
"Bin leider so erzogen worden": Wofür sich "Deine Cousine" heute einsetzt
Beim Deichbrand 2025 tritt Ina Bredehorn alias "Deine Cousine" im Palastzelt auf. Im Interview auf dem Gelände am Seeflughafen Cuxhaven/Nordholz in Wanhöden spricht sie über feministische Themen, Festival-Green-Flags und ihre Traum-Headliner.
Ina Bredehorn, bekannt als "Deine Cousine", wuchs in Niedersachsen auf und entdeckte ihre Leidenschaft für die Bühne bereits im Kindergartenalter. Nach einer Ausbildung zur Industriemechanikerin und bestandener Meisterprüfung entschied sie sich für einen musikalischen Weg. Sie ist bekannt für ihre deutlichen Worte.
Ein Popkurs in Hamburg brachte Ina Bredehorn 2011 mit Anselm Kluge und Peter Weihe zusammen, die sie bestärkten, ihre Musikkarriere weiterzuverfolgen. Beim Panikpreis für Nachwuchstalente von Udo Lindenberg, an dem sie 2014 teilnahm, knüpfte sie eine enge Verbindung zu dem Künstler. Mit der Punkrockband "Sondaschule" veröffentlichte sie 2023 den Song "Der Himmel ist 'ne Kneipe" und begleitete sie auf der "Gute Zeiten Tour". Auch mit "Madsen" war sie im selben Jahr auf deren "Hollywood Tour" unterwegs. Ihr drittes Album "Freaks" erschien am 9. Mai 2025. Im Interview mit Reporterin Bengta Brettschneider verriet "Deine Cousine", welche Künstler und Künstlerinnen ihre Musik beeinflusst haben, warum ihre Songs feministische Themen haben und was ihre Red und Green Flags fürs Festival sind.

Das Deichbrand-Festival feiert 20. Geburtstag: Was würdest Du Deinem 20 Jahre jüngeren Ich sagen, wenn Du mit ihm sprechen könntest?
Oh, mein 20 Jahre jüngeres Ich: Mach noch mehr Party, als Du gemacht hast. Das Leben ist kurz.
Wie würdest Du auf die 2000er zurückblicken? Was war cool? Was könnte man zurückholen und was ging gar nicht?
Vieles von der Mode, die cool war, ist ja schon zurück. Ich habe mir vor einem Jahr mit großer Überzeugung Buffalo's [Schuhe; Anm. d. Red] gekauft. Und ich liebe, liebe, liebe, dass dieser ganze Skater-Boy-Look zurück ist.
Welche Künstler und Künstlerinnen haben Deinen Musikstil und Deine Kunst beeinflusst?
Wer mich direkt beeinflusst hat, sodass man das jetzt heraushört, kann ich gar nicht so richtig sagen. Außer natürlich irgendwie alles deutsche Punk-Zeug, womit man so groß geworden ist. Aber es ist, glaube ich, eine Mischung aus dieser ganzen 2000er-Musik. Die Arctic Monkeys, die Toten Hosen, die es einfach schon 30 Jahre früher gemacht haben. Und aber auch irgendwelche weibliche Künstlerinnen, die einfach krass anders gesungen haben, als ich es damals wahrgenommen habe von Männern.
Du hast auch eine Aktion gemacht, um Aufmerksamkeit auf Frauenhäuser zu lenken.
Wir haben ein Soli-Shirt im Shop für den Verein Frauenhauskoordinierung. Dieser setzt sich für den Schutz und die Rechte von Frauen in Gewaltsituationen ein, sowie die Hamburger Initiativen "Silbersack Hood" und "Hanseatic Help", die sich für soziale Gerechtigkeit und niedrigschwellige Hilfeleistungen in der Stadt engagieren.
Wie bist Du dazu gekommen?
Ich glaube, der Punkt ist generell, dass ich in meinen Songs halt gerne meine Geschichten erzähle. Und meine Geschichten führen manchmal dazu, dass das als feministische Aussagen wahrgenommen wird, worüber ich mir im Moment des Schreibens gar nicht so Gedanken mache. Es sind einfach Geschichten, die mir am Herzen liegen. Und irgendwie wurde dadurch, dass ich meine Geschichten erzähle, immer präsenter, dass es eigentlich am Ende des Tages irgendwie eine Art feministischer Akt ist.
Wozu führt das?
Dadurch wirst Du mit dem Thema viel mehr konfrontiert. Ich habe das Gefühl: Umso älter ich werde, umso klarer sind mir die Probleme, die wir in den Bereichen haben, was diese Welt angeht, vor Augen. Früher habe ich die Probleme mehr hingenommen und bin leider ein bisschen so erzogen worden: Männer sind so und die Welt ist so und das musst du so hinnehmen. Umso älter ich geworden bin, umso mehr habe ich herausgearbeitet, meine eigene Meinung zu sagen. Und damit versuche ich, meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten, Dinge zu verändern - sei es, indem ich meine Geschichten erzähle und damit Leute sensibilisiere oder sei es mit ganz konkreten Aktionen.
Wirst Du oft darauf angesprochen, warum Du solche Themen direkt ansprichst?
Ich glaube, ich muss mich oft zu dem Thema "Frauen in der Musikbranche" äußern. Aber ich muss mich nicht gezielt zu meinen Songs oder zu dem Thema rechtfertigen.
Wenn Deine Musik ein Soundtrack für einen Film wäre: Was für ein Film wäre es?
Das wäre eine ganz fiese Mischung: aus einer 2000er-amerikanischen Highschool-Romanze, völlig überzogenes, unrealistisches Liebesdrama mit dem Auf und Ab, und wahrscheinlich irgendeinem französischen Kunstfilm, in dem sehr, sehr viel diskutiert wird, aber am Ende trinken trotzdem alle die ganze Zeit irgendwelchen hochwertigen Alkohol und rauchen viel.
Hast Du Red oder Green Flags fürs Festival? Würdest Du sagen, es gibt irgendetwas, worauf man unbedingt verzichten sollte beim Festival, wovon immer zu viel da ist oder wovon es gerne mehr geben sollte?
Also ich bin absolut kein Verfechter von jeglicher Form von Dosenessen - außer es ist das Gemüse selber, also die Linsen aus der Dose.
Hast Du auf dem Deichbrand-Festival-Gelände schon eine Green Flag gesehen?
Ich war noch nicht auf dem Gelände, aber es gibt bestimmt irgendwo einen Falafel-Stand. Und da ist es immer ganz wichtig, dass diese kleinen grünen Gürkchen drin sind. Absolute Green Flag: grüne Gürkchen.
Wenn Du denn Dein "Traum-Festival" bauen könntest, welche drei Headliner würden da ganz oben stehen?
Das ändert sich von Jahr zu Jahr. Ich bin niemand, der lange irgendwo kleben bleibt, sondern mich inspirieren Sachen gerade in dem Moment. Und dann höre ich die vielleicht ein paar Jahre später nochmal. Deshalb würde ich auf tote Menschen gehen, wenn das okay ist. Und da wäre ganz klar David Bowie. Ich würde Nirvana sehen wollen. Und die Nummer drei ist nicht tot, aber für die Abwechslung würde ich mir dann noch sowas wie Korn dazuholen.
Hast Du noch Zeit, Dir Cuxhaven und das Meer anzusehen?
Ich komme gebürtig aus der Wesermarsch. Deshalb ist mir das kein fremdes Gebiet hier. Das verwechseln die Leute meistens. Die meisten denken, ich komme gebürtig aus Friesland, aber es ist dann doch Wesermarsch. Und ich sage mal: Diese ganze Gegend ist mir auf jeden Fall geläufig. Ich war auch schon privat auf dem Deichbrand vorher, als Teenagerin.