Seit mehr als zehn Jahren stehen die Ladenflächen des früheren Aldi-Marktes am Sophienweg leer. Auch die Volkshochschule ist auf dem Absprung. Foto: Mangels
Seit mehr als zehn Jahren stehen die Ladenflächen des früheren Aldi-Marktes am Sophienweg leer. Auch die Volkshochschule ist auf dem Absprung. Foto: Mangels
Vorwürfe 

Alter Aldi-Markt in Otterndorf: Deshalb gibt es Ärger um den Leerstand am Sophienweg

von Christian Mangels | 02.12.2024

Es ist der prominenteste Leerstand in Otterndorf: der frühere Aldi-Markt am Sophienweg. Der Eigentümer des Gebäudes, die Berliner Firma Kepir Immobilien, sieht sich von der Stadt Otterndorf ausgebremst. Die Stadt weist die Vorwürfe vehement zurück.

Die Wände sind mit Grünspan und Kletterpflanzen überzogen, auf der Rückseite haben sich Graffiti-Sprayer verewigt: Der frühere Einkaufsmarkt am Sophienweg hat wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Nur das große "A" an der Fensterscheibe erinnert noch daran, dass hier einmal ein Discounter untergebracht war.

Seit dem Umzug des Aldi-Marktes an die Cuxhavener Straße im Jahr 2011 liegen die Verkaufsräume im Erdgeschoss der Immobilie im Dornröschenschlaf. Auch die obere Etage wird in Kürze leer stehen, wenn die Volkshochschule ihren Umzug in das ehemalige Arbeitsamt am Fröbelweg abgeschlossen hat.

Eigentümer der Gewerbeimmobilie auf dem 4500 Quadratmeter großen Grundstück ist seit 2014 die Firma Kepir Immobilien. Seit zehn Jahren versucht das Berliner Unternehmen, in dem Gebäude an exponierter Stelle ein Gewerbe anzusiedeln - bislang ohne Erfolg. "Über die Jahre gab es immer wieder Anfragen von kleineren Unternehmen und Neugründungen", erklärt Murat Kepir. "Leider waren diese Interessenten aus verschiedenen Gründen nicht geeignet oder konnten die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllen." 

Für Netto gab es bereits einen positiven Bauvorbescheid

Große Hoffnungen setzte die Immobilienfirma in die "Big Player" Netto und Kaufhaus Stolz. Beide Unternehmen möchten sich bekanntlich in Otterndorf niederlassen. "Für Netto gab es bereits einen positiven Bauvorbescheid sowie unterschriftsreife Mietverträge", sagt Murat Kepir. Auch die Gespräche mit Kaufhaus Stolz hätten sich in "fortgeschrittenen Verhandlungen" befunden. Doch zu einer Unterschrift kam es nicht - beide Unternehmen zogen ihr Interesse für den Standort am Sophienweg kurzfristig zurück.

Kurz danach wurden Pläne bekannt, wonach sich Netto und Kaufhaus Stolz gemeinsam an der Straße An der Bahn, auf dem Grundstück neben Rossmann und Aldi, niederlassen möchten. Die Fläche gehört der Otterndorfer HG Projektgesellschaft. Das Areal stand in den vergangenen Jahren immer wieder im Fokus, wenn es um mögliche Firmenansiedlungen ging.

Steckt die Stadt Otterndorf hinter diesem Kurswechsel? Diese Vermutung hat Murat Kepir gegenüber unserer Zeitung geäußert. Er glaubt, dass die Mietinteressenten von ihren Absichten abrückten, nachdem sie Kontakt zur Stadt aufgenommen hatten. Sogar der Vorwurf der Abwerbung steht im Raum. Für ihn sind die "wiederkehrenden Rückschläge" nur "schwer nachvollziehbar", zumal das Grundstück am Sophienweg bereits vollständig erschlossen sei und alle Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte Nutzung erfülle.

Trägt die Stadt Otterndorf also eine Schuld oder zumindest Mitschuld am andauernden Leerstand am Sophienweg? Stadtdirektor Frank Thielebeule weist diese Vorwürfe "entschieden zurück". Sie seien an den Haaren herbeigezogen. "Hier lenkt der Eigentümer der Liegenschaft Sophienweg 1 von eigenen Unzulänglichkeiten seiner Vermietungsaktivitäten ab und sucht die Schuld nun aufgrund des fortbestehenden Leerstandes bei anderen Verantwortlichen", wird Thielebeule deutlich.

Der Stadtdirektor versichert, dass es zu keinem Zeitpunkt Gespräche zwischen der Stadt und Netto gegeben habe. Was das Kaufhaus Stolz betrifft, räumt Thielebeule Gespräche ein. "Aber auch hier hat die Stadt Otterndorf keinen Einfluss auf unternehmensinterne Entscheidungen hinsichtlich der Standortwahl genommen, sondern lediglich die Vorstellungen des Kaufhauses Stolz verfolgt", sagt der Verwaltungschef.

Das Kaufhaus Stolz bestätigt auf Anfrage unseres Medienhauses, dass die Stadt Otterndorf keinerlei "Abwerbungsversuche" unternommen habe. "Gespräche mit dem Eigentümer der Fläche gingen schon vor drei Jahren auf unsere Initiative zurück", erklärt Pressesprecherin Julia Brinckman. Die Fläche neben dem Rossmann eigne sich, um eine Immobilie nach den Bedürfnissen der Kaufhauskette zu bauen. Und weiter: "Die Immobilie am Sophienweg ist nicht ideal, da sie viele Nebenflächen hat, die für uns nicht nutzbar sind."

Stadtdirektor Frank Thielebeule betont: "Wir freuen uns über jeden Interessenten für den Standort Otterndorf und es ist uns ein großes Anliegen, Leerstand zu vermeiden beziehungsweise zu beseitigen." Er wäre froh, wenn auch der Leerstand am Sophienweg 1 endlich beseitigt und dort neues Leben einziehen würde.

Mittlerweile rudert Murat Kepir zurück. Eine Woche, nachdem er im Gespräch mit unserem Medienhaus die Vorwürfe gegen die Stadt Otterndorf erhoben hatte, räumt der Immobilienbesitzer nun ein, dass der Kurswechsel des Discounters Netto offenbar nicht auf die Stadt zurückzuführen sei. Nach Gesprächen mit Netto geht er davon aus, dass der Discounter nach wie vor am Standort Sophienweg interessiert sei.

An seiner grundsätzlichen Kritik hält er aber fest und fordert die Stadt auf, den Standort am Sophienweg "bei zukünftigen Planungen angemessen zu berücksichtigen und den bestehenden Leerstand aktiv in ihre Konzepte einzubinden".

Gespannt darf man sein, welchen Stellenwert die Neuauflage des Otterndorfer Einzelhandelskonzepts dem Standort Sophienweg einräumt. Das überarbeitete Konzept soll im ersten Quartal 2025 vorliegen.

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Christian Mangels

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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