Steuert Land Hadeln auf eine Einheitsgemeinde zu? Gegner sehen Demokratie gefährdet
Möchte die Samtgemeindeverwaltung Land Hadeln den Weg zu einer Einheitsgemeinde forcieren? Eine von der Verwaltung interne Informationsveranstaltung ruft Gegner auf den Plan. Sie sehen durch die Pläne sogar die Demokratie gefährdet.
Es wird wohl eine Werbeveranstaltung für die Einheitsgemeinde, das glauben auch Befürworter. Zu der sind am kommenden Sonnabendvormittag sämtliche Gemeinde- und Samtgemeinderatsmitglieder aus Land Hadeln von Samtgemeindebürgermeister Frank Thielebeule ins Marc 5 in Cadenberge eingeladen. Referenten sind nach Kenntnis unseres Medienhauses Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD), Oliver Kamlage, Geschäftsführer des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, und CDU-Landtagsabgeordneter Claus Seebeck aus Geestland, wo der Schritt zur Einheitsgemeinde vollzogen wurde. Nicht eingeladen ist übrigens die Presse.
Frank Thielebeule ist als Verfechter der Einheitsgemeinde bekannt - nicht zuletzt deshalb, weil nur noch ein Haushaltsplan aufgestellt werden müsse und nicht einer pro Gemeinde. Das sind zurzeit 14 Etats plus ein Samtgemeindehaushalt.
Strategisch nicht die richtige Vorgehensweise?
Dass sie auf Biegen und Brechen vom Samtgemeindebürgermeister in Richtung Einheitsgemeinde gepolt werden sollen, mutmaßen einige Politiker vor dem Hintergrund dieses Termins sowie entsprechender Äußerungen von Verwaltungsseite. So sagt zum Beispiel Patrick Pawlowski, Bürgermeister aus der Wingst und Ratsvorsitzender des Samtgemeinderates, dass die Samtgemeinde eigentlich seit Mitte Juni einen Prüfauftrag vom Rat vorliegen habe, Vor- und Nachteile einer Einheitsgemeinde vorzulegen: "Und dann kann ich doch nicht in einer Veranstaltung die Richtung vorgeben", empört er sich darüber, dass dies strategisch nicht die richtige Vorgehensweise sei. Denn eigentlich gebe doch die Politik in den Räten den Weg vor. Pawlowski ist erklärter Gegner einer Einheitsgemeinde. Und die müsse ohnehin von allen betreffenden Gemeinderäten gewollt sein. Er sieht zunehmende Bürgerferne bis zu einer Gefährdung der Demografie, weil es fast nur Schnittstellen zu einer Verwaltung gebe, die immer mächtiger werde. Keinesfalls sperrt sich Pawlowski dem Gedanken, weitere Gemeindefusionen vorzunehmen, um das Gefüge in der Samtgemeinde zu verschlanken. Auch für die Wingst sei das vorstellbar, sagt er.
Widerstände aus Gemeinden in Land Hadeln
Mit einer klaren Positionierung hält sich Otterndorfs Bürgermeister zwar eher bedeckt, aber Claus Johannßen (SPD) weiß auch um die Widerstände aus einigen Gemeinden. "Wenn drei dazu Nein sagen, warum soll ich denn ein totes Pferd reiten …?", blickt er gelassen auf die entfachte Diskussion. Klar wird im Gespräch aber, dass Johannßen nicht der größte Freund einer Einheitsgemeinde ist. Er kann die Befürchtungen nachvollziehen, dass mit einer solchen Einheitsgemeinde Bürgernähe wegbrechen könne und die Entscheidungskompetenz nicht mehr vor Ort stattfindet, weil es zu einer Verlagerung von Zuständigkeit komme. Das bedeute auch einen Verlust kommunaler Selbstverwaltung. Dann hätte beispielsweise nicht mehr ein Rat wie Otterndorf das Sagen über seine touristischen Anlagen, weiß er um Bedenken vor einer größeren Verwaltung. Claus Johannßen ist überzeugt, dass es eine Akzeptanz für eine Einheitsgemeinde nur geben wird, wenn die Entscheidung von ganz unten käme - alle 14 Räte müssten sagen, dass sie das wollen. Johannßen selbst verschließt sich nicht den Möglichkeiten weiterer Fusionen und kündigt Gespräche mit Nachbargemeinden an.
"Man muss sich mit dem Thema befassen und das Für und Wider abwägen", sagt Wannas Bürgermeisterin Nicole Friedhoff (SPD). Aus diesem Grund befürwortet sie die bevorstehende Informationsveranstaltung. Eigentlich sei sie immer strikt gegen eine Einheitsgemeinde gewesen, meint sie, aber mittlerweile sei sie dafür offener geworden: "Denn so, wie es zurzeit ist, kann es nicht weitergehen."
Besorgnis, weil Ränder gestärkt werden
Uwe Blohm (CDU), Bürgermeister in Nordleda sieht hingegen eine Einheitsgemeinde mit Besorgnis: "Ich bin kein Freund von Zentralisierung." Man müsse nur in den Osten Deutschlands schauen, dort seien die Auswirkungen spürbar. "Wir stärken mit solchen Entscheidungen nur die Ränder wie AfD. Viele aus der Bevölkerung fühlen sich nicht mitgenommen." Zudem befürchtet er wegbrechende Bürgernähe und ebenfalls eine Gefährdung der Demokratie. "Die Leute wollen und brauchen doch einen Ansprechpartner vor Ort." Über weitere Gemeindefusionen könne man ja reden, allerdings auf freiwilliger Basis und ohne Druck.
Der SPD-nahe Cadenberger Bürgermeister Wolfgang Heß zeigt sich hingegen für alle Optionen offen. Sein Gemeinderat hätte schon bei der letzten Fusion jede Entscheidung mitgetragen. Die Informationsveranstaltung am Sonnabend hält er für wichtig, um später seriöse Entscheidungen treffen zu können. "Letztlich ist es doch eine Frage, wie die Alternativen aussehen - sind wir auskömmlich oder sind wir es nicht?"
Übrigens: Alle befragten Gemeindebürgermeister sind sich einig, dass die Fusion in eine Einheitsgemeinde in zwei Jahren bis zur nächsten Kommunalwahl 2026 unmöglich scheint.