. Die Samtgemeinde ist eine von nur zwei Kommunen im Landkreis, die 2024 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen konnte. Zudem konnten die im Jahr 2016 aufgestellten Prognosen zum Abschluss der Stabilisierungsvereinbarung mit dem Land nicht nur erfüllt, sondern um mehrere Millionen Euro übertroffen werden. Das funktionierte nur durch diszipliniertes und sparsamen Handeln. Außerdem liegt im Hinblick auf die Einwohnerzahl und Fläche eine mehr als überdurchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung vor. Der Kurs stimmt also. Es gibt aber ein anderes Problem: Bis vor einigen Jahren hatte die Börde lediglich ein Einnahmeproblem. Jetzt kommt auch noch das Ausgabeproblem hinzu, für das wir leider nichts können. Durch die Inflation, verbunden mit gestiegenen Rohstoffpreisen und Tarifkosten, könnten wir mittelfristig wieder in Schieflage geraten. Es ist nun Zeit, mutig für etwas Neues zu sein und die eine oder andere Veränderung einzuleiten. Nur so können wir uns in der Börde zukunftsfähig aufstellen. Gegenüber der Politik habe ich daher bereits einen konsequenten und strikten Sparkurs in den nächsten Jahren angekündigt. Alles wird auf den Prüfstand gestellt. Jeder Stein wird umgedreht. Wie im privaten Haushalt auch, können wir nur das ausgeben, was wir uns auch zukünftig leisten können. 

Wo sehen Sie generell den bedeutendsten Schwerpunkt Ihrer Arbeit in der vor Ihnen liegenden Amtszeit?

Die große Stärke der Börde war immer die Geschlossenheit und das Miteinander nach außen. So konnten wir vieles erreichen und da sollten wir auch wieder hinkommen. Erste fraktionsübergreifende Gespräche stimmen mich da mehr als zuversichtlich. Um allen in der Börde gerecht zu werden, brauchen wir dazu gleiche Lebensbedingungen in allen Ortschaften sowie eine Stärkung der finanziellen Leistungsfähigkeit im Verbund, um die zukünftigen Projekte zu stemmen. Ich finde, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wurde eine gute Infrastruktur geschaffen. Auf dieser Grundlage sollten wir weiter aufbauen und eine Qualitätsverbesserung des vorhandenen Angebots schaffen. Lieber planvoll und beständig investieren, als einen Investitionsstau vor sich zu haben, der die bestehenden Finanzen überfordert. Mit diesem Stil möchte ich der Börde ein Markenzeichen mit Wiedererkennungswert geben.

In der nächsten Zeit müssen Sie einige wichtige Themen angehen, so müssen Sie den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Börde, also im Wesentlichen Photovoltaik und Windenergie, moderieren. Haben Sie dazu schon eine Strategie entwickelt und wenn ja, wie sieht sie aus?

Selbstverständlich habe ich bei diesem wichtigen Thema einen Plan. Grundsätzlich sind Erneuerbare Energien nicht nur wertvoll für die Umwelt, sondern auch mittlerweile gut für den kommunalen Geldbeutel. Auch eine mögliche Beteiligung der Bevölkerung zur Steigerung der Akzeptanz ist wichtig. Den rechtlichen Rahmen hat der Gesetzgeber dazu eindeutig definiert. Auf diesen Zug springt auch die Börde Lamstedt auf. Die Samtgemeinde hat sich bekanntlich schon vor meinem Amtsantritt klar und deutlich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Börde Lamstedt ausgesprochen. Als Zeichen dafür wurde die verankerte Ausschlusswirkung für Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan ersatzlos gestrichen. Die Aufhebung der Ausschlusswirkung wurde übrigens vor zwei Tagen rechtskräftig. Damit ist grundsätzlich der Weg für Investoren frei. Aber auch wir werden uns zukünftig nicht zurücklehnen und abwarten, was kommt. Ganz im Gegenteil. Wir werden proaktiv und besprechen mögliche Projekte und Anträge im Bereich Photovoltaik und Windkraft direkt mit dem Landkreis. Allerdings mit Bedacht, um die gute Lebensqualität in der Börde Lamstedt zu halten. Gerade für die angrenzenden Anwohnerinnen und Anwohner können diese Anlagen sehr belastend sein. Alle Interessen sollten dabei neutral und vorurteilsfrei abgewogen werden.

Das Schwimmbad Lambada in Lamstedt ist wie viele andere öffentliche Bäder sanierungsbedürftig. Es muss Geld investiert werden. Was wollen Sie tun, damit es weiter betrieben werden kann?
Das Wichtigste zuerst: Das Hallenbad Lambada steht bei mir nicht zur Diskussion! Warum auch? Der Betrieb läuft ja. Aber natürlich müssen wir in den nächsten Jahren beim Schwimmbad ran. Die Technik im Gebäude ist größtenteils über 50 Jahre alt. Das hält keine weiteren Jahrzehnte. Eine notwendige Sanierung mit Kosten in Millionenhöhe können wir nur mit Zuschüssen stemmen. Wir brauchen dazu ein gutes Netzwerk über die Kreis- und Landesgrenzen hinaus. Wichtig ist dabei nicht nur, den Fokus auf eine Förderung zu legen, sondern mehrere Programme anzuzapfen, die sich nicht gegenseitig ausschließen. Ohne die eine oder andere innovative Idee wird es aber nicht gehen.

Die bevorstehende Ganztagsbetreuung an Grundschulen war in den vergangenen Monaten ein großes Thema in der Samtgemeinde. Es gibt dazu auch einen Beschluss des Samtgemeinderates, gleichzeitig aber auch viele damit verknüpfte offene Fragen. Wie wollen Sie den Beschluss umsetzen?

Bei allen wichtigen Entscheidungen steht für mich die gute Bildung unserer Kinder im Vordergrund. Zum Thema Ganztagsbetreuung und dem Rechtsanspruch ab 2026 liegt jetzt ein Beschluss vor, den wir verwaltungsseitig abarbeiten. Jedoch sollten bei einer so wichtigen Entscheidung alle Eventualitäten berücksichtigt werden. Wir müssen uns auch die Frage stellen, können wir uns eine Grundschule mit insgesamt 200 Grundschulkindern an mehreren Standorten überhaupt leisten. Natürlich spielt dafür auch der Schulentwicklungsplan des Landkreises eine wichtige Rolle. Hierzu bin ich mit dem Landrat im regen Austausch. Ende Juli treffen wir uns hier vor Ort und werden die gesamte Schulsituation einmal besprechen. Eventuell arbeiten Samtgemeinde und Landkreis dann ja an einer gemeinsamen und nachhaltigen Lösung.

Auch Handel und Gewerbe wollen sich in der Börde weiterentwickeln. Der Lamstedter Ortskern soll zudem für Kunden attraktiver werden. Was ist hier Ihr Plan für die Zukunft?

Geht es den Unternehmen vor Ort gut, geht es auch den Kommunen gut. Natürlich liegt die überwiegende Wirtschaftskraft im Kernort Lamstedt. Aber auch in den Mitgliedsgemeinden sind Betriebe, die möglicherweise am Standort expandieren möchten. Diese Unternehmen werden wir zum Wohle der Kommunen an die Hand nehmen. Für den Lamstedter Ortskern müssen wir besonders freie und leerstehende Flächen und Gebäude vermeiden. Dazu benötigen wir natürlich auch den Ausbau des Einzelhandels, eine Stärkung der ärztlichen Versorgung und die Ausweisung weiterer Gewerbeflächen. Die Nachfrage ist da, die Unternehmen wissen, hier in der Börde entwickelt sich etwas. Wir sollten endlich das Kirchturmdenken beiseitelegen und die Region im Fokus sehen. Daher werden wir sicherlich auch mit dem Landkreis über das Regionale Raumordnungsprogramm sprechen müssen. Zum Beispiel ist der Martin-Steffens-Park in Lamstedt ein Paradies der Naherholung. Dieser Rohdiamant hat riesiges Potenzial, muss aber noch etwas geschliffen werden. Ich habe dazu ein Konzept in der Schublade, möchte das aber zunächst mit der zuständigen Gemeinde Lamstedt abstimmen. Aber ich weiß, dass der gesamte Rat und insbesondere Bürgermeister Manfred Knust sich sehr für eine Attraktivierung und Weiterentwicklung des Lamstedter Kernorts einsetzen werden. 

Sie sind mit 37 Jahren einer der jüngsten, wenn nicht der jüngste Verwaltungschef in der gesamten Region, verfügen aber bereits über eine sehr lange berufliche Erfahrung. Gleichzeitig sind die Herausforderungen für die Kommune in den kommenden Jahren enorm. Was gibt Ihnen die Zuversicht, Ihre Ziele dennoch erreichen zu können?

Zunächst einmal ist mir wichtig, zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung zu vermitteln. Es gibt natürlich immer unterschiedliche Meinungen und das ist auch gut so. Davon lebt die Demokratie. Ich schätze Neutralität. Niemand soll bevorteilt oder benachteiligt werden. Ich sehe mich zudem als unabhängigen Strippenzieher, aber nicht im Hintergrund, sondern mit Verantwortung in der ersten Reihe. Dazu braucht es einen klaren Plan, eine richtungsweisende Struktur und eine leistungsstarke Verwaltung. Die Grundlagen wurden dafür jetzt geschaffen und werden weiter ausgebaut. Aber die Aufgaben, die auf uns zukommen, werden komplexer und vielfältiger. Allein die kommunalen Pflichtaufgaben zu bündeln, ist für uns als kleine Samtgemeinde schon ein Kraftakt. Da müssen alle mit anpacken. Der Wille ist da, das spüre ich. Genau das macht mich zuversichtlich.

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Ulrich Rohde

Redaktionsleiter
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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