
Ein Juwel mit himmlischem Klang: Die Gloger-Orgel ist zurück in Otterndorf
Im Oktober kehrte die historische Gloger-Orgel nach umfangreicher Restaurierung zurück nach Otterndorf. Die Wiedereinweihung des wertvollen Instruments war für Redakteur Jens-Christian Mangels der "Moment 2024".
Ich glaube, es ist Zeit für ein Geständnis: Ich bin weder ein Kenner noch ein großer Liebhaber von Kirchenorgelmusik. Es sind eher die rockigen, poppigen, souligen und jazzigen Klänge, die mich begeistern. Aber dieser Moment, als Kreiskantor Kai Rudl, zum ersten Mal nach der Restaurierung in die Tasten der Otterndorfer Gloger-Orgel griff, hat mich wortwörtlich umgehauen. Diese Wucht, diese Klangfülle, die Brillanz der Ansprache, die Wärme der Intonation - das war ein echter Gänsehaut-Moment.
Es gibt Musik, die hören wir nicht nur mit den Ohren. Wir saugen sie auf wie ein Schwamm das Wasser; mit allen Sinneszellen. Genau das schafft die runderneuerte Gloger-Orgel. Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, das von Orgelbaumeister Dietrich Christoph Gloger (1705-1773) geschaffene Instrument komplett zu restaurieren. Es hat sich gelohnt - das ist deutlich zu hören.
Die Wiedereinweihung des rund 280 Jahre alten Barock-Instruments mit seinen 46 Registern und 2676 Pfeifen im Oktober bildete das Schlusskapitel einer mit Hürden gepflasterten Odyssee, die durch den außergewöhnlichen Einsatz unzähliger Unterstützer, Sponsoren und Spender schließlich zu einem glücklichen Ende geführt wurde. Vor allem der Verein zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf ist hier zu nennen. Unermüdlich haben die Helferinnen und Helfer in den vergangenen elf Jahren Spenden gesammelt, hochkarätige Konzerte organisiert, Benefiz-Briefmarken und CDs verkauft und Orgelpfeifen-Patenschaften vergeben.
Aktivitäten wurden anfangs noch kritisch beäugt
Anfangs wurden die Aktivitäten der Orgel-Retter noch kritisch beäugt. Ein Millionenbetrag für eine Orgel-Sanierung? Gibt es nichts Wichtigeres? Doch diese Stimmen sind nach und nach verstummt. Aus der Kirchenorgel wurde im öffentlichen Gespräch "unsere Gloger-Orgel". Immer mehr Otterndorferinnen und Otterndorfer identifizierten sich mit dem Vorhaben, das wertvolle Instrument zu retten.
Natürlich kann man die Frage stellen, ob es in diesen schwierigen Zeiten richtig ist, einen Betrag von 1,8 Millionen Euro in die Restaurierung einer Orgel zu stecken. Wenn man aber dieser Argumentation folgen würde, wären viele Kunstwerke, Kirchbauten und auch Orgeln niemals entstanden, dann wäre unsere Welt sehr viel ärmer.
Die Restaurierung einer Orgel ist nicht nur eine Frage des Erhalts von Holz, Metall und Mechanik, sondern ein Akt der Wertschätzung gegenüber der kulturellen Geschichte. In Zeiten, in denen die Kultur angesichts knapper kommunaler Kassen immer mehr in den Hintergrund gerät und sogar über die Schließung von Bibliotheken nachgedacht wird, ist es an der Zeit, eine Gegenstimme zu erheben. Bis hierhin und nicht weiter. Das haben die Otterndorfer Orgelretter getan und dafür gesorgt, dass das wertvolle Barockinstrument nicht auf dem Schrottplatz landet.
Es bleibt der Wunsch, dass sich weitere Beschützerinnen und Beschützer für die kulturelle Vielfalt in Otterndorf und dem Cuxland finden. Es ist entscheidend, dass wir gerade in Krisenzeiten an der Kultur festhalten und sie nicht als etwas ansehen, das "überflüssig" ist, wenn das Geld knapp wird. Vielmehr sollten wir die Kultur als ein lebenswichtiges Gut erkennen, das uns nicht nur durch die Härten des Alltags trägt, sondern uns als Gesellschaft auch hilft, diese Zeit zu überstehen und gestärkt daraus hervorzugehen. Kürzungen in diesem Bereich wären ein Fehler - ein Fehler, den wir uns nicht leisten können.