
Wenn das Pferd in den Graben fällt - Hemmoorer Feuerwehren üben den Ernstfall
Großtiere zu retten erfordert Spezialwissen, Teamarbeit und starke Nerven: Feuerwehrleute aus der Samtgemeinde Hemmoor haben an einer Schulung zur technischen Großtierrettung teilgenommen - mit realistischen Übungsszenarien.
Einsätze mit Großtieren wie Pferden, Rindern oder Kühen sind für die Feuerwehren im ländlichen Raum der Samtgemeinde Hemmoor längst keine Seltenheit mehr. Um im Ernstfall professionell und sicher handeln zu können, haben am Sonnabend (5. Juli 2025) 20 Feuerwehrkräfte aus allen acht Ortswehren der Samtgemeinde, darunter auch Gemeindebrandmeister Björn Müller und sein Stellvertreter Malte Schimmelpfennig, an einer umfassenden Schulung zur technischen Großtierrettung teilgenommen.
Training mit dem Pferdedummy "Hope"
Geleitet wurde das Training vom erfahrenen Ausbilder Michael Böhler vom ComCavalo-Team, einem auf Großtierrettung spezialisierten Anbieter. Als Übungsobjekt diente das rund 200 Kilogramm schwere Pferdedummy "Hope", das mit beweglichen Gelenken realistische Rettungsszenarien ermöglichte.

Theorie am Vormittag: Verhalten unter Stress
Die Fortbildung begann um 9 Uhr im Feuerwehrhaus Osten mit einem theoretischen Seminar. Hier ging es nicht nur um das grundlegende Vorgehen bei Tierrettungseinsätzen, sondern auch um das richtige Einschätzen von Stresssituationen - sowohl bei den Tieren als auch bei den beteiligten Personen. "Tiere reagieren unter großem Stress oft unberechenbar. Sie nehmen ihre Umgebung ganz anders wahr als Menschen", erklärte Trainer Böhler. Umso wichtiger sei es, dass die Einsatzkräfte sich selbst gut schützen, klar kommunizieren und als eingespieltes Team handeln.
Personenmanagement im Einsatzfall
Ein besonderer Fokus lag deshalb auf dem Personenmanagement: Wer übernimmt welche Aufgabe? Wann ist welcher Schritt sinnvoll? Und wie können Retter verhindern, dass sie sich selbst, Kollegen oder Dritte - etwa Tierhalter oder Tierärzte - in Gefahr bringen?
Zur Veranschaulichung zeigte Böhler auch Einsatzvideos, die teilweise haarsträubende Situationen dokumentierten - anschauliches Material, das die Notwendigkeit fundierter Ausbildung eindrucksvoll unterstrich.

Spezialequipment für eine schonende Rettung
Nach einer Mittagspause ging es in den praktischen Teil über: Ausgerüstet mit ihrer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) arbeiteten die Teilnehmenden an verschiedenen realitätsnahen Übungsszenarien im Außengelände. Geübt wurde unter anderem die Rettung eines Pferdes aus einem tiefen Graben, aus einem verunfallten Pferdetransporter sowie die Bergung mittels eines speziellen Hebegeschirrs in Kombination mit einem Traktor und Frontlader. Dabei kamen eigens für die Großtierrettung entwickelte Spezialwerkzeuge zum Einsatz, mit denen die Tiere besonders schonend und schmerzfrei befreit werden können - und das möglichst ohne direkten körperlichen Kontakt zwischen Tier und Mensch.

Auch auf schwierige Bedingungen vorbereitet
"Rund 90 Prozent der Rettungseinsätze lassen sich mit Muskelkraft und Teamarbeit bewältigen", betonte Böhler. Dennoch sei es entscheidend, auch auf schwierige Bedingungen vorbereitet zu sein. Dazu zähle nicht nur der Umgang mit dem Tier selbst, sondern auch mit emotional stark belasteten Tierhaltern, die mitunter hysterisch oder unkontrolliert reagieren könnten.
Nachdem alle Übungen erfolgreich abgeschlossen und offene Fragen geklärt waren, machten sich die Teilnehmer an das Reinigen der Gerätschaften und das Aufräumen des Übungsgeländes. Die Rückmeldungen am Ende des Tages waren durchweg positiv: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten wertvolle Erkenntnisse gewinnen und fühlen sich nun deutlich besser für Einsätze mit Großtieren gewappnet.
Von Jürgen Lange