Ortsdurchfahrt Otterndorf: Der Streit um die Straßenausbaubeiträge schwelt weiter
Der Streit um die Straßenausbaubeiträge in der Marktstraße und Reichenstraße in Otterndorf - die sogenannten "Strabs" - schwelt weiter. Aktuell seien noch 13 Klagen anhängig, wie die Stadtverwaltung jetzt in einer Sitzungsvorlage mitteilt.
Rückgebaut - nach vorn geschaut: Wer erinnert sich noch an den Werbeslogan für die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt Otterndorf? Elf, zwölf Jahre ist das mittlerweile her. Doch erst im Jahr 2020 bat die Stadt die Anlieger zwischen Edeka und Kirchplatz zur Kasse. Konkret geht es um die Parkbuchten, Gehwege und Grünflächen, die im Zentrum komplett neu gestaltet wurden. Hier wurden die Geschäftsinhaber und Bewohner aufgefordert, kräftig mitzuzahlen. Grundlage für die Forderungen war das niedersächsische Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Otterndorf.
Für die Gaststätten, Geschäfte und Gästehäuser an der Marktstraße und Reichenstraße kamen die Forderungen der Stadt mitten in der Corona-Krise zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Es hagelte Proteste und Widerspruch - zunächst mit Plakaten, später auch auf juristischem Wege. Dieser Streit dauert bis heute an. Die Stadt hat jetzt den aktuellen Sachstand zu den bislang gezahlten (und nicht gezahlten) Beiträgen vorgelegt. Am Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr, steht das Thema auf der Tagesordnung des öffentlich tagenden Finanzausschusses. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Otterndorfer Beitrags-Streit.
Wie viele Klagen beschäftigen die Juristen derzeit in Sachen Ortsdurchfahrt?
Aktuell sind 13 Klagen anhängig, also weder rechtskräftig entschieden noch per Vergleich beendet. Im Mai 2023 fand eine Verhandlung des Verwaltungsgerichts Stade als Ortstermin statt. Bei diesem Termin wurde der Einwand der Verjährung verneint. Der Anwalt der Stadt Otterndorf rechnet aber damit, dass es eine Neuberechnung in einzelnen Punkten geben wird. Das Gericht hat sich vertagt; ein neuer Termin wurde bis heute nicht anberaumt.
Wie viele Otterndorfer machten von der Möglichkeit einer Verrentung Gebrauch?
Insgesamt zehn Personen entschieden sich bei der Beitragszahlung für eine Verrentung, also eine Staffelung anstatt einer einmaligen Zahlung. Drei Otterndorfer haben die Zahlungen - trotz Ratenzahlungsvereinbarung - schon vorzeitig beglichen. Bei drei weiteren Personen ist die Ratenzahlung bereits abgelaufen und die Zahlung abgeschlossen. Aktuell sind laut Verwaltung noch vier Ratenzahlungsvereinbarungen anhängig.
Hat die Stadt bereits Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet?
Ja, bei zwei Otterndorfern wurden Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. Allerdings wird bei Personen, die eine Klage eingereicht haben, auf die Eintreibung von Forderungen verzichtet.
Wie viele Beitragszahlungen wurden bereits geleistet?
Von den erhobenen Ausbaubeiträgen in Höhe von 301.376,02 Euro hat die Stadt bisher 235.840,11 Euro, also 78 Prozent, erhalten. Es sind demnach noch 65.535,91 Euro offen.
Wie handhaben es andere Städte und Gemeinden mit den Straßenausbaubeiträgen, den sogenannten Strabs?
Nach der Sanierung einer Straße können Kommunen in Niedersachsen Anlieger an den Kosten beteiligen - müssen es aber nicht. Viele haben die Beitragssatzung mittlerweile abgeschafft. Jede zweite Kommune verzichte inzwischen auf diese Form der Finanzierung, schätzt das Bündnis gegen Straßenausbaubeiträge. Immer wieder protestieren Bürgerinnen und Bürger gegen die Gebühr. Etwa 100 Bürgerinitiativen gibt es mittlerweile in Niedersachsen. Sie haben sich zum niedersächsischen Bündnis gegen die Straßenausbaubeiträge zusammengeschlossen.
Mit welchen Argumenten tritt die Verwaltung in Otterndorf den Kritikern der Straßenausbaubeiträge entgegen?
Dezernatsleiter und Kämmerer Sönke Westphal betont, dass die Stadt nach der Ausbaubeitragssatzung rechtlich verpflichtet sei, Anliegerbeiträge zu erheben. "Wir haben nicht die Möglichkeit auf eine Erhebung zu verzichten", sagt Westphal. Der Kämmerer verweist außerdem auf den Zukunftsvertrag mit dem Land Niedersachsen. Darin habe sich die Kommune verpflichtet, alle Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Unstrittig sei, dass die Innenstadt durch den Rückbau an Attraktivität gewonnen habe, meint Westphal: "Für die Anlieger ist das ein Gewinn." Und ihre Grundstücke seien aufgewertet.