Soll der Hebesatz für die Gewerbesteuer um 20 Punkte von derzeit 370 auf 390 angehoben werden? Über diese Frage entzündete sich jetzt eine kontroverse Debatte im Otterndorfer Stadtrat. Foto: dpa
Soll der Hebesatz für die Gewerbesteuer um 20 Punkte von derzeit 370 auf 390 angehoben werden? Über diese Frage entzündete sich jetzt eine kontroverse Debatte im Otterndorfer Stadtrat. Foto: dpa
Haushaltsberatung

Finanzpolitik: Gewerbesteuer wird im Otterndorfer Stadtrat zum Streitfall

von Christian Mangels | 22.02.2023

Es war der Haushalt, der die Fraktionen im Otterndorfer Stadtrat entzweite: Kann man den Unternehmen in der Medemstadt eine Erhöhung der Gewerbesteuer zumuten? Diese Frage sorgte für reichlich Diskussion auf der Sitzung am Dienstagabend.

Die Stadt Otterndorf bietet viel - und will auch 2023 kräftig investieren. Die Vorhaben reichen von der Erneuerung des Jugendzentrums und der Planung der neuen Strandpromenade bis zum Bau des Skaterparks und des Radwegs im Baugebiet am Medembogen. Hinzu kommen die laufenden Kosten, die bei der Stadt auflaufen, die Umlagezahlungen und Personalaufwendungen. Allein die sogenannten Sach- und Dienstleistungen, etwa zum Unterhalt von städtischen Gebäuden und Straßen, machen 16 Prozent der Aufwendungen aus.

Das alles kostet Geld und belastet den Haushalt der Medemstadt. Um einen Ausgleich des Etatplans zu erreichen, muss sich die Einnahmenseite verbessern, findet Stadtdirektor Frank Thielebeule, der den Haushaltsentwurf für den erkrankten Kämmerer Sönke Westphal präsentierte. "Ziel muss es immer sein, den Haushalt ausgeglichen zu gestalten", sagte Thielebeule und warb deshalb für eine Erhöhung der Gewerbesteuer. Nach dem Vorschlag der Verwaltung soll der Hebesatz für die Gewerbesteuer um 20 Punkte von derzeit 370 auf 390 angehoben werden. Ursprünglich war sogar eine Erhöhung auf 400 Punkte vorgesehen - doch diese Empfehlung ist mittlerweile vom Tisch.

Kann man dem Gewerbe eine Erhöhung um 20 Punkte zumuten? Über diese Frage entzündete sich im Stadtrat sodann eine kontroverse Debatte. Während die SPD/Grünen-Gruppe hinter dem Vorschlag der Verwaltung steht, haben CDU und FDP mit der geplanten Anhebung erhebliche Bauchschmerzen. "Wir fragen uns, ob das in diesen Zeiten das richtige Signal ist", sagte CDU-Ratsfrau Bianca Schedler. Eine Erhöhung um zehn Punkte auf 380 müsse reichen, die entstehende Lücke könne durch Einsparungsmaßnahmen kompensiert werden. "Es muss für ein Jahr möglich sein, den Gürtel enger zu schnallen", so Schedler. Die CDU-Politikerin machte zudem darauf aufmerksam, dass der Landkreis Cuxhaven beabsichtige, die Kreisumlage für 2023 und 2024 zu senken, was dem Otterndorfer Haushalt zugutekommen werde.

Bürgermeister Claus Johannßen (SPD) erwiderte, dass die Senkung der Kreisumlage noch gar nicht beschlossene Sache sei. Und ob sie auch 2024 sinken wird, sei "völlig spekulativ". Stadtdirektor Frank Thielebeule sieht "keinen Puffer" in dem Etatplan und betonte, dass ein Haushalt neben Perspektiven auch viele Risiken beherberge. Eine Änderung des Zahlenwerks sei aus seiner Sicht "nicht hinnehmbar".

Steuererhöhung ist "nichts Unanständiges"

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Malte Hinck ist die Anhebung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer "nichts Unanständiges" und im Vergleich zu anderen Gemeinden noch moderat. "Natürlich sind wir nicht froh darüber, aber die Erhöhung ist unumgänglich, um den Haushalt ausgeglichen zu gestalten", erklärte Hinck.

Carsten Nickel (FDP) und Normen Herting (CDU) ergriffen für die Gewerbetreibenden in Otterndorf Partei. Sie seien nach drei Jahren Pandemie in "flaches Wasser" geraten und verdienten Unterstützung. Herting machte einen konkreten Vorschlag, um die Einnahmenseite der Stadt zu verbessern: Wenn auf dem Campingplatz Dauerstellplätze in Touristenplätze umgewandelt werden, könnten deutlich höhere Einnahmen erzielt werden. "Manchmal muss man auch unangenehme Entscheidungen treffen".

Der Änderungsantrag der CDU/FDP-Gruppe, den Hebesatz für die Gewerbesteuer um lediglich zehn Punkte auf 380 anzuheben und gleichzeitig die Aufwendungen um 82.600 Euro zu kürzen, wurde mit zehn gegen elf Stimmen abgelehnt. Die von der Verwaltung vorgelegte Haushaltssatzung mit Haushaltsplan beschlossen die Ratsmitglieder mit elf Ja-Stimmen, neun Nein-Stimmen und einer Enthaltung.

Weitere Themen aus der Sitzung des Otterndorfer Stadtrats in Kürze:

Ratskeller: Nach allerlei Pleiten, Pech und Pannen sollte der umgebaute Otterndorfer Ratskeller eigentlich zu Ostern öffnen. "Doch das werden wir nicht gänzlich schaffen", sagte Stadtdirektor Frank Thielebeule. Sämtliche Austauschgeräte seien zwar bestellt, aber noch nicht komplett eingebaut. Aber spätestens Ende April/Anfang Mai wird die Eröffnung über die Bühne gehen, versprach Thielebeule.

Otterndorf Marketing Gesellschaft: Die 2007 gegründete Otterndorf Marketing GmbH (OMG) wird aufgelöst. Das hat der Stadtrat einstimmig beschlossen. Die einstigen Gesellschafter, der Verkehrsverein und der Wirtschafts- und Gewerbeverein, sind längst raus. Deshalb sollen die Aufgaben der OMG jetzt auf den Fachbereich Tourismus in der Verwaltung übertragen werden. Damit werden Doppelstrukturen aufgelöst und Transparenz geschaffen, hieß es in der Sitzung.

Spiel- und Spaßscheune: Die Eintrittspreise für die Spiel- und Spaßscheune werden zum 1. März erhöht. Kinder ab vier Jahren zahlen statt 5,50 Euro dann 6,50 Euro, Erwachsene müssen künftig vier Euro auf den Kassentisch legen (bislang drei Euro). Auch die Gruppen-, Familien- und Zehnerkarten werden teurer. Nicht alle Ratsmitglieder stimmten dem Verwaltungsvorschlag zu. Steffen Matzner (CDU) zeigte sich "entsetzt" von den Plänen und erinnerte daran, dass die Preise bereits im Mai 2021 angehoben wurden. Zumindest die Kinder aus der Samtgemeinde sollten nicht mit einer Preiserhöhung konfrontiert werden, meinte Thomas Bullwinkel (CDU). Letztlich gab der Stadtrat mit 13 Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und einer Enthaltung grünes Licht für die Preiserhöhung.

Stadttore: Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts prägten Stadttore im Osten und Westen die Eingangssituation in Otterndorf. Nach einem Antrag der SPD/Grünen-Gruppe sollen künftig Hinweistafeln an die einstigen Tore erinnern. Auch eine Lichtinstallation wäre denkbar. Spätestens zum 625-jährigen Stadtjubiläum im Jahr 2025 soll diese Stadttor-Reminiszenz stehen. Der Kulturausschuss wird sich mit dem Thema weiter befassen.

Windenergieanlagen: Der Otterndorfer Stadtrat setzte ein klares Signal auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft und stimmte dem CDU/FDP-Antrag zu, zukünftig der Errichtung von genehmigungsfähigen Windenergieanlagen auf dem Stadtgebiet zuzustimmen. Hintergrund: Bis 2026 sollen mindestens 2,2 Prozent der niedersächsischen Landesfläche für Windenergie zur Verfügung stehen.

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Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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