Da schlägt das Herz von Klimaschützern und Naturfreunden höher: So wie hier im Dorumer Moor könnte es künftig an zahlreichen weiteren Standorten im Cuxland aussehen, wenn die Pläne für die Vernässung von Mooren greifen. Doch noch gibt es reichlich Gesprächsbedarf über die mögliche Umwandlung trockener Böden, die zahlreiche Landwirte bislang für die Agrarproduktion nutzen. Archivfoto: Jan-Hinnerk Schwarz
Da schlägt das Herz von Klimaschützern und Naturfreunden höher: So wie hier im Dorumer Moor könnte es künftig an zahlreichen weiteren Standorten im Cuxland aussehen, wenn die Pläne für die Vernässung von Mooren greifen. Doch noch gibt es reichlich Gesprächsbedarf über die mögliche Umwandlung trockener Böden, die zahlreiche Landwirte bislang für die Agrarproduktion nutzen. Archivfoto: Jan-Hinnerk Schwarz
Große Flächen betroffen

Großflächige Moorvernässung im Cuxland: Eine unklare Zukunft für Natur und Bauern

von Egbert Schröder | 14.09.2024

Eine "Potenzialstudie" für große Moorflächen im Cuxland sorgt für Irritationen und Diskussionen. Werden Natur- und Klimaschutz gegen die Landwirtschaft  ausgespielt? Tatenlos will die Kreispolitik dabei nicht zusehen.

Wie umfangreich betrifft die in Niedersachsen geplante großflächige Moorvernässung den Landkreis Cuxhaven? Wo gibt es Nutzungs- und Interessenkonflikte? Und vor allem: Wie kann es gelingen, Klimaschutzmaßnahmen so umzusetzen, dass sie auch von den bisherigen Nutzern trockener Moorböden akzeptiert werden? Wer gedacht hatte, dass sich durch die vom Land in Auftrag gegebene "Potenzialstudie" zu den niedersächsischen Mooren viele Fragen klären lassen, dürfte enttäuscht sein. "Alles sehr oberflächlich", lautete eine Aussage im Fachausschuss des Kreistages in dieser Woche. Vielleicht oberflächlich, aber dennoch von enormer Bedeutung für das moorreiche Cuxland.

Was will das zuständige niedersächsische Umweltministerium mit der umfassenden Untersuchung eigentlich bezwecken? Vor allem ist die Studie eine Art Grundlagenforschung mit Blick auf die Potenziale, die Moorflächen in Niedersachsen bei der Bekämpfung des Klimawandels einnehmen könnten. Trockene Moore haben für die Klimaschützer wenig Sinn, denn sie sorgen dafür, dass Kohlendioxid in die Luft gelangen kann. Nach Berechnungen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) waren im Jahr 2020 Moorböden und weitere kohlenstoffreiche Böden in Niedersachsen für eine Treibhausgasemission im Umfang von 18 Prozent der gesamten Emissionen in Niedersachsen verantwortlich. Hinzurechnen müsste man noch die Emissionen aus der Torfproduktion, die noch gravierender seien.

Intakte Moore erfüllen dagegen nicht nur nach Ansicht des Umweltministeriums eine "wichtige Funktion für das Klima, die biologische Vielfalt und einen ausgeglichenen Wasserhaushalt". Da setzt die Studie an, um zu ermitteln, in welchen Regionen Niedersachsens der Hebel angesetzt werden muss, damit Moore aus Klimaschutzzwecken vernässt werden können und sollten.

275 Flächen in
ganz Niedersachsen

Landesweit wurden 275 Moorgebiete, die mindestens 150 Hektar umfassen, als mögliche Zielregionen erfasst. In den Untersuchungen spielt das Cuxland eine große Rolle, denn allein 20 der untersuchten Gebiete liegen im Küstenkreis. Dabei handelt es sich um eine Gesamtfläche von rund 46.500 Hektar (vorwiegend Hoch- und Niedermoorbereiche). Eigentlich müsste man noch mehr als 20.000 Hektar kohlenstoffreiche Böden hinzurechnen, aber da diese nicht in Moorgebieten liegen, tauchen sie in der Studie nicht auf.

Nutzflächen bilden
das größte Potenzial

Bei den Moorflächen, die untersucht worden sind, ist ein Konflikt mit Landwirten programmiert, denn das höchste Potenzial zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen bilden mit einem Umfang von rund 17.600 Hektar die landwirtschaftlichen Nutzflächen. Dort werden als mögliche Maßnahmen die Teil- oder Vollvernässung genannt. Bei der Vollvernässung kann dies die komplette Nutzungsaufgabe, die Grünlandpflege zu Naturschutzzwecken, aber auch die großflächige Installation von Photovoltaikanlagen auf den unter Wasser gesetzten Flächen sein.

Das Land will nach eigener Aussage die Studie nutzen, um in den betroffenen Regionen und einzelnen Moorgebieten Initiativen, Kooperationen und Projekte anzuschieben oder voranzubringen. Für die Umsetzung konkreter Maßnahmen müssten laut Ministerium jedoch noch weitere Grundlagen erarbeitet werden - und das "auch für die Planungs- und Genehmigungsverfahren in den jeweiligen Moorgebieten unter Einbindung der Akteure vor Ort".

Darauf setzt auch der Landkreis, denn bereits in der Vergangenheit hatte unter anderem Landrat Thorsten Krüger davor gewarnt, über die Köpfe von Landwirten und Politikern hinweg Maßnahmen zu ergreifen. Dies werde Auswirkungen für die gesamte Landwirtschaft im Cuxland sowie deren vor- und nachgelagerte Bereiche haben.

"Ganz nett, aber
keine Lösung"

Im Ausschuss für Umwelt-, Klima- und Verbraucherschutz und Landwirtschaft des Kreistages kam in dieser Woche bei der Zusammenfassung der Grundaussagen der Studie nicht gerade Euphorie auf. "Für mich sind das zunächst ein paar Grundlagedaten. Die müssen vor Ort unterlegt werden", so Gunnar Böltes (SPD). Rainer Müller (CDU) kritisierte die angebliche Oberflächlichkeit der Studie, die "zwar ganz nett ist, aber keine Lösung bringt". Das sah auch Hendrik Rehm (SPD) so: "Wir müssen uns in Zukunft bei dieser Frage über konkrete Dinge unterhalten."

Wann das sein wird, ist nicht absehbar. Die Studie kann zumindest aus Sicht der Kreistagspolitiker erst der Anfang sein. Sie pochen - so wird es auch in einer Stellungnahme kurz skizziert - darauf, dass die Kreise in einen engen Dialog einbezogen werden und es "umfassende Wirtschaftlichkeits- und Folgeanalysen" in moorreichen Landkreisen geben muss. Ein Durchdrücken von Maßnahmen dürfe es nicht geben: "Freiwilligkeit muss Grundlage weiterer Überlegungen werden."

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Egbert Schröder

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

eschroeder@no-spamcuxonline.de

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