Organist Hansjörg Albrecht und Trompeter Hyeonjun Lee in St. Severi Otterndorf
Konzertorganist Hansjörg Albrecht und Trompeter Hyeonjun Lee präsentierten sich im "Festlichen Konzert" in St. Severi Otterndorf.
Von Ilse Cordes
Orgel und Trompete ist die von Konzerthörern in aller Weltfavorisierte Traumbesetzung zum Jahresausklang. Sie erlebte auch das Publikumin der vollbesetzten St.-Severi-Kirche am vergangenen Sonnabend im jüngsten"Sternstunden-Konzert". Keine Selbstverständlichkeit, sondern einausgesprochener Glücksfall. Warum? Weil der zusammen mit dem OrganistenHansjörg Albrecht angekündigte Trompeter Reinhold Friedrich plötzlich erkranktwar und ein Ersatz her musste.
Dass das nicht einfach ist, "von jetzt auf gleich" eigentlich unmöglich ist,kann man sich lebhaft vorstellen. Doch Hansjörg Albrecht gelang es. MitHyeonjun Lee, dem jungen Solotrompeter des Philharmonischen Orchesters derHamburgischen Staatsoper, holte er einen Musiker an seine Seite, der dieZuhörer mit seinem Spiel und dem so silbrigen Klang seiner Trompetebegeisterte. Natürlich gab es Änderungen im Programm. Wobei Johann HeinrichFaschs Trompetenkonzert D-Dur und das für Trompete und Orgel arrangierteE-Dur-Violinkonzert von Giuseppe Tartini sich durchaus in die so reichhaltige"europäische" Instrumentalmusik jener Zeit fügten.
Denn eigentlich sollte es in dem von Hansjörg Albrechts und Reinhold Friedrichkonzipiertem Konzertprogramm um die "Bach-Klangspuren durch Europa" gehen - imZentrum: Johann Sebastian Bach und Carl Philipp Emanuel Bach. Letzterer vieleJahre Cembalist am Hofe Friedrichs des Großen und seit 1768 Nachfolger seinesTaufpaten Georg Philipp Telemann als Kirchenmusikdirektor in Hamburg. DassHansjörg Albrechts besonderes Interesse in jüngster Zeit dem zweiten Bach-Sohngehört, unterstreicht nicht nur die Gründung und Künstlerische Leitung derCPE-Bach-Akademie Hamburg wie des jährlichen Bach-Festes. Für Albrecht, alsDirigent wie als Konzertorganist international präsent, ist Carl PhilippEmanuel Bach mehr als nur der Schöpfer des "galanten Stils" - er ist dermusikalische Inbegriff einer neuen Zeit, der des "Sturm und Drang". Und genaudas machte Hansjörg Albrecht am Sonnabend mit seinen Bach-Interpretationen ander Gloger-Orgel eindrucksvoll deutlich.
Wo beim Vater Bach alles linienklar, geradezu architektonisch im Aufbauscheint, arbeitet der Sohn immer wieder mit unvermuteten, spontanenVeränderungen - Arpeggien und aufreizenden neuen Motiven. Und das verlangt,wie Albrecht zeigt, auch eine ganz und gar veränderte Spielweise. Ein Aspekt,der für manch einen Konzerthörer an diesem Abend ungewohnt gewesen sein dürfte,aber im Grunde genommen das Spannungsverhältnis von Sohn und Vater Bach"hörbar" dokumentiert. Hansjörg Albrecht, den mit so unterschiedlichenOrgelgenies wie Bach und Bruckner gleichermaßen vertrautem Interpreten, reiztes natürlich, all das auf der gerade fertig restaurierten Gloger-Orgelauszubreiten. Und so nutzt er - zum Beispiel in Johann Sebastian BachsEs-Dur-Präludium - deren klangliche Wucht, aber auch (wie etwa in Fantasie undFugec-moll des Bach-Sohnes) die ganz anderen, verhalteneren Klangfarben.
Albrecht ist ein glänzender Orgelspieler - brillant, virtuos, mitreißend undüberaus werkgetreu. Im Zusammenspiel mit Hyeonjun Lee ist er dann ganz derBegleiter, der dem Solisten an der Trompete die volle klangliche Entfaltungüberlässt. Das ist in Franz Schuberts "Ave Maria" so wie auch bei der Zugabe,die beide Interpreten vorn im Kirchenschiff musizieren. Großer Beifall am Ende.
Beifall und großen Dank namens des Gloger-Orgel-Fördervereins und desKirchenvorstandes der St.-Severi-Gemeinde hatte es zuvor schon von IrmgardKröncke für Marianne Nitsche, die Initiatorin und Organisatorin zahlreicher"Sternstunden-Konzerte" und Konzerte zur Förderung der Gloger-Orgel gegeben.Künftig wird sich Marianne Nitsche, wie sie am Sonnabend sagte, in die zweiteReihe zurückziehen und nicht mehr in "vorderster Front" stehen.